Insolvenz nachträgliche Anmeldung Gebühr gerechtfertigt?

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Tigerle
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#1

19.09.2017, 09:08

Ich brauche mal Rat von den Insolvenzprofis unter Euch. Folgender Sachverhalt:

Aufgrund einer Zwangsvollstreckung haben wir eine Zahlung des Schuldners erhalten.

Schuldner hat Insolvenzverfahren beantragt, das auch durchgeführt wird.
Von uns wurde, nachdem die Forderung ja vollständig bezahlt war, natürlich zum Insolvenzverfahren keine Forderung angemeldet.

Erst nach dem ersten Prüfungstermin meldet sich dann plötzlich der Insolvenzverwalter und möchte das Geld wieder zurück, was der Mandant dann auch zurück erstattet hat. Erst dann konnten wir die Forderung anmelden (vorher bestand ja keine Forderung mehr). Jetzt möchte der Insolvenzverwalter für diese nachträgliche Forderungsanmeldung die 20,00 EUR. Wenn man normal verspätet dran ist, sehe ich ja ein, dass diese Gebühr anfällt, aber gibt es eine Möglichkeit diese Gebühr nicht bezahlen zu müssen. Der Mandant musste schon hohe Zinsen zahlen. Aufgrund der erst so späten Reaktion des Insolvenzverwalters finde ich diese Gebühr nicht gerechtfertigt. Der Mandant gab ja keine Möglichkeit die Forderung früher anzumelden, da sie vorher durch die Zahlung des Schuldners erledigt war.
Pitt
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#2

19.09.2017, 09:23

Ich fürchte, um die Zahlung der Gerichtskosten kommt der Gläubiger nicht rum, es sei denn, er verzichtet ganz auf die Anmeldung der Forderung. Dem Gericht ist egal, aus welchen Gründen die Forderungsanmeldung erst nach dem Prüfungstermin erfolgt. Zu dem Thema gab es im Rechtspflegerforum mal diese Diskussion: http://www.rechtspflegerforum.de/archiv ... 67062.html
Ehrlich gesagt, halte ich von dem dort erwähnten Musterschreiben nix. Da kann man dem Insolvenzverwalter auch gleich schreiben: "Bitte fechte diese Forderung an. Wir halten schon mal das Geld parat."
Zuletzt geändert von Pitt am 19.09.2017, 10:27, insgesamt 1-mal geändert.
MrsVerberation
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#3

19.09.2017, 09:23

Die 20,00 € gehen ja nicht direkt an den Insolvenzverwalter, sondern das Gericht fordert diese für die verspätete Forderungsanmeldung.

Hat der Insolvenzverwalter das Geld durch ein Anfechtungsanschreiben erhalten?
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#4

19.09.2017, 10:05

MrsVerberation hat geschrieben:Die 20,00 € gehen ja nicht direkt an den Insolvenzverwalter, sondern das Gericht fordert diese für die verspätete Forderungsanmeldung.

Hat der Insolvenzverwalter das Geld durch ein Anfechtungsanschreiben erhalten?
Ja genau.

Prüfungstermin war Mitte November (bis dahin erfolgte keine Forderungsanmeldung, da der Gläubiger ja sein Geld hatte, wie soll eine Forderung angemeldet werden, wenn keine Forderung zu dem Zeitpunkt besteht.

Nach dem Prüfungstermin kam dann am 23.11. ein Insolvenzanfechtungsschreiben des Insolvenzverwalters, mit dem er das Geld, das der Mandant erhalten hat zurückfordert. Danach wurde dann die Forderungsanmeldung vorgenommen.
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Kanzleihund
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#5

19.09.2017, 10:10

Pitt hat geschrieben:Ehrlich gesagt, halte ich von dem dort erwähnten Musterschreiben nixl. Da kann man dem Insolvenzverwalter auch gleich schreiben: "Bitte fechte diese Forderung an. Wir halten schon mal das Geld parat."
Der Praxistipp war wohl auch nicht ganz ernst gemeint :mrgreen:
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#6

19.09.2017, 10:33

Da habt ihr aber leider das Nachsehen, denn diese 20,00 EUR müssen von Euch bezahlt werden. :-?
Natürlich hätte der Insolvenzverwalter die Anfechtung etwas früher schreiben können, aber vermutlich hat der Schuldner nicht alle Unterlagen sofort zur Verfügung gestellt. (Damit haben wir hier leider auch zu kämpfen - teilweise ist noch nicht einmal eine Buchhaltung vorhanden.)
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#7

19.09.2017, 11:03

Der eigentliche Punkt, dass schreibe ich hier mal ganz offen, sind doch nicht fehlende Unterlagen (wobei man oft das Problem hat, dass von der Buchhaltung des Insolvenzschuldners nur Rudimente vorhanden sind). Der Punkt ist, dass die Gläubiger in der ersten Gläubigerversammlung berechtigt sind, ohne Benennung von Gründen einen anderen, als den vom Gericht bestellten, Insolvenzverwalter zu wählen. Ich kenne einige Gläubiger, die die Abwahl des Insolvenzverwalters schon dann betreiben, wenn auch nur der geringste Verdacht einer möglichen Insolvenzanfechtung besteht. Ganz zu schweigen, dass die erklärte Insolvenzanfechtung bei denen natürlich noch viel schwerer wirkt. Also schön abwarten und Tee trinken :schock :mrgreen: . [Was die Gläubiger natürlich nicht wissen. Der neu bestellte Insolvenzverwalter ist de facto gezwungen, die Ansprüche aus Insolvenzanfechtung weiter zu betreiben. Weil er, wenn er sich schon für eine Abwahl des Verwalters hergibt, spätestens dann kein Insolvenzverfahren mehr bekommen wird, wenn er die entsprechenden Ansprüche nicht verfolgt. Denn dann steht er im Verdacht, sein Amt aus abwegigen Gründen zugunsten einzelner Gläubiger auszuführen.]
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#8

19.09.2017, 11:17

Kanzleihund hat geschrieben:Ich kenne einige Gläubiger, die die Abwahl des Insolvenzverwalters schon dann betreiben, wenn auch nur der geringste Verdacht einer möglichen Insolvenzanfechtung besteht.

Das hatten wir bisher noch nie, obwohl wir sehr viele Anfechtungen schreiben. (Meine Verfahrensleiterin ist in Anfechtungen ein richtiges Ass.) :schock
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#9

19.09.2017, 17:07

Erklärt Ihr die Insolvenzanfechtungen schon vor der ersten Gläubigerversammlung?
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#10

19.09.2017, 22:26

Je nachdem wann man herausfindet dass was anzufechten ist, wenn man es z. B. schon in dem vorläufigen InsV bemerkt, dann kann man das doch gleich nach Eröffnung raushauen? Ist doch manchmal schon eine einkalkulierte Position wenn es darum geht eröffnen oder nicht
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