Anzeige wegen Betrug

Hier hinein gehören alle Themen rund um die Insolvenz.
Chmisp
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#1

17.04.2018, 10:25

Ich bin mir nicht sicher in welchem Forum dieses Thema richtig ist, daher versuche ich es mal in diesem. Sollte es falsch sein bitte entsprechend verschieben.

Es geht um folgendes: Immer wieder haben wir Mandanten die genau wissen dass Sie Zahlungsunfähig sind und dennoch Aufträge vergeben die später nicht gezahlt werden und auf Grund der Vermögensauskunft auch nicht eingetrieben werden können.
Da dieses Vorgehen bei einigen Mandanten wirklich nervt und uns alle entsprechend sauer macht, wollte ich fragen ob das bei Euch in den Kanzleien auch so ist und wie Ihr damit umgeht.
Hat jemand schonmal einen Mandanten wegen Betrug angezeigt wegen nicht gezahlter Rechnungen? Wie war dabei das Vorgehen?
Wie geht Ihr sonst damit um?

Für Eure Erfahrungsberichte bin ich wirklich dankbar.
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Adora Belle
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#2

17.04.2018, 10:39

Ich halte nichts davon, mit meinen zivilrechtlichen Problemen die Strafjustiz zu belasten. Der Vorsatz kann meist nicht nachgewiesen werden, zudem erschwert die strafrechtliche Verurteilung meist noch die Durchsetzung des Vergütungsanspruchs. Viel wirksamer ist es, Vorschüsse zu nehmen. Damit trennt man die Spreu vom Weizen. Und spart sich die Frustration, umsonst gearbeitet zu haben.
Pitt
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#3

17.04.2018, 11:21

Ich kann mich Adora Belle nur anschließen. Wir haben hier auch immer mal wieder solche Pappenheimer und ich habe meinen Chef oft damit genervt, dass er bitte Vorschüsse einholt, bevor er zig Stunden in eine Akte investiert und hinterher hinter dem Geld herläuft. Wir hatten hier vor einigen Jahren dann einen ziemlich hohen Schaden im fünfstelligen Gebührenbereich, wo der Mandant immer und immer wieder vertröstet hat, dass demnächst Raten auf die Rechnungen geleistet werden. Irgendwann stand dann bei ihm die Steuerfahndung vor der Tür, das Finanzamt hat alle offenen Forderungen geltend gemacht und es wurde Insolvenzantrag gestellt. Seine Schulden beliefen sich auf eine 7-stellige Summe und die Kostenrechnungen taugten nur noch als Schmierzettel. Seitdem ist die Chefetage etwas vorsichtiger geworden. Gerade bei Erstmandaten achtet Chef eher darauf, mal eine Vorschussrechnung zu erteilen, wobei das auch nicht immer klappt.
Die Strafanzeige hilft einem nach meiner Erfahrung nicht weiter, wenn man offene Forderungen eintreiben will. Wir haben das in der Vergangenheit für Mandanten gemacht, aber die Erfolgsaussichten waren eher mau. Für eigene Vergütungsansprüche haben wir noch nie auf eine Strafanzeige zurückgegriffen, um die Mandanten zur Zahlung zu bewegen. Denen geht das meist am Allerwertesten vorbei, ob die noch einen Strafbefehl kassieren, wenn erst einmal Schufa-/Vermögensauskunftseinträge vorliegen und der Insolvenzantrag schon ausgefüllt ist.
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mücki
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#4

18.04.2018, 09:06

Eine Anzeige wegen Betruges hätte nur einen Vorteil: Kommt esbei einer natürlichen Person zu einer Verurteilung und ein Insolvenzverfahren wird eröffnet, könnt ihr eure Forderung aus vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung anmelden was zur Folge hätte, dass diese Forderung nicht restschuldbefreiungsfähig ist und ihr nach Beendigung des Verfahrens vollstrecken könnt.

Aber wie schon geschrieben wurde: Der Nachweis ist tatsächlich gar nicht so einfach, ganz zu schweigen davon, ob dann auch eine entsprechende Verurteilung erfolgt, was meist wegen Geringfügigkeit nicht der Fall ist.

Also sollte ihr, wie schon geschrieben, dazu übergehen angemessene Vorschüsse zu verlangen.
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icerose
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#5

18.04.2018, 09:12

Wir arbeiten mit Vorschuss-, Zwischen- und Schlussrechnungen. Zwischenrechnungen gibt es öfter mal, gerade in Sachen, wo die Rechnung ansonsten auch mal fix fünfstellig wäre. Das haut auch manch flüssigen Mandanten um. ;) Und bei ganz hartnäckigen gibt es noch das gute alte Mahnverfahren. :pfeif
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#6

18.04.2018, 10:52

Wieso eigentlich eine Strafanzeige? Dadurch bekommt ihr euer Geld ja auch nicht.

Wenn der Mdt. nicht zahlt, mach ich fix einen Mahnbescheid :mrgreen:
(Also genau wie icerose)
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#7

24.04.2018, 09:48

Bitte entschuldigt die späte Rückmeldung, ich war ein paar Tage außer Gefecht gesetzt.

Erstmal vielen Dank für Eure Beiträge.
Die Durchsetzung der Ansprüche erfolgt relativ standardisiert über Mahnverfahren und ZV (Leider meistens ohne Erfolg da VA bereits erfolgt). Vorschüsse nehmen wir bei Neumandanten sofern diese keine RS haben. Wenn Mandanten in Schieflage geraten und dadurch die Rechnung nicht zahlen können, sind wir auch relativ großzügig oder bieten Ratenzahlung an. Das ist also nicht das Problem.

