Insolvenzgeld - Rücknahme Sozialversicherungsbeiträge

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Frau Geheimrat
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#1

07.12.2017, 09:11

Guten Morgen!

Vorliegend habe ich jeweils einen Titel über Bruttoentgelt von zwei Arbeitnehmern gegen einen ehem. Arbeitgeber als Privatperson, der insolvent ist. Damals wurde der geltend gemachte Bruttobetrag nebst Zinsen und Kosten geltend gemacht. Da Insolvenzgeld beantragt wurde, welches jedenfalls netto an unseren Mandanten ausgezahlt wurde, haben wir unsere Forderung in Höhe des gezahlten Nettobetrages zurückgenommen. Der Insolvenzverwalter hat danach auch in einem Fall die Sozialversicherungsansprüche unseres Mandanten anerkannt. Bei dem anderen wies er darauf hin, dass die Ansprüche auf die Bundesagentur für Arbeit mit Zahlung des Insolvenzgeldes übergegangen seien.

Der Insolvenzverwalter kommt jetzt (kurz vor Ende der Wohlverhaltensphase des Schuldners) und möchte, dass unsere Mandanten beide (sowohl der festgestellte, als auch der bestrittene) auf die Sozialversicherungsansprüche verzichten und diesbezüglich eine Erklärung unterschreiben.

Meine Frage: Können die Sozialversicherungsansprüche wirksam auf die Bundesagentur übergehen, wenn wir einen Titel hierüber haben, der eindeutig das Bruttoentgelt beinhaltet und muss/darf/kann der Mandant auf diese verzichten? Was passiert, falls er das nicht tut?

Habe hier schon Literatur (Arbeitsrecht in der Insolvenz) und das Internet gewälzt und nichts Eindeutiges gefunden. Lediglich im Falle einer Masseverbindlichkeit konnte ich eine Ordnungsmäßigkeit des Forderungsübergangs auf die Bundesagentur feststellen. Wir jedoch haben ganz normal nach § 38 InsO zur Tabelle angemeldet.

Vielen Dank!
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Kanzleihund
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#2

07.12.2017, 09:47

Im Fall der Zahlung von Insolvenzgeld führt die Bundesagentur für Arbeit auch die jeweiligen Krankenkassenbeiträge an die gesetzliche Krankenversicherung ab.
Ich kann Dir jetzt die Vorschrift nicht nennen, kann Dir aber versichern, dass das so ist.
Eventuell können die Mandanten bei der Bundesagentur für Arbeit oder der entsprechenden Krankenkasse nachfragen, ob insoweit "alles okay" ist.
Damit gehen die Ansprüche tatsächlich auf die Bundesagentur für Arbeit über, gerade auch im Hinblick auf Insolvenzforderungen nach § 38 InsO.
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#3

07.12.2017, 09:50

Vielen Dank für den Tipp! Ich habe in meinen Akten auch nur den Insolvenzgeldbescheid, nicht jedoch das Formblatt, welches die Mandanten damals ausfüllen mussten.
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mücki
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#4

07.12.2017, 09:52

Guten Morgen,
wenn ich mich richtig entsinne ist entscheidend, ob die Sozialversicherungsbeiträge abgeführt wurden. Grundsätzlich hat man als AN ja nur Anspruch auf Auszahlung des Nettolohnes. Wenn also die titulierten Beträge von der BA im Rahmen von Insolvenzgeld bezahlt wurden, hat diese im Normalfall auch die Sozialversicherungsabgaben und ggf. Steuern entrichtet. In diesem Fall haben die Mandanten keinen Anspuch mehr auf die Differenz zum Bruttogehalt (die sie ja ohnehin nicht behalten dürften, sondern abführen müssten). Die Verzichtserklärungen möchte der InsVw wahrscheinlich haben, weil er auf gut Deutsch Sch.... gebaut hat und die anerkannte Teilforderung anders nicht aus der Tabelle bekommt.

VG
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Kanzleihund
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#5

07.12.2017, 10:20

mücki hat geschrieben: weil er auf gut Deutsch Sch.... gebaut hat und die anerkannte Teilforderung anders nicht aus der Tabelle bekommt.
So sieht es aus; wenn alle Beiträge gezahlt wurden, gibt es aus meiner Sicht auch keinen Grund, die Verzichtserklärung zu verweigern.
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#6

07.12.2017, 11:00

Kanzleihund hat geschrieben:
mücki hat geschrieben: weil er auf gut Deutsch Sch.... gebaut hat und die anerkannte Teilforderung anders nicht aus der Tabelle bekommt.
So sieht es aus; wenn alle Beiträge gezahlt wurden, gibt es aus meiner Sicht auch keinen Grund, die Verzichtserklärung zu verweigern.
Ob alle gezahlt wurden, weiß ich eben nicht. Und bevor ich hier freimütig eine Verzichtserklärung an die Mandanten rausschicke, wollte ich vorher fachkundiges Personal fragen. :mrgreen:

:thx
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mücki
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#7

07.12.2017, 12:57

Kanzleihund hat geschrieben: So sieht es aus; wenn alle Beiträge gezahlt wurden, gibt es aus meiner Sicht auch keinen Grund, die Verzichtserklärung zu verweigern.
:zustimm
@TE:
Ihr müsst doch aber nur eine Verzichtserklärung einreichen. Du hast doch gesagt, dass für euren zweiten Mandanten die Forderungen eh nur in Höhe des Nettolohnes festgestellt wurden. Wenn er für diesen keine Verzichtserklärung einreicht, wird der InsVw die Differenz einfach endgültig bestreiten und dann ist gut.
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