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Synergieeffekt

Verfasst: 14.03.2021, 17:57
von newbie
Hallo liebe ReNos und ReFas,

ich bin junger Rechtsanwalt, der kurz vor seiner ersten Stelle in einer kleinen Kanzlei mit 5 Anwälten steht (normale FWW mit Familienrecht, Strafrecht, allg. Zivilrecht). Jetzt habe ich noch nie mit euch zusammen gearbeitet, und wollte einfach mal vorab in die Runde fragen, wie ihr euch eine gute Zusammenarbeit mit dem Anwalt vorstellt.

Was könnt ihr alles so? Post? Fristenkontrolle, -berechnung und Wiedervorlagen, Korrespondenz mit dem Gericht in puncto KFA, PKH,...? Zwangsvollstreckung und Mahnverfahren? Buchhaltung und RVG-Rechnungen schreiben? Oder auch eigenständig mal nen Schriftsatz anfertigen?

Was mögt ihr gar nicht? Diktate schreiben sei nicht so beliebt, hat mir ein Kollege gesteckt.. Fühlt ihr euch unterfordert vom bloßen Schreiben und Akten sortieren?

LG aus Bayern

Re: Synergieeffekt

Verfasst: 15.03.2021, 08:55
von Lämmchen
Herzlich Willkommen!

Ich glaube, das kann man pauschal gar nicht sagen. Es gibt ReFas, die selbständig arbeiten und arbeiten wollen. Die können dann auch alleine abrechnen, die ZV, Mahnverfahren durchführen und auch "normale" Schriftsätze fertigen. Die Fristenkontrolle sollte eine ReFa auch beherrschen, haften tust allerdings Du als RA dafür. Gerade wenn Du neu bist, solltest Du alles auf dem Schirm haben. Abrechnungen nach RVG und auch Zeiterfassung wie auch Kostenfestsetzung etc. gehört zum Standard einer ReFa - sollte es zumindest.

Diktate schreiben ist so eine Sache. Ich schreibe tatsächlich ganz gerne auch mal ein Diktat runter. Das entspannt teilweise. Was ich persönlich nicht leiden kann, sind Bänder, auf denen ellenlange Anweisungen diktiert werden. Wenn eine Akte abgerechnet werden soll, reicht eine Anweisung "Bitte hier abrechnen".

Ich denke, das wird sich alles finden. Bei Berufsanfängern geht das alles natürlich nicht so fix - sie lernen ja genauso noch wie Du auch.

Re: Synergieeffekt

Verfasst: 15.03.2021, 10:09
von sh161
Hallo Newbie,

klare Antwort: Es kommt darauf an. ;)

Was man selbständig erledigen kann, kommt sehr auf die jeweiligen Erfahrungen an. Post, Termine und Fristen sollte jeder können. Mahnverfahren, ZV und Abrechnungen lernt man auch in der Ausbildung, wenn man es hinterher aber nie wieder macht, braucht man mehr Anleitung. In meinem Bereich bereite ich auch mal Schriftsätze selbst vor. Allerdings geht es dem RA manchmal schneller von der Hand. Einiges geht aber auch über vorgefertigte Musterschriftsätze einfach und schnell.

Buchhaltung muss man auch können und wollen. Ich hatte mal eine Kollegin, die überhaupt nicht mit Zahlen umgehen konnte, die wäre mit der Buchhaltung heillos überfordert gewesen, war in ihrem Bereich aber top.

Diktate Schreiben ist - je nach technischer Ausstattung und Vorlieben/Können des RA - mal notwendiges Übel, mal eine entspannende oder interessante Aufgabe.
Mittlerweile schreibe ich nicht mehr nach Band, sondern korrigiere nur die vom RA mit Spracherkennung erstellten Schreiben. Aber dadurch bin ich auf dem Stan der Dinge. Meine RAin fertigt alle ihre Schreiben komplett selbst. Da habe ich immer das Problem, dass ich überhaupt nicht weiß, worum es geht.
Bezüglich der Anweisungen kann ich mich Lämmchen aber nur anschließen. Ewig lange Anweisungen mag ich mir auch nicht anhören müssen.

