Kanzlei oder Rechtsabteilung? (Job Entscheidung)

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FrauChaos
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#1

16.01.2023, 11:25

Hallo ihr Lieben,

ich bin derzeit in einer kleinen "Dorf-Kanzlei" tätig seit ungefähr 4 Jahren. Nun möchte ich mich beruflich schon länger verändern, da ich aus verschiedenen Gründen unzufrieden in meinem jetzigen Job bin. Ich habe in der letzten Woche tatsächlich zwei Zusagen erhalten! Darüber freue ich mich total. Eine Stelle bei einer großen Anwaltskanzlei in einer größeren Stadt, welche in meiner Nähe ist und eine Stelle in der Rechtsabteilung eines internationalen Unternehmens.

Die Konditionen sind im Prinzip gleich. Bei beiden Arbeitgebern habe ich auch ein gutes Gefühl. Nun bin ich mir nur einfach sehr unsicher, wie ich mich entscheiden soll. Auf der einen Seite ist die große Kanzlei total modern, bietet mir flexible Arbeitszeiten, Homeoffice, sehr gutes Gehalt und die Anwälte sind einfach menschlich wirklich super und wertschätzend. (Ganz anders als in meiner jetzigen Kanzlei :-? ). Allerdings bleibt die Arbeit natürlich am Ende gleich. Auch die Aufstiegschancen sind nicht allzu hoch, denke ich. Dafür weiß ich, was mich erwartet und eine Verbesserung wäre es zumindest auf jeden Fall.

Der Job in der Rechtsabteilung bietet mir ebenfalls viel Flexibilität, Homeoffice, ein gutes Gehalt und ein nettes, kleines Team. Außerdem muss ich mich neuen Herausforderungen stellen, was ich sehr spannend finde, mir aber ehrlicherweise auch ein wenig Angst macht. Ich habe eben noch nie in so einem großen und internationalen Unternehmen gearbeitet. Irgendwo denke ich mir aber auch, dass es für meine persönliche und berufliche Entwicklung wichtig wäre, diesen Schritt einmal zu gehen. In eine Kanzlei könnte ich ja immer noch wieder zurück, wenn die Arbeit in dem Unternehmen gar nicht mein Ding ist. Außerdem hätte ich die Möglichkeit, beispielsweise Wirtschaftsrecht zu studieren und somit innerhalb der Rechtsabteilung aufzusteigen. Sicherlich wäre auch ein duales Studium / eine Unterstützung des Unternehmens möglich, falls ich mich dazu entscheide.

Was würdet ihr mir empfehlen bzw. wie würdet ihr entscheiden? Ich bin auf eure Antworten gespannt!

Liebe Grüße

Tine (Frau Chaos) :-)
:panik
Hühnerhaufen
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#2

16.01.2023, 11:38

Kurz und knackig:

Ab in die Rechtsabteilung

:geil
HaseHase2345
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#3

16.01.2023, 11:45

Hallo liebe Tine,

zunächst meinen Glückwunsch zu zwei Jobzusagen! Nun hast du die Qual der Wahl, die dir leider keiner so wirklich abnehmen kann. Vielleicht hilft dir bei der Entscheidungsfindung meine "Geschichte" ein wenig...

Ich war knapp 10 Jahre in einer Kanzlei tätig (mal, 3 mal 4 Anwälte, 2 Angestellte inkl. mir, sowie gelegentlich Azubi oder Jahrespraktikant). Wir waren ein eingespieltes Superteam und ich bin wirklich gerne jeden Tag an die Arbeit gegangen. Hätten sich meine Chefs auf meine Gehaltswünsche eingelassen, wäre ich wahrscheinlich immer noch dort beschäftigt. Da sie dies nicht tun wollten, habe ich mal meinen "Marktwert" getestet und was soll ich sagen, nach nicht mal einem Monat hatte ich eine Zusage von einem großen Unternehmen (Automobilbranche). Mittlerweile bin ich nun fast ein Jahr hier und muss sagen, auch diese Arbeit (hauptsächlich ZV) macht mir Spaß, aber ich vermisse das Kanzleileben trotzdem noch ab und zu.

