minimale Insolvenzforderung

Hier hinein gehören alle Themen rund um die Insolvenz.
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AliceImWunderland
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#11

08.11.2016, 12:54

Das wirkt gegen alle Gläubiger.

Aber um eure Euphorie etwas zu bremsen:

Ich habe schon mehrfach Versagungsanträge gestellt. Leider bisher ohne Erfolg. Meine Anträge waren bisher immer mit der Obliegenheitsverletung des Schuldners, weil er sich im Laufe der Wohlverhaltensperiode nicht um eine Arbeit gekümmert hat, begründet. Es gibt haufenweise Rechtsprechnung, sogar vom BGH, dass der Schuldner sich um eine Arbeit bemühen und mehrere Bewerbungen im Monat rausschicken muss.

Ich fordere einmal im Jahr den Treuhänderbericht an und wenn ich sehe, dass der Schuldner während der gesamten Wohlverhaltensphase alleinstehend und arbeitslos war, stelle ich einen entsprechenden Versagungsantrag. Diesen begründe ich damit, dass der Schuldner - hätte er sich um eine Arbeit bemüht und diese auch bekommen - pfändbare Beträge an den Treuhänder hätte abführen können. Insoweit ist den Gläubigern ein Schaden entstanden. Ich führe sogar auf, was der Schuldner hätte verdienen können und wie hoch dann die pfändbaren Beträge wären.

Bisher sind meine Anträge seitens des Gerichts immer abgewiesen worden, mit der Begründung, ich als Gläubiger müsse nachweisen, dass es geeignete Stellen für den Schuldner gegeben hätte, auf die er sich hätte bewerben können. Hallo????!! :motz

Wie soll ich als Gläubiger das denn beweisen???? Meiner Meinung nach soll der Schuldner nachweisen, dass er sich entsprechend bemüht hat und nicht der Gläubiger, dass der Schuldner sich hätte bemühen können. :motz
Ganz ehrlich, so macht das Arbeiten keinen Spaß. :panik
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sternchen160983
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#12

08.11.2016, 14:41

Oh ha, da bin ich ja mal gespannt, dann wird das bei mir wohl auch ins Leere gehen... Menno...
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Kanzleihund
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#13

08.11.2016, 16:04

Alleinstehend und keine Arbeit --> Verletzung der Erwerbsobliegenheit.

Ganz so zwingend ist das nicht. Nach der Rechtsprechung wird dies tatsächlich von der aktuellen Stellensituation, der Vorbildung und Berufserfahrung des Schuldners abhängig gemacht. Im Übrigen kann es doch nicht so schwer sein, aus dem Stellennachweis beim Arbeitsamt etwas (für den Schuldner) Brauchbares rauszusuchen. Schulbildung und beruflicher Werdegang finden sich in vielen Fällen im ersten Bericht des Insolvenzverwalters nach Verfahrenseröffnung.
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AliceImWunderland
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#14

09.11.2016, 09:57

Kanzleihund hat geschrieben:Alleinstehend und keine Arbeit --> Verletzung der Erwerbsobliegenheit.

Ganz so zwingend ist das nicht. Nach der Rechtsprechung wird dies tatsächlich von der aktuellen Stellensituation, der Vorbildung und Berufserfahrung des Schuldners abhängig gemacht. Bei uns in der Stadt ist ein riesen großer Regiopark im Gewerbegebiet. Von hier aus wickeln viele große Firmen ihren Onlineversand ab (z.B. Zalando, DHL, Esprit und viele mehr). Jede Woche sind zig Anzeigen in der Zeitung, wo Lagerarbeiter gesucht werden. Man muss nichts dafür können, nur Pakete packen. Hier kann wirklich keiner behaupten, dass er überhaupt keine Arbeit findet. Und selbst das reicht dem Gericht nicht als Begründung. :motz Im Übrigen kann es doch nicht so schwer sein, aus dem Stellennachweis beim Arbeitsamt etwas (für den Schuldner) Brauchbares rauszusuchen. Das ist richtig. Aber man muss dass dann für die gesamte Wohlverhaltensperiode tun und nicht nur für den Zeitraum der Stellung des Antrags auf Versagung der Restschuldbefreiung. Das ist die Schwierigkeit dabei. Schulbildung und beruflicher Werdegang finden sich in vielen Fällen im ersten Bericht des Insolvenzverwalters nach Verfahrenseröffnung.
Es ist echt schwierig. Manchmal werde ich den Eindruck nicht los, dass diejenigen, die beim Gericht darüber entscheiden, selbst in der Wohlverhaltensphase sind. :pfeif
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Kanzleihund
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#15

