minimale Insolvenzforderung

Hier hinein gehören alle Themen rund um die Insolvenz.
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paralegal6
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#21

03.05.2018, 12:37

wir haben beantwortet, wenn ein frankierter Rückumschlag dabei war :pfeif
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sternchen160983
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#22

03.05.2018, 13:47

@ mücki
Das versteh ich grundsätzlich schon, klar, keine Frage, Leben müssen wir alle.

Dann stellt sich mir aber erst recht die Frage, wie der Gläubiger es hinkriegen soll, den Schuldner dazu bewegen soll, seinen Verpflichtungen auch tatsächlich nachzukommen und sich nicht auf der Insolvenz auszuruhen, wie es, nach meiner Erfahrung jedenfalls, fast alle Schuldner machen.

Wo bleibt denn die Gerechtigkeit, insbesondere auf unser einen bezogen, der für seinen Lebensunterhalt arbeiten geht und versucht sich etwas anzusparen, wenn viele der überschuldeten Herrschaften nicht einmal dazu verdonnert werden können, wenigstens mal eine Ausbildung zu machen, ohne dass ich eine Anstellung suchen und das Vorstellungsgespräch für denjenigen führen muss...
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mücki
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#23

04.05.2018, 09:13

@ sternchen:
Insolvenzverfahren und Gerechtigkeit sind zwei Sachen die sich für Gläubiger gegenseitig teilweise ausschließen und zwar vor dem einfachen Hintergrund, dass mit der "Flucht in die Insolvenz" in den meisten Fällen die Gläubiger mit ihren Forderungen komplett zu einem großen Teil ausfallen. Das hat sich mit der Einführung der InsO im Jahr 1999 ein wenig gebessert, weil es jetzt nur noch eine Unterscheidung zwischen Masse- und Tabellenforderungen gibt und damit alle Gläubiger mit Forderungen, die vor Eröffnung entstanden sind gleich behandelt werden, was früher anders war.

Das Problem ist zudem, dass die InsO sehr schuldnerfreundlich ausgelegt ist (wie ja auch die Zwangsvollstreckung) :motz Das merkt man schon daran, dass es z.B. überhaupt keine Rolle spielt, warum die Insolvenz eingetreten ist. Ob also der Schuldner etwas dafür kann oder nicht, ist völlig unerheblich und so kommt dann bei einigen Menschen die Einstellung zustande, dass ein "unangepasstes Konsumverhalten" völlig in Ordnung ist, wenn es zuviel wird, bleibt ja immre noch der Weg in die Insolvenz. Da gibt es zwar noch das Thema Eingehungsbetrug aber das nachzuweisen ist ziemlich schwer und ganz ehrlich: Auch viele Gläubiger müssten ihr Verhalten ändern.

Aber du kannst mir glauben, dass auch die Insolvenzverwalter und Insolvenzsachbearbeiter über viele Dinge nicht glücklich sind. Gerade weil viele Schuldner auch denken, so jetzt ist mein Insolvenzverfahren eröffnet, nu interessiert mich alles einen schXXX. Das sind dann die Leute, die weder auf Anrufe noch auf Schreiben reagieren. Aber der Insolvenzverwalter kann dies dem Gericht nur berichten, den Antrag auf Versagung der RSB müssen die Gläubiger stellen.

Wie willst du denn Leute dazu "zwingen" eine Ausbildung zu machen oder sich einen Job zu suchen? Zumal vorgenannte Probleme bei weitem nicht nur diesen Personenkreis betreffen. Ich hatte hier schon Leute mit einem monatlichen Nettoeinkommen von über 4.000 € sitzen, die "mussten" auch einen Insolvenzantrag stellen.
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sternchen160983
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#24

04.05.2018, 09:31

@mücki

Es ist wirklich schön, auch mal Gemecker von der anderen Seite zu hören :lol:

Ja, meiner Meinung nach gehören sie eigentlich gezwungen, sich eine Arbeit zu suchen. Ob dabei dann pfändbare Mittel rauskommen, sei mal dahingestellt, aber trotzdem müssen Sie zukünftig für Ihren Lebensunterhalt selbst aufkommen können. Das sollte -von Ausnahmefällen abgesehen- zur Bedingung werden. Darüber hinaus ist es m. E., wie bereits mehrfach erwähnt, ein Unding, dass sie einige Jahre später einen weiteren Antrag stellen können, das gehört verboten...