Eigentlich musst du dir nur darüber im Klaren sein, was du für dich willst... Kennst du dein Aufgabengebiet in der Rechtsabteilung?
Wie du dich entscheiden sollst, kann dir glaube ich keiner sagen. Vertrau auf dein Gefühl! Bei mir damals tatsächlich das Geld der entscheidende Faktor...
Halt mich mal auf dem Laufenden, wie du dich entschieden hast :)

Liebe Grüße
Anja
FrauChaos
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#4

16.01.2023, 11:57

HaseHase2345 hat geschrieben:
16.01.2023, 11:45
Hallo liebe Tine,

zunächst meinen Glückwunsch zu zwei Jobzusagen! Nun hast du die Qual der Wahl, die dir leider keiner so wirklich abnehmen kann. Vielleicht hilft dir bei der Entscheidungsfindung meine "Geschichte" ein wenig...

Ich war knapp 10 Jahre in einer Kanzlei tätig (mal, 3 mal 4 Anwälte, 2 Angestellte inkl. mir, sowie gelegentlich Azubi oder Jahrespraktikant). Wir waren ein eingespieltes Superteam und ich bin wirklich gerne jeden Tag an die Arbeit gegangen. Hätten sich meine Chefs auf meine Gehaltswünsche eingelassen, wäre ich wahrscheinlich immer noch dort beschäftigt. Da sie dies nicht tun wollten, habe ich mal meinen "Marktwert" getestet und was soll ich sagen, nach nicht mal einem Monat hatte ich eine Zusage von einem großen Unternehmen (Automobilbranche). Mittlerweile bin ich nun fast ein Jahr hier und muss sagen, auch diese Arbeit (hauptsächlich ZV) macht mir Spaß, aber ich vermisse das Kanzleileben trotzdem noch ab und zu.

Eigentlich musst du dir nur darüber im Klaren sein, was du für dich willst... Kennst du dein Aufgabengebiet in der Rechtsabteilung?
Wie du dich entscheiden sollst, kann dir glaube ich keiner sagen. Vertrau auf dein Gefühl! Bei mir damals tatsächlich das Geld der entscheidende Faktor...
Halt mich mal auf dem Laufenden, wie du dich entschieden hast :)

Liebe Grüße
Anja
Hallo Anja,

danke erst einmal für Deinen netten Text! Freut mich, dass sich auch für Dich so eine gute Chance ergeben hat! Dass du trotzdem noch ab und an den Kanzleialltag vermisst, kann ich mir vorstellen. Die Arbeit in der Rechtsabteilung ist nun einmal wohl etwas anders. Aber das wichtigste ist ja, dass du glücklich bist und deine Arbeit endlich angemessen vergütet und anerkannt wird!

Jetzt zu mir: Die zukünftigen Aufgaben in der Rechtsabteilug sind sehr vielfältig. Ich werde Standardverträge aufsetzen müssen, Termine koordinieren, interne und externe Reportings schreiben und mich um das Vergabeverfahren kümmern. Auch soll ich mich aktiv dabei einbringen, eine neue Unternehmenssoftware für die Rechtsabteilung zu finden. Da ich ziemlich affin was Digitalität und Technik angeht, hab ich darauf auch echt Lust! Außerdem werde ich selbstständig Korrespondenz (auch auf Englisch) mit Behörden, Notaren, etc. führen und das interne Versicherungswesen betreuen. Was das Versicherungswesen angeht, muss ich mich natürlich noch weiterbilden. Dessen ist sich das Unternehmen aber auch bewusst.
Für mich sind die drei Haupunkte, weshalb ich meine jetzige Stelle kündigen werde:

1. Keinerlei Flexibilität (starre Arbeitszeiten und 1,5 Stunde Mittagspause)
2. Viel zu niedriges Gehalt (gerade so über Mindestlohn!)
3. Cholerische Chefs.

Ich denke, diese Gründe betreffen leider viele von uns.
Letztendlich habe auch ich erkannt, dass ich mir das nicht mehr weiterhin geben möchte und muss.