Es geht mir also nicht um die Durchsetzung der Ansprüche, sondern tatsächlich darum den Leuten dieses Verhalten abzugewöhnen.
Wir haben leider einige Fälle in denen die Mandanten an Dreistigkeit kaum zu übertreffen waren und zum Teil von Kollegen erfahren, dass die gleichen Mandanten bei Ihnen die gleiche Masche durchgezogen haben.
- z.B. zeigte ein Mandant am Handy eine gefälschte Überweisungsbestätigung für den Vorschuss (Frist lief an dem Tag aus). Eine Zahlung ging bei uns natürlich nie ein.
- Die Angebe nicht vorhandener RS-Versicherungen kommt leider auch ein bis zwei mal im Jahr vor.

Daher ist die Frage wie man ggf. da vorgehen kann und was die Hürden sind um da nicht wegen falscher Verdächtigung ein Problem zu haben. Sollte jemand also damit Erfahrung gesammelt haben, würde ich mich sehr freuen davon zu lesen.
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Adora Belle
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#8

24.04.2018, 10:13

Die von Dir jetzt genannten Beispiele gehen aber über schlichtweg unbezahlte Rechnungen weit hinaus. In diesen Fällen steht ja tatsächlich ein Betrug im Raum. Falsche Verdächtigung verlangt eine Anzeige wider besseren Wissens. Da sehe ich kein Problem. Ich sehe allerdings Probleme mit der Frage, ob Mandatsinterna nach außen getragen werden dürfen. Ihr müsstet im Einzelfall prüfen, ob ein berechtigtes Interesse vorliegt.

Ich hab bisher ein einziges mal Anzeige erstattet, weil ein Ex-Mandant immer wieder mein Geschäftskonto bei Telefongesellschaften zur Abbuchung angegeben hat. Das war irgendwann nicht mehr tragbar.
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mücki
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#9

24.04.2018, 13:15

Adora Belle hat geschrieben:Die von Dir jetzt genannten Beispiele gehen aber über schlichtweg unbezahlte Rechnungen weit hinaus. In diesen Fällen steht ja tatsächlich ein Betrug im Raum. Falsche Verdächtigung verlangt eine Anzeige wider besseren Wissens. Da sehe ich kein Problem. Ich sehe allerdings Probleme mit der Frage, ob Mandatsinterna nach außen getragen werden dürfen. Ihr müsstet im Einzelfall prüfen, ob ein berechtigtes Interesse vorliegt.

Muss man denn bei einer entsprechenden Betrugsanzeige Interna nach außen tragen? Ich würde davon ausgehen, dass die Angabe XY hat mich am .... unter Vorlage einer gefälschte Überweisungsbestätigung für den verlangten Vorschuss beauftragt ... oder irgenwie so.

Ich hab bisher ein einziges mal Anzeige erstattet, weil ein Ex-Mandant immer wieder mein Geschäftskonto bei Telefongesellschaften zur Abbuchung angegeben hat. Das war irgendwann nicht mehr tragbar.
@TE:
Rechnet ihr die Deckungsanfragen bei der RSV ggü. den Mandanten ab? In meiner letzten Kanzlei sind wir "im richtigen Mandat" erst dann tätig geworden, wenn entweder die RSV DZ erteilt oder Mdt. schriftlich bestätigt hat, uns ggf. ohne DZ (unbedingt) mit der Wahrnehmung seiner Interessen zu beauftragen (natürlich wurden Mdt. auch immer über die Kosten aufgeklärt, die sie dann zu tragen haben).

Edit: Habe grade noch etwas ausgegraben zum Thema Strafanzeige gegen den eigenen Mandanten:
http://www.foreno.de/rvg-ab-1-8-2013-f9 ... 77351.html
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#10

25.04.2018, 09:16

mücki hat geschrieben: @TE:
Rechnet ihr die Deckungsanfragen bei der RSV ggü. den Mandanten ab? In meiner letzten Kanzlei sind wir "im richtigen Mandat" erst dann tätig geworden, wenn entweder die RSV DZ erteilt oder Mdt. schriftlich bestätigt hat, uns ggf. ohne DZ (unbedingt) mit der Wahrnehmung seiner Interessen zu beauftragen (natürlich wurden Mdt. auch immer über die Kosten aufgeklärt, die sie dann zu tragen haben).

Edit: Habe grade noch etwas ausgegraben zum Thema Strafanzeige gegen den eigenen Mandanten:
http://www.foreno.de/rvg-ab-1-8-2013-f9 ... 77351.html
Wir klären selbst bei Mandanten mit RS darüber auf, dass Kosten entstehen, wenn die RS ablehnt bzw. das gewisse Gebühren von der RS nicht getragen werden. Tatsächlich berechnen wir, sollte eine Ablehnung der RS kommen, meistens eine Erstberatung und vergessen ausversehen die Anfrage gegen die Versicherung, wenn die Mandanten es dann nicht verfolgen wollen.
Das hat auch den Grund, dass -zumindest gefühlt- die RS eher Deckungszusage erteilt, wenn wir anfragen und wir es uns so ersparen lange Begründungen nachreichen zu müssen wenn es dem Mandanten abgelehnt wurde.

Danke für den Link. Die Recherche von Anahid da ist auf jeden Fall sehr interessant.
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