Und dann das Thema des Versagungsantrages :motz
Das haben wir in der Vergangenheit mehrfach versucht, u. a. auch weil ich hier im Forum den Hinweis erhalten habe, dass das Sinn machen würde (zu Beginn dieses Threats war das glaub ich). Mit wirklich jedem Einzelnen sind wir gescheitert... Die Zeit und Mühe kann man sich echt sparen....!

Erschwerend kommt ja dann wirklich dazu, dass wir in vielen Fällen gar nicht erst erfahren, dass die Schuldner nicht mitarbeiten und somit ein Versagungsgrund bestehen würde, da wir ja (s. o.) die Berichte nur schwer, bzw. gar nicht erhalten... Das ist alles zusammen zum Verrücktwerden :huepf :huepf :huepf

Oder habt ihr Beispiele für mich, wo das bei einem Ottonormalverbraucher tatsächlich mal funktioniert hat?

Vielen Dank erstmal
Sonnenblume1804
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#25

04.05.2018, 10:07

sternchen160983 hat geschrieben:
Erschwerend kommt ja dann wirklich dazu, dass wir in vielen Fällen gar nicht erst erfahren, dass die Schuldner nicht mitarbeiten und somit ein Versagungsgrund bestehen würde, da wir ja (s. o.) die Berichte nur schwer, bzw. gar nicht erhalten... Das ist alles zusammen zum Verrücktwerden :huepf :huepf :huepf
Du weißt aber, dass man als Insolvenzgläubiger bei Gericht Akteneinsicht in die Insolvenzakte nehmen darf? Darin befinden sich alle Schriftsätze auch die Berichte. Wenn man also eine nicht unerhebliche Forderung anmeldet und es kommt zu keiner Verteilung würde ich mir schon die Mühe machen bei Gericht mal Akteneinsicht zu nehmen, ob evtl. ein Versagungsgrund vorliegt:-)

Selbstverständlich kommt es natürlich auch darauf an, wie weit man von dem zuständigen Insolvenzgericht wegwohnt :-D

LG:-)
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mücki
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#26

04.05.2018, 10:45

Theoretisch gibt die InsO tatsächlich einen gewissen Zwang her, dass Insolvenzschuldner arbeiten müssen, vgl. § 295 Abs. 1 Nr. 1. Dies gilt allerdings nur für den Zeitraum ab Aufhebung Insolvenzverfahren bis zum Ende der Abtretung (Wohlverhaltensphase). Hinzu kommt, dass die Schuldner auch nicht etwa irgendwelche Bewerbungen einreichen müssen, zumindest habe ich das noch nicht erlebt.

Übliche Versagungsgründe sind die Verletzung der folgenden Obliegenheiten:
- Nichtzahlung der Mindesvergütung (Antrag kann vom Insolvenzverwalter gestellt werden),
- Nichtmitteilung der Einkommensverhältniss bwz. die generelle Verletzung der Auskunfts- und Mitwirkungspflichten (Antrag eines Gläubigers erforderlich),
- Erwerbsoliegenheit, wenn dadurch die Befriedigung der Gläubiger beeinträchtigt wird (Gläubigerantrag)

