Strafanzeige bei Insolvenz zurückziehen?

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neravana
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#1

06.01.2016, 20:24

Hallo ihr Lieben,

ich habe da mal eine ganz bescheidene Frage:

Wir vertreten einen Mandanten, der für den Gegner an dessen Hausdach Arbeiten getätigt hat. Der Schuldner konnte die Forderung nicht komplett begleichen und hat Ratenzahlung angeboten. Diese hat er jedoch nicht eingehalten, sondern sich trotz Mahnungen gar nicht gerührt...

Nun haben wir Strafanzeige bei der zuständigen Polizei gestellt. Daraufhin hat der Schuldner geschrieben und mitgeteilt, er wolle zum nächsten Monatsersten eine größere Zahlung erbringen und ab März wieder die Ratenzahlung aufnehmen. Im Gegenzug dazu will er aber, dass die Strafanzeige zurückgezogen wird. Geht das denn so einfach oder bleibt die bestehen, wenn wir die Zahlungsabsicht und unser Einverständnis hierzu bei der Polizei angeben oder wird das Verfahren eingestellt oder wird das weiterverfolgt? Das Problem ist, dass der Schuldner in der Insolvenz ist und wir ihm jetzt natürlich Betrugsabsichten unterstellt haben. Der Schuldner könnte damit seine Restschuldbefreiung verlieren, sollte das Verfahren weitergeführt werden. Anderenfalls würden wir oder besser gesagt der Mandant aber (erstmal) kein Geld sehen. :sad:

Danke für Eure Tipps!

LG, Julia
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Kanzleihund
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#2

07.01.2016, 11:35

Wenn es sich um eine Insolvenzforderung handelt, d.h. diese vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstanden ist, ist es wichtig, diese als Forderung aus vorsätzlich unerlaubter Handlung zur Insolvenztabelle anzumelden. Diese ist dann gemäß § 302 InsO von der Restschuldbefreiung ausgenommen. Handelt es sich um eine Neuforderung, d.h. Entstehung nach Insolvenzeröffnung, titulieren und feststellen lassen, dass es sich um vorsätzlich unerlaubte Handlung handelt. In diesem Fall ist entgegen der Vollstreckungsverbote der Insolvenzordnung die Zwangsvollstreckung eingeschränkt möglich. Wobei ein bereits gestellter Insolvenzantrag / ein Insolvenzverfahren nicht allein für einen Eingehungsbetrug spricht. Denn mit dem Insolvenzverfahren verbessern sich die Vermögensverhältnisse des Schuldners (oder sollten sie zumindest :vogel ) durch Wegfall der Altverbindlichkeiten. Ich wüsste dann auch nicht, wie die Restschuldbefreiung gefährdet sein sollte. Entgegen der landläufigen Meinung sind neue Schulden kein Versagungsgrund.
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paralegal6
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#3

07.01.2016, 16:40

Wenn ihr Insolvenzgläubiger seid darf er euch eigentlich keine Raten zahlen
Wenn der Verwalter das mitbekommt kann er das Geld auch zurückfordern, so kenne ich das.
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#4

07.01.2016, 17:10

paralegal6 hat geschrieben:Wenn ihr Insolvenzgläubiger seid darf er euch eigentlich keine Raten zahlen
Wenn der Verwalter das mitbekommt kann er das Geld auch zurückfordern, so kenne ich das.
Rückforderung ist nur möglich, wenn die Zahlungen vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens gezahlt wurden [bei dieser Zahlungsweise würde ich aber gm. §§ 129 ff InsO auch zurückfordern]. Im Übrigen hat der Bundesgerichtshof - salopp gesagt - entschieden, dass der Insolvenzschuldner mit seinem unpfändbaren Einkommen machen kann, was er lustig ist. D.h. auch Insolvenzforderungen tilgen.
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