Schutzschirmverfahren - Unternehmen sitzt in DE

Hier hinein gehören alle Themen rund um die Insolvenz.
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Erdbeere23
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#1

15.06.2020, 11:34

Hallo zusammen,

hatte in meiner bisherigen ReFA-Laufbahn praktisch weder mit Insolvenzverfahren, noch mit Schutzschirmverfahren zu tun und habe mal ein, zwei Fragen zum Ablauf eines Schutzschirmverfahrens.

Ich weiß, dass dieses Verfahren dazu dient, dass ein Unternehmen wieder Zahlungsfähig wird, aber wie sieht es auf Gläubigerseite aus?

- Gibt es einen Stichtag, der bei Forderungsanmeldung berücksichtigt werden muss, also a) bis wann die Forderungen angemeldet sein müssen und b) dürfen Forderungen nur bis Eröffnung des Verfahrens geltend gemacht werden?

- Was ist mit Forderungen die nach Eröffnung entstanden sind?

- Wenn ein Vertrag nicht gekündigt wird, heißt das, dass dieser dann nach dem Verfahren wie gehabt weiter läuft?

In meinem Fall gibt es einen Lieferantenpool. Muss diesem beigetreten werden bzw. wie sind Eure Erfahrungen damit?


Wäre dankbar über ein paar hilfreiche Antworten oder links wo ich alles selbst nochmal nachlesen kann :-)
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mücki
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#2

15.06.2020, 12:23

Das Schutzschirmverfahren ist nichts anderes als ein Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung. Hier wird dann statt des Insolvenzverwalters ein sog. Sachwalter eingesetzt, der dann nicht - wie ein Insolvenzverwalter - die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über das schuldnerische Vermögen hat, sondern "nur" die Aufsicht darüber führt. Die Forderungen, die vor Eröffnung entstanden sind, werden dann bis zum im Beschluss genannten Termin beim Sachwalter angemeldet.

Forderungen, die nach der Eröffnungen entstanden sind, müssten in diesem Fall Masseverbindlichkeiten gem. § 55 InsO sein und sind daher aus der Masse zu zahlen. Bevor ihr euch hier auf irgendetwas einlasst empfiehlt es sich aber mit dem Sachwalter Kontakt aufzunehmen.

Ein Lieferantenpool wird meistens dann gebildet, wenn nicht mehr genau nachgewiesen werden kann, auf welchen Gegenstand genau sich ein geltend gemachtes Aus- bzw. Absonderungsrecht bezieht. Diese werden dann gebündelt und durch den sog. Poolverwalter geltend gemacht, der dann für alle Gläubiger, die diesem Pool angehören eine Gesamtvereinbarung mit dem Insolvenzverwalter aushandelt. Bei dem Lieferantenpool handelt es sich rechtlich dann um eine GbR. Der Beitritt zu einem solchen Pool ist immer freiwillig aber er lohnt sich auch nur unter zwei Bedinungen:
1. Es muss ein einfacher oder auch verlängerter Eigentumsvorhalt des Gläubigers an den gelieferten Waren bestehen und
2. Der Eigentumsnachweis an den gelieferten Gegenständen ist schwierig oder gar nicht zu erbringen.

Außerdem muss man dahingehend aufpassen, dass diese meistens kostenpflichtig sind.

Dumme Gedanken hat jeder, nur der Weise verschweigt sie. Wilhelm Busch
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