Insolvenzantrag durch Gläubiger

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iri
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#1

07.11.2018, 10:18

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

im Insolvenzverfahren kenne ich mich praktisch gar nicht aus! Deshalb brauche ich dringend eure Hilfe!

Nachdem die Zwangsvollstreckung erfolglos verlaufen ist, möchte nun unser Mandant, dass wir gegen eine GmbH einen Insolvenzantrag stellen. Die Forderung unserer Mandantschaft beläuft sich allerdings auf unter 300 €!!! :patsch
In der Drittschuldnererklärung hat uns zwar die Bank der Schuldnerin mitgeteilt, das sie eigene Forderungen gegen die Schuldnerin hat sowie Forderung anderer Personen vorliegen, aber die Höhe kennen wir nicht.
Was würdet Ihr sagen, welche Auskunft man hier der Mandantschaft geben kann? Der Kostenvorschuss wird doch sicher bei Weitem die Forderungshöhe überschreiten. Und ist überhaupt ein Insolvenzantrag wegen 300 € möglich?

Vielen Dank vorab für eure Hilfe!

Liebe Grüße
Iri
Feldhamster
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#2

07.11.2018, 10:38

Das Thema gab es hier 2008 schon mal, du müsstet allerdings überprüfen, inwieweit es zu Änderungen in der InsO gekommen ist.
viewtopic.php?t=16368


Ansonsten würde ich zunächst nochmal bei der Bank nachfragen, in welcher Höhe Vorpfändungen anderer Gläubiger bestehen.
Ich meine mich auch dunkel zu erinnern, dass es bei einer GmbH die Möglichkeit gibt, diese von Amts wegen löschen zu lassen. Vielleicht solltest du diesbezüglich auch mal forschen, um die Kosten eines InsV für den Mandanten zu ersparen.
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mücki
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#3

07.11.2018, 13:12

Wenn du davon ausgehst, dass die Mindestgerichtsgebühr für den Antrag schon 150,00 € beträgt, dann müsste eine Forderung schon einen deutlich höheren Wert haben, damit sich der Antrag überhaupt lohnt. Ich könnte mir auch vorstellen, dass das Insolvenzgericht den Antrag bei einer solch geringen Forderung als "Druckantrag" direkt ablehnt, guckst du hier https://www.iww.de/fmp/quellenmaterial/id/192706
(Der Sachverhalt ist dort zwar ein anderer aber wenn man wegen 300 € einen Insolvenzantrag stellt, dann ist der Verdacht eines Druckantrages schon mehr als naheliegend.)

Grundsätzlich haftet der Antragsteller für alle Kosten des Insolvenzverfahrens. Hinzu kommt, stellt der Schuldner einen Eigenantrag kommt auch noch eine Zweitschuldnerhaftung in Betracht.

Sowohl die Drohung mit einem Insolvenzantrag als auch das Stellen eines solchen macht einen Gläubiger automatisch bösgläubig. Egal ob ihr also bloß droht, den Antrag tatsächlich stellt und dann - ggf. nach Zahlung - für erledigt erklärt - sollte innerhalb der nächsten 10 Jahre nach der Zahlung jemals ein Insolvenzverfahren eröffnet werden, wird der Insolvenzverwalter ggü. eurem Mandanten gem. § 133 InsO anfechten. Der dann auch zahlen muss, weil Entreicherung bei der insolvenzrechtlichen Anfechtung nicht eingewandt werden kann.

Alternativen:
1. bei Insolvenzbekanntmachungen mit der Detailsuche gucken, ob es dort schon was gibt und wenn nicht beim Insolvenzgericht nachfragen, ob ein Antrag vorliegt (Üblicherweise wird bei juristischen Personen erst ein Sachverständiger bestellt, der ermitteln muss, ob genügend Masse für die Insolvenzeröffnung vorhanden ist. Bis es ein entsprechendes Gutachten und einen Beschluss des Gerichts gibt kann aber sehr viel Zeit ins Land gehen, sodass möglicherweise schon längst ein Insolvenzantragsverfahren anhängig ist, was aber eben noch nicht bei den Insolvenzbekanntmachungen ersichtlich ist.)
2. Anzeige bei der zuständigen StA w/ Insolvenzverschleppung (natürlich nur, wenn noch kein Insolvenzeröffnungsantrag gestellt wurde) oder
3. entsprechendes Schreiben an das zust. Gewerbeamt

Bei Punkt 2.) und/oder 3.) nicht androhen, sondern machen. Aber auch hier ist Obacht geboten. Erhaltet ihr Zahlungen, dürfte wiederum Bösgläubigkeit eintreten. Für 2.) spricht die Geringfügigkeit eurer Forderungen, denn wenn schon die 300 € nicht bezahlt werden, ist davon auszugehen, dass bei anderen Gläubigern noch deutlich höhere Rückstände existieren und dass es zumindest weitere Gläubiger gibt, belegt auch die DS-Erklärung. --- Weil wir gerade bei existieren sind: Gibt es überhaupt noch einen Geschäftsbetrieb, also arbeitet die GmbH noch?

Dumme Gedanken hat jeder, nur der Weise verschweigt sie. Wilhelm Busch
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Kanzleihund
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#4

07.11.2018, 16:46

Ergänzend ist anzumerken, dass bei juristischen Personen in der Regel ein Sachverständiger, der prüft, ob die Gesellschaft insolvenzreif ist und die Kosten des Insolvenzverfahrens aus deren Restvermögen aufgebracht werden kann, bestellt wird. Dessen Vergütung dürfte immer im unteren vierstelligen Bereich liegen. Sofern der Schuldner die Kosten nicht aufbringen kann, haftet der Gläubiger dafür als Zweitschuldner. Also besser: Hände weg!
"Mein Leipzig lob ich mir, es ist ein klein Paris und bildet seine Leute" ("Faust, der Tragödie erster Teil")
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