Gerade beim letzten Punkt ist allerdings häufig das Problem, dass viele Schuldner - selbst wenn Sie einer Erwerbstätigkeit nachkommen - kein Geld zur Gläubigerbefriedigung einsetzen können/müssen. Auch im Insolvenzverfahren gelten die Pfändungsfreigrenzen und wenn z.B. ein alleinerziehendes Elternteil mit einem dreijährigen Kind (nur als Beispiel) nur 30 Stunden arbeiten gehen kann, weil noch ein Fahrtweg von 2 Stunden dazu kommt, dann bleibt, trotz Erwerbstätigkeit - nichts für die Gläubiger übrig, sofern nicht freiwillige Zahlungen geleistet werden, wozu übrigens bei vielen Verwaltern alle natürlichen Personen angehalten werden. Wenn also selbige Person entscheidet, sie bleibt daheim und lebt von Hartz IV, dann scheitert der Antrag auf Versagung der RSB, selbst wenn die Erwerbsobliegenheit tatsächlich verletzt wird, weil die Gläubiger ohnehin nicht mit einer (teilweisen) Befriedigung rechnen konnten.

Tatsächlich dürfte der häufigste Grund für die Versagung der RSB die Nichtzahlung der Mindestvergütung sein. Hierzu kommt es immer dann, wenn die vom Schuldner beantragte Stundung der Verfahrenskosten wieder aufgehoben wird (z.B. wegen der Verletzung der Auskunfts- und Mitwirkungspflichten) oder diese erst gar nicht beantragt oder nicht bewilligt wurde und dann die Kosten, die der Treuhänder abrechnet nicht bezahlt werden.

Abschließend - mal als kleiner "Denkanstoß": Wenn ein Insolvenzverfahren eröffnet wird, obwohl der Schuldner "nur" veremeintlich geringe Schulden hat, dann deutet das in 99 von 100 Fällen darauf hin, dass der Schuldner entweder
a) arbeitslos ist oder
b) nur sehr wenig in seinem Job verdient (z.B. Ungelernte, Teilzeitkräfte oder auch Auszubildene ...)

Häufig ist es in diesen Fällen so, dass es völlig wurscht ist, ob die RSB erteilt wird oder nicht, weil die Gläubiger eh nie an ihr Geld kommen werden.
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AliceImWunderland
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#27

04.05.2018, 11:35

sternchen160983 hat geschrieben: Oder habt ihr Beispiele für mich, wo das bei einem Ottonormalverbraucher tatsächlich mal funktioniert hat?

Vielen Dank erstmal
Nein, bisher noch nicht. Obwohl wir es wirklich oft versucht haben. Ich bin langsam zu der festen Überzeugung gekommen, dass die Richter beim Insolvenzgericht allesamt schuldnerfreundlich sind und für Ihre Sache sogar die BGH-Rechtsprechung ignorieren. Wenn wir in einem anderen Land leben würden, würde ich sogar vermuten, dass hier Korruption im Spiel ist. Aber hier in Deutschland bin ich noch fest davon überzeugt, dass es so etwas wie Korruption nicht gibt. Also bleibt nur die Schuldnerfreundlichkeit......

Sorry für die harten Worte, aber etwas Anderes kann ich mittlerweile nicht mehr glauben. Einmal hatten wir einen Versagungsantrag gestellt, weil der Schuldner umzogen war, seine neue Anschrift nicht mitgeteilt hat und für den Treuhänder monatelang nicht erreichbar war. Dies hat der Treuhänder auch in seinem Bericht geschrieben und darauf hingewiesen, dass hiermit ein Versagungsgrund vorliegt. Ich war sofort wild. Habe Versagungsantrag gestellt. Während das Gericht über den Versagungsantrag gebrütet hat, hat sich der Schuldner plötzlich wieder gemeldet und dem Treuhänder seine neue Anschrift mitgeteilt. Somit war alles vergeben und vergessen..... Versagungsantrag abgewiesen, weil ja jetzt "wieder alles gut ist". :motz

Tut mir leid, da habe ich keine Worte mehr..... :uebel
Warum ist am Ende des Geldes noch so viel Monat übrig?!