09.11.2016, 10:18

Die Frage ist, ob bei den Online-Versendern überhaupt Löhne in pfändbarer Höhe gezahlt werden. Sofern den Gläubigern durch die Verletzung der Erwerbsobliegenheit kein Schaden entsteht, ist die Restschuldbefreiung nicht gefährdet.

Man könnte folgendes tun: Sich regelmäßig die Berichte anschauen und wenn man feststellt, dass die Erwerbsobliegenheiten im letzten Berichtszeitraum verletzt wurden, gleich mal ein bisschen Material für den Versagungsantrag zusammen tragen. Menschen ändern ihre Gewohnheiten nicht über Nacht. Er wird es bestimmt wieder tun. Aber ich gebe zu, da muss der Hass auf den Insolvenzschuldner schon groß sein. Allgemein tauglich ist das Rezept nicht.
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sternchen160983
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#16

10.07.2017, 11:00

So, ihr lieben, ich mach mir an dieser Stelle jetzt nochmal Luft.

Mein Versagungsantrag in dieser Sache ging natürlich nicht durch. Die Schuldnerin muss nicht arbeiten gehen, nein, sie hat ja drei Kinder. Die sind auch Grund genug, gar nicht erst zu versuchen, einen Beruf zu erlernen. Anspruch auf Kindergartenplatz hin oder her...!!! :motz Ich hätte hier echt mehr oder weniger Bewerbungen für die Schuldnerin um einen Ausbildungsplatz schreiben und ihr zudem n Kindergartenplatz besorgen müssen, um nachzuweisen, dass sie nicht will!!!

Wo leben wir denn, zum Kuckuck.

Meine Kollegin hat jetzt gerade n ähnlichen Fall. Schuldnerin ist jung, hat zwei Berufe erlernt (Frisöse und Altenpflegerin) und hat keine Kinder. Aber auch keine Arbeit.

Der Richter meint, wir müssten glaubhaft machen, dass sie Ihrer Erwerbsobliegenheitsverpflichtung nicht genug nachkommt. HALLO??? Frisör und Altenpfleger und sie hat keinen Job???? Der will uns wohl vera.... Meine Kollegin hat also jetzt sogar vom Arbeitsamt noch freie Stellen rausgesucht. Telefonisch hat der Richter ihr gerade mitgeteilt, dass auch das ihm noch nicht als Versagungsgrund reicht?

Ja soll ich denn wirklich ne Bewerbung für die Schuldner (die ich nicht persönlich kenne, deren Lebenslauf mir unbekannt ist....) schreiben und Vorstellungsgespräche besorgen? -Die ich ja eh nicht kriege-

Wann ist es genug? Die können sich sowas von auf der Insolvenz ausruhen, brauchen sich, sobald das Verfahren eröffnet ist, doch keinen Kopf machen und können genauso weitermachen, wie zuvor. Neue Schulden, paar Jahre warten, wieder Insolvenz, passiert doch nichts. :schock :schock :schock :schock

Liebe Insolvenzrechtler, ich bin echt für Tips dankbar.
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#17

03.05.2018, 10:39

Ich mache diesen Threat jetzt nochmal auf...

Kann mir bitte jemand sagen, wie ich das Insolvenzrecht geändert kriege???

Wir hatten hier ja nun mehrfach das Thema der Schluss- und Zwischenberichte, darüber hinaus auch der gestellten Versagungsanträge und dass man die an und für sich stellen kann, wie man lustig ist, durch gehen sie sowieso nicht...