Liebe Grüße

Tine
:panik
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#5

16.01.2023, 15:09

Hey Tine,

ich will ebenfalls meinen AV kündigen. Meine aktuelle Situation ist einfach körperlich/psychisch belastend. Ich bin heute den ersten Tag im Büro, mir geht's nicht gut und habe ein Unwohlsein im Körper, Bauchregion. Ich habe am Freitag vor Silvester bis 21:30 Uhr gearbeitet, der Rest der Kanzlei ging bereits um 17 Uhr nach Hause.

Später am Abend des 30.12. hatte mich die angestellte Anwältin noch angerufen und mich zu dem Konflikt gefragt der wenige Stunden zuvor entstanden ist. Ich hab einfach nur geschluchzt und mir liefen die Tränen, weil ich komplett nervlich am Ende war. Und weil ich die Mahnbescheide am Freitag nicht mehr geschafft habe, bin ich dann noch am Samstag in die Kanzlei gefahren von 13 Uhr bis 16 Uhr.

Ich bringe mich ein zu 200 %, habe auf alles ein Auge, auf mich lastet viel Verantwortung. Aber die Wertschätzung fehlt komplett, ich habe mir in den letzten zwei Monaten des Öfteren auf die Unterlippe gebissen, aber ich habe im Dezember 22 die Prüfung zum Rechtsfachwirt abgelegt. Ich habe bis 18 Uhr gearbeitet und danach habe ich bis 23 / 24 Uhr in der Bibliothek gesessen. Tag für Tag. Woche für Woche. Deshalb habe ich die Karriereplanung weitestgehend ausgeblendet aber durch den Jahreswechsel kamen die Gedanken. Dann wurde mein Gehalt für Dez. 22 nicht vollständig überwiesen, der RA meinte, jaja, das kommt dann am Montag, also den 02.01.23. Am 04. oder 05.01. hab ich ihn per WhatsApp erinnert und es folgte gar keine Reaktion. Dann habe ich ihn angerufen, und nochmal frohes neues Jahr gewünscht etc. Von seiner Seite kam da gar nichts zurück, kein freundliches Wort. Er hatte lediglich gesagt: Ich bin nicht begriffsstutzig. Der RA hatte mir dann 20 min erklärt, dass das Buchungsprogramm spinnt und er irgendwelche Beträge für die Sozialversicherung berechnet hat. Dann kam das Geld schließlich, aber eben nicht alles. Ich habe es dann dabei belassen und zu meiner Überraschung folgte die Restzahlung dann am 10.01.

Ich habe die vergangenen Wochen intensiv genutzt, um mich zu bewerben. Bis zu 20 Bewerbungen hatte ich geschrieben, von allen Seiten kam nur positives Feedback. Habe bereits einen RA als Favoriten für mich ausgemacht. Hatte letzten Do. ein Vorstellungsgespräch gehabt und hatte sofort das Gefühl, ohja, hier möchte ich auf jeden Fall arbeiten. Dann einen weiteren Termin ausgemacht, für morgen. Zwei Tage später hatte ich am Samstag noch ein Vorstellungsgespräch gehabt. Die Zusage kam während des Gesprächs. Nette RA's auf jeden Fall und die Kollegen würde ich dann diesen Freitag kennenlernen. Diese Woche habe ich so die letzten Gespräche, denn bevor ich nichts unterschrieben habe, werde ich die Termine nicht absagen.

Vorhin hatte ich dann mit dem von mir favorisierten RA telefoniert und er meinte, er würde mich einer anderen Bewerberin bevorzugen, sodass ich gleich ein paar Hüpfer gemacht habe. Aber die Unsicherheit ist natürlich weiter da, weil mich noch ein weiterer RA kennenlernen will. Aber ich hatte mich eben auch bei einem internationalen Unternehmen beworben. Am Mittwoch folgt dann das dritte Gespräch.

Du musst für dich ausmachen, wo du die besten Entwicklungschancen siehst. Was macht dir Spaß, welche Gedanken kommen bei dir beim Unternehmen und welche bei der Kanzlei. Ich habe mir bereits den Kopf darüber zerbrochen, ob ich eher die größere Kanzlei wähle oder doch die von mir favorisierte klein Kanzlei. Beide Kanzleien haben ausgezeichnete Bedingungen sodass ich schon am grübeln bin. Noch schwerer wird es für mich eine Entscheidung zu treffen, wenn mir das Unternehmen ebenfalls zusagen würde. Wenn Du für Dich im Unternehmen die besten Chancen oder Bedingungen hast, würde ich denen zusagen. Sollte dein Herz eher an einer Kanzlei und dem Mandantenbetrieb hängen, dann doch eher die Kanzlei. Irgendwer hat mir mal gesagt, höre auf das, was dein Herz dir sagt. Und dasselbe würde ich Dir ebenfalls raten.

