Streitiges Verfahren wurde durch Insolvenz unterbrochen

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BärbelBW
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#1

16.04.2020, 10:26

Guten Morgen,
wir haben für unseren Mandanten Schadensersatzansprüche aus einem Mietverhältnis mit MB geltend gemacht. Es kam zum streitigen Verfahren, der Anspruch wurde begründet. Nun erhielten wir die Nachricht, dass der Schuldner Insolvenz beantragt hat. Die Schadenersatzforderung melde ich an, wie sieht es aber mit unseren Kosten aus. Es wurde bislang weder eine Rechnung noch KfA gestellt, da das Verfahren ja noch nicht abgeschlossen ist.
Vielen Dank für eure Hilfe.
Viele Grüße
Bärbel
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mücki
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#2

16.04.2020, 12:15

Kosten, die vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstanden sind, können unproblematisch mit angemeldet werden. Auch bei Insolvenzforderungen kommt es auf den Zeitpunkt der Entstehung an, nicht auf den der Abrechnung ;)
Dumme Gedanken hat jeder, nur der Weise verschweigt sie. Wilhelm Busch
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FeldKiel
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#3

04.06.2020, 12:46

Hallo, hierzu hab ich auch eine Frage, die mich gerade quält.

Wir haben in unserem Fall in erster Instanz verloren und Berufung eingelegt. Im Berufungsverfahren hat unser Mandant dann Insolvenz angemeldet. Das Insolvenzverfahren wurde beendet, ohne dass die Gegenseite ihre Forderung angemeldet hat. Diese wollte das Verfahren nunmehr einfach fortsetzen. Nach entsprechendem Schriftwechsel und Hinweis des Gerichts hat die Gegenseite nun den Rechtsstreit für erledigt erklärt. Das Gericht wird dann eine Kostenentscheidung nach Aktenlage treffen. Wir haben hier jetzt eine Stellungnahmefrist erhalten.

Mein Chef ist der Meinung, dass uns die Kosten höchstwahrscheinlich auferlegt werden.

Ich bin jetzt eigentlich der Auffassung, dass die Gegenseite aufgrund der Insolvenz ihre Kosten nicht mehr geltend machen kann, da diese ja schon vor Insolvenz entstanden sind.

Hatte jemand schon mal diesen Fall und wie verhalte ich mich, wenn tatsächlich der Gegenseite ihre Kosten zugesprochen werden und diese einen KFA stellt?

Ich hatte mir als Alternative vorgestellt, ggf. die Berufung zurückzunehmen, damit wenigstens noch GK erstattet werden. Nur weiß ich halt nicht, ob die Anwaltskosten der Gegenseite wirklich nicht mehr geltend gemacht werden können aufgrund des durchgeführten Insolvenzverfahrens.

Ich bin für jede Erleuchtung :nachdenk dankbar.
VG, FeldKiel
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mücki
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#4

08.06.2020, 10:40

Guten Morgen,

ich gehe davon aus, dass euer Mandant in erster Instanz verklagt wurde.

Grundsätzlich gilt: Der Insolvenzgläubiger muss seine Forderungen erst einmal zur Insolvenztabelle anmelden, wenn diese im Prüfungstermin bestritten wird, darf der Gläubiger den Rechtsstreit aufnehmen. Meldet er die Forderungen nicht an, kann er auch den Rechtsstreit nicht aufnehmen. Bekommt der Schuldner dann die Restschuldbefreiung erteilt, sind die Forderungen erloschen.

Wenn jetzt der Fall eintritt, dass euer Mandant zur Tragung der Kosten verurteilt wird, passiert erst einmal gar nichts. Wenn die GS dann Kostenfestsetzung beantragt, müsste ihr dem Antrag mit der Begründung widersprechen, dass es sich um Insolvenzforderungen handelt. Selbst wenn ein KFB ergehen sollte, was ihr - wie vorher geschrieben - versuchen solltet zu verhindern, braucht er diese nicht auszugleichen, da die Kosten ja - wie oben geschrieben - vor Insolvenzeröffnung enstanden sind. Es kommt immer auf den Entstehungs- und nicht auf den Abrechnungs- oder Titulierungszeitraum an.

Anders sieht es allerdings aus, wenn die Restschuldbefreiung versagt wurde.
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#5

08.06.2020, 12:55

Danke Mücki für Deine Antwort.
:thx
Und um Deine Vermutung zu bestätigen: Ja, unser Mandant ist Beklagter. Außerdem wurde ihm die Restschuldbefreiung erteilt.

Da es dann ja egal ist, ob wir der Erledigungserklärung zustimmen oder die Berufung zurücknehmen, weil die Gegenseite ihre Kosten eh nicht mehr geltend machen kann, können wir ja die Berufung zurücknehmen, um wenigstens ein paar Gerichtskosten zurückzubekommen.
:huepf
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