Letztlich passt man sich als ReNo/ReFa auch jeweils dem neuen RA an. Besprich am besten mit den Mitarbeiter/innen, wer was kann und guckt dann zusammen, wie ihr euch die Aufgaben aufteilt.

Re: Synergieeffekt

Verfasst: 15.03.2021, 11:15
von Dany1981
Herzlich Willkommen! :wink1

Kann auch nur sagen, dass jede Kanzlei es etwas anders handhabt. Vielleicht gibt es ja jemanden, der einen Rundgang mit dir macht und alles erklärt.
Mein jetziger Chef fertigt seine Schriftsätze selbst an, entweder per Hand oder Spracherkennung. Ich lese sie nochmals Korrektur dann. So minimieren wir Rechtsschreibfehler und ich bin auf dem Laufenden. :mrgreen:

In meiner alten Kanzlei hatte ich einen Anwalt, der hat sogar diktiert, wenn man nur was abheften sollte. Das bekommen wir auch ohne Anweisung hin. :mrgreen:

Ich denke mal, dass es dort mehrere Refa's gibt und jede vielleicht so ihr eigenes Aufgabengebiet.

Dann viel Erfolg beim neuen Job! Und immer schon lieb und freundlich zu den Refa's sein. ;)

Re: Synergieeffekt

Verfasst: 15.03.2021, 14:11
von Tigerle
Hallo Newbie,
also ich persönlich würde mich bei bloßem Schreiben nach Diktat und Akten sortieren tatsächlich unterfordert fühlen. In der Kanzlei schreibe ich keinerlei Diktate, sondern fertige die Schriftsätze - soweit dies eben durch möglich ist - an. Auch die Abrechnungen etc. erledige ich selbst.

Was ich jedoch schon lange nicht mehr gemacht habe ist die Buchhaltung, da in den Kanzleien, in denen ich nach der Lehre war (in der Lehre habe ich das Vorkontieren in der Kanzlei erledigt) dies entweder die Anwälte selbst erledigt haben oder eine extra Buchhaltungskraft vorhanden war.

Prinzipiell kommt es aber natürlich auf jede ReFa (wie schon geschrieben) wurde an. Wenn ich in eine neue Kanzlei komme, dann möchte ich gern wissen, wie es dort gehandhabt wird udn lasse mir Sachen zeigen, die ich sonst selbständig erledige. Dann übernehme ich dies Sache soweit wie möglich selbst. Und ich bin dann auch so frei und bringe Verbesserungsvorschläge. Wobei ich aber auch gern Verbesserungsvorschläge der Anwälte annehme.

Jede Kanzlei handabt das ein oder andere anders. Manche Rechtsanwälte möchten einfach alles diktieren, selbst den kleinsten Kenntnisnahmezettel. Manchmal denke ich, entweder waren die lange Einzelkämpfer oder hatten wirklich Pech mit den Angestellten, dass die ReFa das nicht automatisch abgenommen hat.
Ich denke ein Refa sollte grundsätzlich einen RA entlasten und ihm soviel wie möglich abnehmen, sodass sich dieser auf den wesentlichen Teil (oder wie man so schön sagt, sein Kerngeschäft) konzentrieren kann. Es würde ja wenig Sinn machen, wenn wir das alles in der Ausbildung lernen und nachher nicht anwenden. Alles was man nicht anwendet gerät leider leicht in Vergessenheit. Gerade die Vielfältigkeit unseres Berufs macht diesen interessant. Wenn ich täglich stur die gleiche Tätigkeit machen will, dann hätte ich den Beruf nicht lernen müssen, dann hätte ich einen anderen Beruf gefählt.

Rechtliche Prüfungen und Ausführungen sollte der Anwalt natürlich übernehmen.

