Unterlagen für die Bearbeitung immer unvollständig

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karibikblume
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#1

24.10.2023, 14:52

Huhu ihr. Ich bräuchte eventuell Rat.
Wir bekommen von Autohaus X öfter Unfallsachen. Unsere Vollmacht, sowie der Unfallaufnahmebogen, etc. liegt denen vor. Es war abgemacht, dass das Autohaus den Mandanten diese Unterlagen gibt und wir diese dann vom Autohaus erhalten. So, nun läuft das ganze mittlerweile so ab:

Fall 1: Ich bekomme das Gutachten vom Gutachter. Wenn ich Glück gabe, steht dort Kontaktdaten vom Mandanten drin. Anfangs habe ich mich dann noch an das Autohaus X gewandt und nach unseren Unterlagen gefragt. Nachdem dieses mittlerweile aber gar nicht mehr darauf reagiert, schreibe ich den Mandanten selbst an und überlasse die Unterlagen.

Fall 2: Ich bekomme die Vollmacht und eine Mailadresse vom Autohaus X. Wenn ich gaaanz viel Glück habe, ist der Unfallaufnahmebogen auch dabei. Darin ist aber in 90 % der Fälle nur die erste Seite ausgefüllt. Wie der Unfall passiert ist, Leasing, Bankverbindung etc. fehlt alles. Hier habe ich auch anfangs den Bogen an das Autohaus X zurückgeschickt und um weitere Infos gebeten. Auf diese kann ich aber Jahre warten. Also schreibe ich den Mandant wieder selbst an.

Fall 3: Der Mandant ruft selbst hier an und sagt, er wurde von Autohaus X hergeschickt. Die ganzen Unterlagen hätte er ja schon ausgefüllt und die liegen beim Autohaus. Nur die bekomme ich leider nicht. Also erkläre ich dem Mandanten, dass ich ihm alles nochmal schicke, damit es schneller geht.

Mit Autohaus X haben wir (also auch mein Chef) schon sehr oft geredet. Der Chef (und auch für uns zuständig) ist der Meinung, dass "andere Anwälte das ja auch hinbekommen ohne tausend Mal nachzufragen". Wir haben uns darauf geeinigt, dass er mir einfach die Kontaktdaten der Mandanten schicken soll und ich kümmere mich dann um die von uns benötigten Infos.
Das klappt absolut gar nicht. Ich bekomme immernoch leere Aufnahmebögen, teilweise nur eine unterschriebe Vollmacht oder einfach nur das Gutachten ohne weitere Infos.
Von einigen Mandanten habe ich erfahren, dass denen beim Autohaus X gesagt wird, sie sollen nur ihre Kontaktdaten ausfüllen und die Vollmacht unterschreiben und das wars. Seit Neustem wird denen wohl auch gesagt, dass ja alles abgetreten wäre an das Autohaus und es reicht, wenn sie hier anrufen und sagen, es wäre ein Haftpflichtschaden. Verständlicherweise reagieren einige verständnislos, weil Autohaus X ihnen versichert, dass die Mandanten nichts mehr machen müssen.

Mein Chef weiß um das alles, regt sich auf, hat auch schon sehr oft mit dem Inhaber gesprochen, aber beim nächsten Mal stehe ich wieder vor diesem Problem.

Ich weiß nicht, wie ich weiter vorgehen soll. Insbesondere, wenn die Mandanten sich beschweren, dass sie als Geschädigte gar nicht so viel Zeit in die Sache investieren wollen und das Autohaus denen versprochen hat, dass es sich kümmert.
Vielleicht hatte hier jemand schonmal ein ähnliches Problem und weiß Rat.
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Andy66
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#2

24.10.2023, 15:06

Mir gehts oft genau so. Wir haben Mandanten, die über Autohäuser oder Sachverständige kommen. Manchmal habe ich eine Unterschrift, eine Kontonummer für die Auszahlung und dann noch "Polizei war da". Wenn ich die Leute dann frage, meinen sie, ich könnte alles weitere von der Polizei erfragen. :motz

