Perspektive nach Ausbildung

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Ryutsun
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#1

30.03.2022, 15:47

Moin zusammen,

bin jetzt seit Februar ausgelernt und habe meinen Abschluss mit insgesamt "gut" bekommen, womit ich auch mehr als zufrieden bin. Nun eier ich gerade aber eher noch etwas rum :D

Von meiner Ausbildungskanzlei (Inso) sollte ich eigentlich übernommen werden. Durch Unstimmigkeiten wurde mir am Tag, wo ich den Vertrag unterzeichnen bzw. überhaupt das 1. mal sehen sollte dann gesagt, ich solle doch lieber gehen (1 Tag nach bestandener mündl. Abschlussprüfung).

Zum Glück hab ich schnell wieder was gefunden, wo ich mir jedoch noch nicht sicher bin, ob das was für einen längeren Zeitraum ist. Arbeite nun bei einer Behörde als Sachbearbeiter und verdiene okay. Bei einer Kanzlei könnte ich vermutlich einiges bis wesentlich mehr verdienen, je nach Branche, Einsicht des/r RA/in und Verhandlungsgeschick, schätze ich. Allerdings ist es hier natürlich total entspannt, vergleichen mit Kanzleiarbeit.

Auch bei meinem Bewerbungsgespräch hier wurde mir klar kommuniziert, dass ich quasi die freie Wahl habe und in jeder Kanzlei in ganz Berlin arbeiten kann, wenn ich wollte, das aber eben arbeiten unter anderen Bedingungen bedeutet, wenn auch besser bezahlt.

Während meiner Ausbildung wurde uns oft gesagt, dass man ja so viel machen könne, auch abseits von Kanzleien. So richtig schlau bin ich da aber noch nicht geworden, was das nun genau bedeutet. Meist hieß es dann nur "überall, wo es eine Rechtsabteilung" gibt, aber wie genau man nach solchen Stellen ausschau hält, ist mir leider fremd.

Ich bin derzeit nicht unzufrieden per se, aber man fragt sich ja doch ab und zu, ob es nicht doch noch etwas "besseres" oder passenderes gibt.
Kanzleien sind bei mir eher weiter hinten in der Auswahl, einfach aufgrund der Erfahrungen und dem, was andere auch ständig bestätigen. Festgefahrene Arbeitsmethoden, meist noch schlechte Bezahlung, da nur wenige eingesehen haben, dass die Leute sich nicht mehr mit 12€/h zufrieden geben und dazu die unrealistische Erwaltungshaltung mit Druck durch Fristen etc. und selbstverständlich angesehene Überstunden.

Forderungsmanagement bzw. Inkasso fiele mir halt noch ein, da ich ja durch die Inso selbst recht viel ZV gemacht habe, was mir auch Spaß gemacht hat, aber keine Ahnung wie da so die Vergütung und Arbeitsbedingungen sind, sofern man das überhaupt pauschal sagen kann. Hat sonst jemand vielleicht Ideen oder Anregungen, wonach ich ausschau halten könnte oder hatten wir (Klassenkameraden und ich) einfach nur Pech mit Kanzleien und es ist nicht so schlimm, wie geschildert?

Bin dankbar für jede Anregung x)
Pitt
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#2

30.03.2022, 18:14

Derzeit suchen tatsächlich sehr viele Kanzleien Fachkräfte. Wenn Du etwas in Berlin suchst, findest Du z. B. beim RENO Bundesverband unter Jobbörse immer viele Stellenangebote von Kanzleien. Wenn Du lieber in einer Rechtsabteilung arbeiten möchtest, dann schau dich am besten auf den Websites größerer Firmen um, die dein Interesse wecken. Baugesellschaften, Hausverwaltungen, Entsorgungsunternehmen..., da gibt es viele Möglichkeiten. Und auch, wenn wir alle hier schlimme Kanzleien kennen oder selbst erlebt haben, es gibt auch gute Kanzleien. Wie auch immer Du dich entscheidest, ich wünsche dir viel Glück!
Ryutsun
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#3