Re: Synergieeffekt

Verfasst: 15.03.2021, 14:39
von sh161
Dany1981 hat geschrieben:
15.03.2021, 11:15
Und immer schon lieb und freundlich zu den Refa's sein. ;)
Kuchen hilft. :kaffee

Re: Synergieeffekt

Verfasst: 15.03.2021, 14:40
von Dany1981
sh161 hat geschrieben:
15.03.2021, 14:39
Dany1981 hat geschrieben:
15.03.2021, 11:15
Und immer schon lieb und freundlich zu den Refa's sein. ;)
Kuchen hilft. :kaffee
Oder Schokolade.

Also zum Einstand sollte man auf jeden Fall was dabei haben, gell? :mrgreen:

Re: Synergieeffekt

Verfasst: 15.03.2021, 15:13
von Anahid
newbie hat geschrieben:
14.03.2021, 17:57
Diktate schreiben sei nicht so beliebt, hat mir ein Kollege gesteckt.. Fühlt ihr euch unterfordert vom bloßen Schreiben und Akten sortieren?
Die Frage ist schon echt Hammer. :schock Unabhängig davon, dass Diktate schreiben wohl ins Mittelalter gehört in einem Zeitalter der Spracherkennung hat eine ReFa, die sich von bloßem Schreiben und Akten sortieren nicht unterfordert fühlt, wohl irgendwie den Beruf verfehlt. Da kann man sich auch gleich ans Fließband stellen. Und nur, weil man mit Diktaten überhäuft wird und nicht hinterher kommt, die alle zu schreiben, ist man deswegen nicht "gefordert", sondern überarbeitet. Nur mal so ein kleiner Hinweis darauf, wie solche Sprüche ankommen können. :patsch

Re: Synergieeffekt

Verfasst: 15.03.2021, 15:29
von Sylvia1964
Hallo newbie,

willkommen im Kanzleialltag. Ich sehe es positiv, dass Du Dir Gedanken um das Miteinander machst.
Letztlich ist jedes Team aus Anwalt und ReNo/ReFa so erfolgreich, wie es harmonisch und in stürmischen Zeiten verlässlich miteinander arbeitet.

Meine Empfehlung ist es, Fristen so rechtzeitig zu bearbeiten dass Schriftsatzentwürfe noch zeitlich entspannt mit dem Mandanten geklärt werden können und dass fristbehaftete Schreiben so rechtzeitig raus gehen, dass kein Stress mit Fristablauf aufkommt.
Die Qualität der Arbeit steigt und das Stresslevel sinkt, wenn da frühzeitig gearbeitet wird.

Letzen Endes muss es ja doch gemacht werden, dann lieber ohne Druck.

Darüber hinaus lernt man sich im Lauf der Zeit kennen und sollte sich auch was trauen und zutrauen.

Re: Synergieeffekt

Verfasst: 15.03.2021, 15:30
von newbie
Anahid hat geschrieben:
15.03.2021, 15:13
newbie hat geschrieben:
14.03.2021, 17:57
Diktate schreiben sei nicht so beliebt, hat mir ein Kollege gesteckt.. Fühlt ihr euch unterfordert vom bloßen Schreiben und Akten sortieren?
Die Frage ist schon echt Hammer. :schock Unabhängig davon, dass Diktate schreiben wohl ins Mittelalter gehört in einem Zeitalter der Spracherkennung hat eine ReFa, die sich von bloßem Schreiben und Akten sortieren nicht unterfordert fühlt, wohl irgendwie den Beruf verfehlt. Da kann man sich auch gleich ans Fließband stellen. Und nur, weil man mit Diktaten überhäuft wird und nicht hinterher kommt, die alle zu schreiben, ist man deswegen nicht "gefordert", sondern überarbeitet. Nur mal so ein kleiner Hinweis darauf, wie solche Sprüche ankommen können. :patsch
Ich wollte hier niemanden angreifen, nur halt vorher online Meinungen einholen, um nicht als Dinosaurier zu gelten...

Mit Bürosoftware kenne ich mich auch überhaupt nicht aus, daher muss ich wohl abwarten was für ein Spracherkennungsprogramm meine Kanzlei benutzt und wie die Kollegen das machen.

An alle anderen: Vielen Dank für die Antworten!

:thx