Lass von dir hören wie Du Dich entschieden hast und Liebe Grüße <3
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#6

16.01.2023, 18:34

Herzlichen Glückwunsch zu den Angeboten Frau Chaos. ich persönlich würde wohl immer den Anwalt der freien Wirtschaft vorziehen. ich hatte im laufe meiner beruflichen Karriere schon mehrmals (deutlich) lukrativere Angebote aus der freien Wirtschaft die ich bislang immer ausgeschlagen haben.
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#7

17.01.2023, 07:44

Ich arbeite seit 28 Jahren in einer Rechtsabteilung und würde nie wieder in eine Kanzlei zurückgehen. Ich habe den Kanzleialltag auch nie vermisst. Die Vorteile eines Wirtschaftsunternehmens überwiegen einfach (z.B. Gleitzeit, flexible Mittagspause, Gehalt, etc.).
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#8

17.01.2023, 09:13

steht und fällt alles mit dem Arbeitgeber. Hatte von Kanzleien auch die Nase voll und hab dann ein nettes Büro gefunden. Arbeitszeiten kann man hier auch absprechen. Geld gibt es hier weniger aber da ich nicht Vollzeit arbeite ist das bei mir nicht so ausschlaggebend. Rechtsabteilung stelle ich mir nicht so breit gefächert vor. War kurzzeitig beim Inkassounternehmen und fand das sterbenslangweilig
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FrauChaos
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#9

17.01.2023, 12:04

Hallo Leute,

ich habe Neuigkeiten! Wenn auch nicht so schöne. Erst einmal noch vielen Dank an Euch alle, die mir bisher geantwortet haben! Ich hab mich über jede Meinung sehr gefreut.

Jedenfalls hatte ich nun gestern das finale Gespräche mit der obersten Geschäftsführerin. Mir wurde vorher von dem Abteilungsleiter der Rechtsabteilung eben schon verkündet, dass er die Einstellungsempfehlung weitergeben wird und ich mir eigentlich sicher sein kann, eingestellt zu werden. Soweit so gut. Das Gespräch lief erst ganz gut. Dann aber hat die Geschäftsführerin mir einige Dinge eröffnet, die ich so nicht akzeptieren möchte. Es geht hier um eine 40 Stunden Woche mit Vertrauensarbeitszeit. Sie sagte mir dann plötzlich, dass es gut sein kann, dass ich auf öfter mal 42-45 Stunden pro Woche arbeite und wenn ich unbedingt auf die 40 Stunden kommen will, müsste ich lieber einen 35-Stunden-Vertrag abschließen, damit ich mehr Puffer nach oben habe. Gehts noch? :D Es scheint also völlig normal und Standard zu sein, ständig Überstunden zu machen. Die Vertrauensarbeitszeit wird dort völlig ausgenutzt zum Vorteil des Arbeitgebers - das ist mein Eindruck und ich denke, ich liege damit richtig. Des Weiteren wurde mir dann verkündet, dass ich damit rechnen müsste, öfter mal von einigen männlichen Kollegen angeschnauzt zu werden, da würden sich mehrere öfter im Ton vergreifen. Aber da wäre man ja dran und würde versuchen, das Problem zu lösen. Ich dachte mir nur, wow jetzt hab ich wirklich total Lust bei euch anzufangen!!! :-) (Ironie).

Naja, jedenfalls werde ich diese Stelle nicht annehmen. Ich denke nicht, dass ich damit glücklich werde. Sehr schade, aber kann man nichts machen.

Nun stellt sich die Frage, ob ich die Stelle in der Kanzlei annehme oder nicht...

Liebe Grüße

Tine
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#10

17.01.2023, 12:31

du schreibst doch, dass du unzufrieden im jetzigen Job bist? was überlegst du denn dann jetzt noch
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