Letztlich sind weder Sachverständiger noch Werkstatt dafür zuständig, die Informationen zu beschaffen. Dafür fehlt dort das Wissen, was wir wirklich brauchen. Ich bin schon froh, wenn sie die Leute zu uns schicken und ihnen klar machen, dass wir unbedingt von Anfang an mit dabei sein müssen. Denn angefangene Sachen übernehmen wir tatsächlich nicht mehr. Wenn ich daran denke, was die Werkstattleute manchmal an "Rechtsberatung" absondern, bin ich froh, wenn sie es bleiben lassen.

Ich versuche, möglichst bald telefonischen Kontakt zum Mandanten aufzunehmen, stelle uns vor und erläutere, warum wir die Informationen und alle Unterlagen JETZT brauchen. Das klappt meist recht gut. Bei besonders komplizierten Sachen vereinbaren wir einen Besprechungstermin in der Kanzlei. Das klappt recht gut.
Erfahrung ist das, was man bekommt, wenn man das was man will nicht kriegt
karibikblume
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#3

24.10.2023, 15:36

Wenigstens bin ich nicht die einzige 😅
Ich würde ja gerne mal die anderen Anwälte fragen, wie die so ganz ohne Infos und nur mit Gutachten und Vollmacht die Sache bearbeiten. Anscheinend können die das ja alle, außer wir.

Mir wäre es am liebsten, ich würde einfach nur die Kontaktdaten bekommen und dann mich selbst mit dem Mandanten in Verbindung setzen. Das wissen sie, aber es ist denen egal.
Meistens bekomme ich nur eine E-Mail und keine Telefonnummer. Dann schreibe ich den Mandanten und erläutere alles. Aber das Autohaus hat sie natürlich schon vollumfänglich "beraten" und alles liegt denen vor und kaum einer versteht, warum wir jetzt nochmal nachfragen. 🙄
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Andy66
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#4

24.10.2023, 15:55

Ich würde niemals eine Sache nur mit Vollmacht und Gutachten bearbeiten. Das ist viel zu gefährlich. Die Mandanten müssen umfangreich beraten werden. Was ist mit Haftungeinwänden, die müssen frühzeitig ausgeräumt werden, wenn möglich. Ggf. muss ich eine Akte holen. Ist das Fahrzeug geleast/finanziert? Da gibts viele Fallstricke. Und es ist auch unsere Aufgabe (bzw. die des RA), den Mandanten sämtliche Möglichkeiten aufzuzeigen - auch die, die den Werkstätten nicht gefallen könnten. Immerhin ist der Mandant der Auftraggeber, nicht die Werkstatt.

Diese tollen "Beratungen" vom Werkstattpersonal. Es gibt einen Grund, warum ich keine Autos repariere: weil ich es nicht kann. Ich kann da richtig böse werden, wenn sich jemand in meine Arbeit einmischt. Ich geh ja auch nicht hin und erkläre den Mechatronikern ihre Arbeit. Da muss man sich zum Teil schon etwas durchsetzen gegen den allgegenwärtigen Werkstatt-Machismo. Mir kommt zugute, dass ich schon alt genug bin, um mindestens die Mutter, oft auch die Großmutter dieser Leute zu sein. Ich mache Unfallregulierung seit Jahrzehnten und bin selber buchstäblich in einer Werkstatt aufgewachsen.

Letztlich wirst Du es nicht ändern und musst wohl mit dem arbeiten, was Du hast. Vielleiht wird es ja im Lauf der Zeit besser.
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Maximus
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#5

26.10.2023, 09:19

Also, wenn es das Autohaus nicht hinbekommt, sollen die doch einfach eure Visitenkarten auslegen, schlage das deinem Chef mal vor ;)

Argument:
Weniger Arbeit und zufriedene Mandanten
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