31.03.2022, 08:21

Pitt hat geschrieben:
30.03.2022, 18:14
Derzeit suchen tatsächlich sehr viele Kanzleien Fachkräfte. Wenn Du etwas in Berlin suchst, findest Du z. B. beim RENO Bundesverband unter Jobbörse immer viele Stellenangebote von Kanzleien. Wenn Du lieber in einer Rechtsabteilung arbeiten möchtest, dann schau dich am besten auf den Websites größerer Firmen um, die dein Interesse wecken. Baugesellschaften, Hausverwaltungen, Entsorgungsunternehmen..., da gibt es viele Möglichkeiten. Und auch, wenn wir alle hier schlimme Kanzleien kennen oder selbst erlebt haben, es gibt auch gute Kanzleien. Wie auch immer Du dich entscheidest, ich wünsche dir viel Glück!
Super, vielen Dank für die schnelle Antwort! Werd mich am Wochenende mal etwas intensiver damit beschäftigen und mich auf der Seite bzw. bei einigen Unternehmen umschauen. Wie gesagt, gegen Kanzleien ansich bin ich ja nicht, hatte auch seine guten Seiten :)

Dass viele Kanzleien suchen, wusste ich tatsächlich teils durch meine alte Kanzlei, die in 2 1/2 Jahren nicht eine Refa bekommen hat (wie sehr da gesucht wurde, lassen wir mal so stehen) und auch durch Infos aus der Klasse, wo einige Bekannte bzw. ehemalige Mitarbeiter regelrechte Glücksgriffe gelandet haben und in Teilzeit mehr verdienen als einige gerade in Vollzeit. Dazu wurde mir das hier auch beim Gespräch gesagt, dass es teilweise sogar erpresserische Ausmaße annimmt auf Seiten der Refa/Reno - wer auch immer das eben beurteilt.

Will nicht zu sehr abschweifen, aber:
Für mich als quasi Berufsanfänger ist es eben auch sehr schwierig, realistische Gehaltsvorstellungen zu haben. Hat sich ja alleine in den letzten 2-3 Jahren auch gefühlt sehr viel geändert und man hat kaum Vergleiche. Hab das Gefühl, man kann für die gleiche Stelle in verschiedenen Kanzleien mit ähnlichem Stand Unterschiede von bis zu 1.000 € brutto haben.

Wenn ich mal ein paar Zahlen in den Raum werfen darf: In meiner ehem. Klasse wurden einer Mitschülerin 12€/h angeboten. Das ist m. E. schon frech, ob frisch ausgelernt oder nicht. Problematisch daran: Ich weiß, dass einige das sogar annehmen weil sie aus der albernen ~700€ brutto Ausbildungsvergütung kommen, da wirkt das dann natürlich erstmal unglaublich viel.

Meine ehem. Refa-Vorgsetzte von anfang 2020 hat mir empfohlen, bevor sie gekündigt hat, nicht unter 2300 einzusteigen. Das entspricht ja eher 13€/h, war aber eben auch 2020. Heute würde ich persönlich, nach Rücksprache mit einem Kumpel aus der Klasse, der das exakt gleiche Abschlusszeugnis wie ich hat, nirgends mehr unter 15€/h bzw. sogar 16€/h anfangen und das sehe ich schon als unterste Grenze. Ist das realistisch? Meine Ausbildungskanzlei hätte mich für ~16€/h + Fahrkarte übernommen, aber da gab es ganz andere Probleme - Geld ist eben auch nicht alles.

Klingt natürlich gerade alles so, als würde ich die eierlegende Wollmilchsau suchen - wer tut das nicht :D Aber ich hab' leider gesehen, wieviele Kolleginnen sich viel zu sehr unter Wert verkaufen, alleine in meiner alten Kanzlei und das fand ich total schade und möchte ich eben so für mich nicht. Die meisten Aspekte am Beruf gefallen mir und machen Spaß, aber gerade bei den Berliner Mieten muss man ja auch gucken wo man bleibt :ka

Am besten bewerb' ich mich einfach mal auf 2-3 für mich ansprechende Kanzleistellen auf der genannten Seite und schau dann, was so für Zahlen rumgeistern oder ob man wirklich eher abseits suchen sollte :x
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Anahid
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#4

31.03.2022, 09:22

Grundsätzlich ist es immer so, dass beide Seiten am Ende zufrieden sein müssen. Ich kenn die Gehaltsstruktur in Berlin nicht, aber ich denke, die dürfte sich wohl nicht viel von München unterscheiden und da wirst Du als Berufsanfängerin mit einem Gehalt von 2.300,00 € bis 2.500,00 € brutto ohne Probleme eine Kanzlei finden. Aber es wird sicher auch die eine oder andere Kanzlei geben, die noch mehr zahlt, eben weil sie händeringend suchen. Aber ich denke dennoch nicht, dass die sich erpressen lassen. Irgendwo ist dann halt eine Grenze erreicht, wo man nicht bereit ist, mehr zu zahlen.

