Einstiegsgehalt

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hantasi
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#1

22.12.2020, 14:00

Liebe foreno-Schreiber*innen,

ich muss mich erst einmal bedanken - habe die letzten knapp drei Jahren immer wieder hier viel Hilfe gefunden, auch wenn ich mich nie registriert hatte. Ihr habt mich auf jeden Fall gut durch meine Ausbildung begleitet! :thx

Zu meinem eigentlichen Anliegen:
Ich werde nächstes Jahr im Februar meine Abschlussprüfung ablegen und werde wie es aussieht in meiner Ausbildungskanzlei bleiben. Mir wurde schon signalisiert, dass sie mich gerne behalten würden. Jetzt stellt sich natürlich die Frage nach dem Einstiegsgehalt.

Zu mir:
- jetzt 24, kinderlos (und das wird sich auch nicht ändern in nächster Zeit)
- wohne alleine in 1-Zimmer-Wohnung in nicht ganz günstiger Großstadt
- Ausbildungsgehalt war leicht unterdurchschnittlich (aber nicht unanständig niedrig), wurde durch Kindergeld und BAB kompensiert, alle Lehrmaterialien (auch zusätzliche) und Azubi-Ticket wurden mir bezahlt.

Ein paar Eckdaten zur Kanzlei:
- Großstadt
- Bürogemeinschaft, fünf Einzel-RAen/RAinnen, ab Mitte nächsten Jahres vermutlich ein sechster, meistens zusätzlich noch ein Referendar
- Rechtsgebiete: Strafrecht, Mietrecht, Migrationsrecht, Familienrecht, Sozialrecht
- Abrechnung vor allem nach RVG, viel VKH, PKH, teilw. Beratungshilfe
- ich bin die einzige Angestellte, die von allen bezahlt wird - für manche nur zum telefonieren, für andere mache ich noch mehr (siehe nächster Punkt). Manche haben noch 450,00 € Aushilfen/Studis zum Akten kopieren oder ähnliches.
- ich mache eigentlich alles, was anfällt: Empfang, Sekretariat (also telefonieren, Post, Fristen, Wiedervorlagen, ...), Diktate, selbstständige Schreiben, Rechnungen, KFAs, Akten kopieren, teilweise auch kleinere Rechercheaufgaben oder Inhaltsverzeichnisse für Akten bei großen Strafverfahren anlegen o. ä.)

Ich wurde sehr gut ausgebildet, mir wurde immer die Möglichkeit gegeben alles zu fragen, mir wurde alles Schritt für Schritt erklärt, es wurde viel kontrolliert und Rückmeldung gegeben (im 3. LJ jetzt natürlich weniger, außer Fristen) - obwohl ich die einzige und erste Auszubildende war und es keine ReFa gibt. Die Kommunikation ist und war immer auf Augenhöhe, Überstunden kamen in den drei Jahren quasi nie vor. Wenn ich zum Arzt musste oder Handwerker daheim hatte, hat nie jemand verlangt, dass ich mir Urlaubstage nehme usw. usw. - Alles in allem einfach ein gutes Arbeitsklima, was ich mir gerne bewahren würde.

Ich würde gerne mindestens mit einer 4-Tage-Woche (80 %) bei 2000 brutto rauskommen, sprich ca 1400 netto im Monat. Ist das in Ordnung? Verkaufe ich mich unter Wert? Oder ist das als Einstiegsgehalt schon viel zu viel verlangt?

Wir haben uns schon in der Berufsschulklasse ausgetauscht, wer wie viel so fordern wird. Es gibt die "Selbstbewussten", die versuchen wollen, mehr auszuhandeln (die sind allerdings auch eher in Großkanzleien mit Stundensätzen und Rechtsgebieten, die etwas ertragreicher sind als bei meiner Kanzlei) und andere, die "Schüchternen", die sich nicht trauen irgendetwas zu fordern und vermutlich einfach das annehmen werden, was ihnen angeboten wird (die sind sowohl bei kleinen Kanzleien, Großkanzleien und Einzelanwälten anzutreffen, egal welches Rechtsgebiet).

Was waren denn eure Einstiegsgehälter? Oder was verdient ihr jetzt so, nach einigen Jahren im Job? Wenn ihr in Personalverantwortung seid, welche Zahlen kommen euch da so auf den Tisch?
Klar, man kann das nur begrenzt vergleichen, weil es regional natürlich große Unterschiede gibt, zudem noch Inflation, Corona usw. - aber es wäre nett mal eine Einschätzung von anderen zu hören.

Liebe Grüße und Dank im Voraus für die Antworten! :thx
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icerose
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#2

22.12.2020, 16:14

Hallo und willkommen hier, Hantasi. :wink1

Du sagst es, die Unterschiede sind groß - je nach Gebiet und Größe der Kanzlei. Aber wenn du allein für 5 RAe arbeitest, sollte da schon was bei rauskommen. Also fange deine Verhandlung noch etwas höher an, damit du am Ende da bist, wo du es möchtest.

Hier ein Beispiel aus Berlin: Einzelanwalt, Einstieg (2007) bei 1.500 brutto, nach 14 Jahren sind es (weil 2013 mal gut verhandelt wurde) 2.250 brutto. 40 Stunden und 5 Tage Woche. Urlaub 28 Tage. Hier und da mal ohne Schein fehlen ist auch kein Ding.
Aber bald werden es drei RAe sein (wovon jeder seine eigene ReFa hat), gleicher Urlaub, 5 Tage-Woche, und 2.800 brutto (für die Probezeit), danach noch etwas mehr, bei einer 38 Stunden-Woche.