Ich habe kein Whatsapp und ich werde auch keins bekommen. Ich stehe auf Datenschutz und bin voll Threema.
:naegel
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#28

04.05.2018, 13:52

@Sonneblume1804
Es sind 60 km Fahrt und wir haben in Dresden tatsächlich nur selten Gerichtstermine.... :roll: Allerdings ist uns die Idee gekommen, mal beim Gericht anzufragen, ob die die Akte im Falle der Nachfrage an unser AG zur Einsicht schicken würden. Dann bräuchten uns unsere RAe's nur noch eine Vollmacht auszustellen und die jeweilige SBin könnte selbst in der Akte suchen, ob was Verwertbares für den Versagungsantrag zu finden ist... :kopfkratz

@AliceImWunderland
Ich bin sowas von bei dir :mrgreen: :mrgreen: :mrgreen:

Vielen Dank Mädels für diese Diskussion, das macht Spaß, zum einen, weil ich mich abregen konnte, zum anderen, weil ich durch "mücki" auch mal einen kleinen Einblick in die Verwalterseite bekommen habe...

Insgesamt bleibt für mich festzustellen, dass das InsoVerfahren riesiger Murks ist, sowohl die Verwalter, wie auch die Anwälte der Gläubiger viel zu wenig daran verdienen und wir, die wie die Arbeit mit diesen ganzen (Schuldner-)Idioten haben sowieso vollkommen unterbezahlt sind!!! :motz :pfeif
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#29

04.05.2018, 15:27

sternchen160983 hat geschrieben:@Sonneblume1804
Es sind 60 km Fahrt und wir haben in Dresden tatsächlich nur selten Gerichtstermine.... :roll: Allerdings ist uns die Idee gekommen, mal beim Gericht anzufragen, ob die die Akte im Falle der Nachfrage an unser AG zur Einsicht schicken würden. Dann bräuchten uns unsere RAe's nur noch eine Vollmacht auszustellen und die jeweilige SBin könnte selbst in der Akte suchen, ob was Verwertbares für den Versagungsantrag zu finden ist... :kopfkratz
Daran könnte man denken. Bei uns werden allerdings die Akten,soweit mir bekannt, nicht ausgehändigt sondern man kann diese tatsächlich nur auf der jeweiligen Geschäftsstelle einsehn.

Eigentlich war ich bisher nur stille Mitleserin aber das ist ja schon ärgerlich wie manche Gerichte entscheiden.

Ich bin zwar zu 95% auf der Verwalterseite aber in einer Akte hatten wir den gleichen Fall wie von AliceImWunderland beschrieben und es hat tatsächlich zur Versagung geführt. Unser Gericht macht kurzen Prozess, allerdings hab ich auch schon drei Akten gehabt wo der jeweilige Schuldner die RSB erhalten hat, obwohl nicht verdient. Hier hätte ich mir von einem oder mehrere Gläubiger ein Antrag auf Versagung gewünscht :pfeif . Aber klar, wenn man natürlich immer seine Versagungsanträge abgewiesen erhält hat man irgendwann auch keine Lust mehr.
sternchen160983
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#30

19.07.2018, 13:59

Und schon wieder ich, mit einem Aufreger, bzw. einer Anfrage an unsere Insolvenzrechtler: :motz :motz :motz

Heute hatte ich ein Schreiben vom Insolvenzverwalter in der Post, ich solle doch die vor Jahren ausgebrachte Pfändung des P-Kontos für erledigt erklären, weil diese dem Schuldner Mehrarbeit verursacht. Auf meine telefonische Nachfrage wurde ich auf das Urteil des BGH vom 21.09.17 (Az.: IX ZR 40/17) verwiesen, Pfändungen müssten aufgehoben werden...!

Ich glaub's jetzt echt nicht. Was ist, wenn das InsoVerf. eingestellt wird?
- Pfändung weg
- Rang weg
- Schuldner glücklich :teufel

Wer zahlt dann die Kosten für eine neue Pfändung, wer sichert mir den ersten Rang, den ich gerade innehabe?

Die Klage wurde bereits angedroht. Ich seh es echt nicht ein!!! Ich finde aber von dem Urteil selbst auch keine frei verfügbare Litaratur dazu, brauche aber Futter für den Verwalter. Könnt ihr mir helfen?
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