Schau Dich um und guck, ob Du was findest. Ich wünsche Dir viel Erfolg bei Deiner Suche.

Und nur mal nebenbei: Geld alleine hilft auch nicht, bei einem fürchterlichen Unternehmen oder Anwalt oder was auch immer zu arbeiten. Wenn der Job keinen Spaß macht, dann bringt das nichts. Man muss schauen, dass man ein akzeptables Gehalt bekommt und gerne zur Arbeit geht. Wenn Dir jemand beim Vorstellungsgespräch direkt unsympathisch ist, dann hilft es auch nichts, wenn der Dir viel Geld zahlt; denn glücklich wirst Du da eher nicht und Burn Out oder Magengeschwüre braucht wohl keiner. 8)
:katze2 Jeder Tag ist ein Geschenk ... aber manche sind einfach grottenschlecht verpackt. :katze1
Ryutsun
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#5

31.03.2022, 11:32

Anahid hat geschrieben:
31.03.2022, 09:22
Grundsätzlich ist es immer so, dass beide Seiten am Ende zufrieden sein müssen. Ich kenn die Gehaltsstruktur in Berlin nicht, aber ich denke, die dürfte sich wohl nicht viel von München unterscheiden und da wirst Du als Berufsanfängerin mit einem Gehalt von 2.300,00 € bis 2.500,00 € brutto ohne Probleme eine Kanzlei finden. Aber es wird sicher auch die eine oder andere Kanzlei geben, die noch mehr zahlt, eben weil sie händeringend suchen. Aber ich denke dennoch nicht, dass die sich erpressen lassen. Irgendwo ist dann halt eine Grenze erreicht, wo man nicht bereit ist, mehr zu zahlen.

Schau Dich um und guck, ob Du was findest. Ich wünsche Dir viel Erfolg bei Deiner Suche.

Und nur mal nebenbei: Geld alleine hilft auch nicht, bei einem fürchterlichen Unternehmen oder Anwalt oder was auch immer zu arbeiten. Wenn der Job keinen Spaß macht, dann bringt das nichts. Man muss schauen, dass man ein akzeptables Gehalt bekommt und gerne zur Arbeit geht. Wenn Dir jemand beim Vorstellungsgespräch direkt unsympathisch ist, dann hilft es auch nichts, wenn der Dir viel Geld zahlt; denn glücklich wirst Du da eher nicht und Burn Out oder Magengeschwüre braucht wohl keiner. 8)
Also meine alte Kanzlei hatte eine Anzeige für 3.000 € drin. Bei denen würde ich trotz des Gehalts nicht anfangen wollen, also stimmt natürlich, dass Geld nicht alles ist. Da sind meine Azubi-Kollegin und ich tatsächlich regelmäßig mit schlechtem Gefühl bis hin zu körperlichem Unwohlsein hingegangen.

Ich glaube, dass ich derzeit durchschnitt oder minimal darüber verdiene, allerdings eben als Sachbearbeiter. Das heißt, wenn ich irgendwann mal Lust hätte den Fachwirt zu machen, würde mir die Zeit hier nicht angerechnet werden, was natürlich etwas schade ist. Allerdings sind die Kolleginnen übertrieben nett und hilfsbereit, Gleitzeit und 0 Überstunden und die Arbeitsmoral ist eben einer Behörde entsprechend. Heißt nicht, dass nicht gearbeitet wird. Aber es ist eben ne 180° Wende vergleichen mit den meisten Kanzleien, denke ich. Super entspannt eben. Nur fachlich werde ich eben nicht wirklich gefordert.

Ich schau mal, was die nächsten Wochen bringen und halte Ausschau. Bin zum Glück nicht in einer Position, wo ich dringend weg muss oder will. Ist eher eine "ich schau mal was es noch so gibt"-Sache.

Aber natürlich trotzdem Danke, vielleicht findet sich ja was schönes.
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