Mein aktueller Fall: Forderungen insgesamt ca. 7.700,00 €! Ich möchte gern den Schlussbericht einsehen, um mir ein Bild machen zu können. Vom Verwalter kam die Antwort, dass man nicht genug verdiene, um sich die Arbeit zu machen jedem Gläubiger jeden Bericht zukommen zu lassen (auch nicht auf Anfrage...!!!)!
Das Gericht weist mich darauf hin, "dass das Gericht nicht verpflichtet ist, die Gläubiger eines Insolvenzverfahrens über den Sachstand zu informieren. Verfahrensbeteiligte haben jedoch grundsätzlich das Recht zur Akteneinsicht hier in der Geschäftsstelle des Insolvenzgerichts und können sich dabei kostenpflichtig Kopien aus der Akte fertigen."
Logosch, fahren wir doch mal ganz fix 60 km nach Dresden, um uns 6 Kopien machen zu lassen, für die wir dann, absolut einleuchtend, auch nochmal 3 € bezahlen dürfen, die dem Gläubiger kein Mensch wieder gibt.

Ich mach das jetzt auch so. Habe mir gerade ein Haus gekauft. Möglicherweise hol ich mir mal schnell noch ein Auto und natürlich die komplette Ausstattung, danach melde ich dann an. Bin ich doch superfein raus :motz :motz :motz :motz

Sorry, das war grade mal wieder nötig
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#18

03.05.2018, 11:04

sternchen160983 hat geschrieben:Ich möchte gern den Schlussbericht einsehen, um mir ein Bild machen zu können. Vom Verwalter kam die Antwort, dass man nicht genug verdiene, um sich die Arbeit zu machen jedem Gläubiger jeden Bericht zukommen zu lassen (auch nicht auf Anfrage...!!!)!
Hat der InsO-Verwalter denn keine Berichte im GIS hochgeladen?

Wobei ich die erste Aussage des Verwalters nur bestätigen kann. Es ist schlichtweg nicht möglich, jedem Gläubiger einen Auszug der Berichte zukommen zu lassen. (Wir haben hier Schuldner mit teilweise 230 Gläubigern...)

Auf Anfrage übersenden wir die Berichte per E-Mail - schnell und unkompliziert.
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#19

03.05.2018, 11:19

Das GIS nutzen hier (hinterm Mond gleich rechts) nur die wenigsten Insolvenzverwalter... :roll: Das wäre ja für alle Beteiligten das Einfachste (wahrscheinlich zu einfach)...

Solche Anfragen machen wir dann auch und ja, meistens kommt die gewünschte Mail auch.

Hier aber nicht. Ich muss jetzt allerdings, zumindest ein Stück, zurück rudern. Habe mir nämlich heute bei der Justizfachangestellten Luft gemacht (und mich gleich entschuldigt, dass die arme Frau meinen Frust jetzt abbekommen muss :pfeif ). Offenbar habe ich Eindruck hinterlassen, da sie einige Zeit später mit der Ripfl gesprochen hatte und wir den Bericht nun doch per Post übersandt bekommen... :yeah

Trotz allem, es ist schlichtweg nervig und ärgerlich.
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mücki
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#20

03.05.2018, 12:11

Grundsätzlich ist das Problem, dass der Insolvenzverwalter mit einem "normalen" IK-Verfahren einfach nur die Regelvergütung bekommt und die liegt bei 100 € netto/jährlich. Ich kann es schon verstehen, dass der dann sagt, sorry aber ich kann nicht noch für 10 Gläubiger 1,45 € Porto (+Papier+Umschlag+Toner+Arbeitskraft) ausgeben, damit diese informiert sind. Meistens ist es aber so, dass man - sofern kein GIS genutzt wird oder die Berichte im GIS nicht hinterlegt sind, was es auch gibt - die Berichte per Mail vom Verwalter übersandt bekommt. Manche erteilen auch telefonische Auskünfte.

Im Übrigen ist tatsächlich so, dass der Insolvenzverwalter nicht verpflichtet ist, den Gläubiger aktuelle Sachstände mitzuteilen. Das ist für die Gläubiger sicherlich ärgerlich, wenn man eine solche Antwort bekommt, wenn man sich aber mal vergegenwärtigt, dass die meisten Insolvenzverwalter nicht nur ein Verfahren haben und auch nicht nur Verfahren mit < als 20 Gläubigern kann man vielleicht auch nachvollziehen, dass die Beantwortung von Sachstandsanfragen oder regelmäßige "freiwillige Infos an die Verfahrensbeteiligten zu versenden" wahnsinnig viele Kapazitäten bindet.
Dumme Gedanken hat jeder, nur der Weise verschweigt sie. Wilhelm Busch
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