Liebe Grüße und schöne Feiertage wünsche ich Dir.
Mit mir kann man Pferde stehlen ... aber morgen bringen wir sie zurück :!:
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mücki
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#3

23.12.2020, 21:14

Herzlich willkommen im Forum.

Anderes Beispiel aus Berlin (größere Kanzlei, allerdings im "Westen"): Einstiegsgehalt 2004 = 1.400 € brutto, Urlaub weiß ich nicht mehr, aber so 25 - 28 Tage, heute 2.000 brutto für 30 h. In einer vormaligen Kanzlei lag das Einstiegsgehalt nach der Ausbildung 2016 bei 1.600 € brutto für 40 h.

Ich denke, 2.000 € sind für einen Berufsanfänger ziemlich hoch gegriffen, zumindest hier in der Region. Zudem schließt das weitere Gehaltsverhandlungen für lange Zeit aus. Letztlich kommt es aber immer auf die Umstände und das Verhandlungsgeschick an.

Außerdem spielen, zumindest für mich, bei Gehaltsverhandlungen die Faktoren Probezeit, Urlaub, Überstunden und deren Abgeltung eine Rolle.
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schubertine
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#4

28.12.2020, 12:55

Ich will mal das Einstiegsgehalt im ÖD als Angestellte in einer Serviceeinheit (früher: Geschäftsstelle) mitteilen:

Dieses liegt in E 5 bei ca. 2.550,00 brutto und in E 6 bei ca. 2.650,00 - jeweils Vollzeit. Das sind die neuen Tarifgehälter ab 01.01.2021.

Nach zwei Jahren gibt es jeweils ca. 200,00 brutto mehr. Weihnachtsgeld sind 80 oder 85 % (genau weiß ich es gerade nicht) jeweils eines durchschnittlichen Bruttogehaltes. 30 Arbeitstage Jahresurlaub.
hantasi
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#5

28.12.2020, 17:36

Danke für eure Beiträge!

Vielleicht ist es tatsächlich schwer zu vergleichen, wenn man noch vor der Einführung des Mindestlohns angefangen hat. Vollzeit und 1400,00 oder 1500,00 € brutto, wie mücki und icerose geschrieben haben, hören sich so an, als wäre das unter der heutigen Grenze.

In meiner alten Arbeit habe ich ungelernt, für deutlich einfachere Tätigkeiten 12,50 € brutto die Stunde verdient, plus Urlaubs- und Weihnachtsgeld. Dahinter würde ich sehr ungerne zurückfallen - im Gegenteil, würde mich da eher noch nach oben orientieren wollen.

Finde es auch gut, was schubertine zum Gehalt im Vergleich zum ÖD geschrieben hat. Macht einem noch einmal die Verhältnisse deutlich.
Ramona A.
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#6

29.12.2020, 13:09

Vielleicht denkst du auch einmal über Nebenleistungen nach. Fahrticket, Beitrag zur privaten Rentenversicherung etc. können für den Arbeitgeber durchaus attraktiv sein und sich für dich rechnen, wenn das Bruttogehalt dann etwas niedriger ist. Interessant ist natürlich auch das 13. Monatsgehalt, als Urlaubs- und Weihnachtsgeld ausgezahlt ist das durchaus zu schätzen.
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mücki
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#7

29.12.2020, 23:32

Tatsächlich wäre das Bruttogehalt unter Zugrundelegung des Mindestlohn bei rd. 1.620 €. Aber letztlich waren es zu meiner Zeit ganz andere Zeiten. Der Arbeitsmarkt sah damals deutlich schlechter aus und das hat sich natürlich auch und gerade bei den Gehältern bemerkbar gemacht. Allerdings hatte ich seinerzeit ein 13tes Monatsgehalt.

Heutzutage würde ich lieber monatlich 150 € mehr nehmen und auf Weihnachtsgeld verzichten. Der Vergleich mit dem ÖD bringt gar nichts, weil man dort meistens besser da steht als mit vergleichbaren Jobs "draußen".

Letztlich kann man auch immer wieder nur betonen, dass die Unterschiede zwischen den Bundesländern, Städten und teilweise sogar innerhalb der Städte mitunter erheblich sind.
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#8

31.12.2020, 11:09

mücki hat geschrieben:
29.12.2020, 23:32
... Der Vergleich mit dem ÖD bringt gar nichts, weil man dort meistens besser da steht als mit vergleichbaren Jobs "draußen". ...
Ich finde, das kann einem schon mal die Augen öffnen, wie schlecht Anwälte bezahlen. Nicht nur im ÖD verdient man besser, auch in der freien Wirtschaft, wenn es Tarifverträge gibt. Im Grunde stehen die Arbeitnehmer überall besser da als bei Anwälten und in den anderen Branchen der freien Berufe. Es gibt natürlich auch Ausnahmen, aber die überwiegende Mehrheit wird schlecht bezahlt, was ich schade finde.
lisa_schmidt94

#9

04.02.2021, 08:36

Danke für die zahlreichen Tipps, die helfen auch mir!
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