Darf der Chef mich unter diesen Bedingungen kündigen?

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melizitas88
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#1

27.09.2018, 20:08

Hallo ihr Lieben..
Ich bin gerade etwas nachdenklich..
Mein Chef hat seit über einem Jahr sein Rechtgebiet geändert. Vorher haben wir viele Mietsachen gemacht, OWis, Ziviles, ZV,.. und hatten gut zu tun.
Jetzt macht er zu 90 % Vertragsrecht. das bedeutet, er kriegt von unserer Hauptmandantschaft riesige Kaufverträge zB über ganze Stadtviertel und diese muss mein Chef betreuen und prüfen. Bei diesen Verträgen können weder ich noch meine Kollegin ihm irgendetwas abnehmen, außer mal was ausdrucken. Die anderen kleineren zB zivilen Sachen bleiben seit Monaten liegen. Wir haben die ganze Woche so gut wie nichts zu tun. Selbst die paar Briefe von der Post bleiben manchmal wochenlang liegen (natürlich haben wir dabei Fristen im Auge)..
Das Dilemma geht jetzt seit über einem Jahr und meine Kollegin und ich werten am Ende des Tages aus, wie das Buch war was sie heute gelesen hat oder wie der Film war den ich mir angesehen hab (Jaa, während der Arbeitszeit!)
Der Chef weiß natürlich dass wir kaum was zu tun haben, aber er sieht natürlich, dass er mit diesen Verträgen ordentlich Geld verdient. Ich mache mir Gedanken, ob er mich irgendwann kündigen kann, weil er mich nicht mehr braucht.
(Meine Kollegin wird bleiben weil er die für die Buchhaltung benötigt)..
Ich hab wirklich Angst irgendwann auf der Straße zu sitzen.. vielleicht kann mir jemand helfen. Zählt das das betriebsbedingter Grund??
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paralegal6
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#2

28.09.2018, 06:56

Da bei euch nicht 10 Vollzeitmitarbeiter angestellt sind braucht er m. E. keinen Kündigungsgrund. Ich frage mich aber was du in einem Büro willst, wo nichts zu tun ist. Das wäre nichts für mich
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melizitas88
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#3

28.09.2018, 08:38

Mich macht dieser Zustand fertig ohne Ende! Meine Kollegin und ich merken jeden Tag, wie wir regelrecht abbauen.. Aber es ist nicht so leicht, was neues zu finden. Da der trotz dass wir nichts zu tun haben gut zahlt und viel Anwälte ja knauserig sind, hänge ich hier gerade fest und überlege ganz neue Richtungen einzuschlagen..
Coco Lores
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#4

28.09.2018, 10:08

paralegal6 hat geschrieben:
28.09.2018, 06:56
Da bei euch nicht 10 Vollzeitmitarbeiter angestellt sind braucht er m. E. keinen Kündigungsgrund. Ich frage mich aber was du in einem Büro willst, wo nichts zu tun ist. Das wäre nichts für mich
Wenn der Arbeitgeber eine ordentliche Kündigung ausspricht muss er immer einen Grund angeben! Nur der Arbeitnehmer muss seine Kündigung nicht begründen!

Wenn das Arbeitsverhältnis dem Kündigungsschutz unterliegt (mehr als 10 Mitarbeiter und länger als 6 Monate beschäftigt) dann muss einer der im Gesetz genannten Gründe für die Kündigung vorliegen. Nennt er keine Gründe kannst du als Arbeitnehmer eine Kündigungsschutzklage anstrengen.

Grundsätzlich kann ein Arbeitgeber eine ordentliche Kündigung unter Einhaltung der entsprechenden Fristen aus drei Gründen aussprechen: personen- , betriebs- oder verhaltensbedingt.

Hier käme meines Erachtens nur die betriebsbedingte Kündigung in Frage, wobei er ja wirtschaftlich gesehen keinen Grund hätte dich zu entlassen. Ob hierunter auch erfasst ist, dass er dich schlichtweg nicht braucht kann ich nicht sagen.

Hast du denn mal mit ihm darüber gesprochen oder hat er mal Andeutungen in diese Richtung gemacht?
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Riverside
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#5

28.09.2018, 11:44

Coco Lores hat geschrieben:
28.09.2018, 10:08
paralegal6 hat geschrieben:
28.09.2018, 06:56
Da bei euch nicht 10 Vollzeitmitarbeiter angestellt sind braucht er m. E. keinen Kündigungsgrund. Ich frage mich aber was du in einem Büro willst, wo nichts zu tun ist. Das wäre nichts für mich
Wenn der Arbeitgeber eine ordentliche Kündigung ausspricht muss er immer einen Grund angeben! Nur der Arbeitnehmer muss seine Kündigung nicht begründen!
Das ist ganz richtig. Es besteht zwingend Schriftformerfordernis, aber eine Begründung muss in der Kündigung selbst nicht angegeben sein.

@TE: ich würde mir ganz fix was anderes suchen, sei es in einer Kanzlei oder Firma/Rechtsabteilung oder Bank. Ich würde kirre werden, wenn ich meine Zeit nur absitzen würde und ggf. auf eine Kündigung warten würde.
Dracarys!

Nenn mir eine Farbe zwischen 1 und 10. Aber nicht Februar! Das ist kein Land!
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Coco Lores
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#6

28.09.2018, 12:14

Riverside hat geschrieben:
28.09.2018, 11:44

Das ist ganz richtig. Es besteht zwingend Schriftformerfordernis, aber eine Begründung muss in der Kündigung selbst nicht angegeben sein.
Ja das stimmt wie ich grade nochmal recherchiert habe. :oops:

Allerdings kannst du wenn Kündigungsschutz besteht durch eine Kündigungsschutzklage eine Begründung einfordern. So wird ein Schuh draus.
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#7

28.09.2018, 12:19

Ich bin ja nur ungerne der Spielverderber, aber das riecht hier doch langsam deutlich nach Rechtsberatung :pfeif
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melizitas88
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#8

28.09.2018, 13:13

Es ist wirklich ne schwierige Situation. Der Chef macht ordentlich Geld, bezahlt uns auch gut, hat aber nie Arbeit für uns. Pro Tag vielleicht 3 Akten/Mitarbeiter (wirklich nicht mehr!), und darin ist nur was abzuheften meistens..
Eine Mitarbeiterin würde ihm reichen (Kollegin, kommt auch nur 30 h/Woche), aber er meint, es muss immer jemand am Empfang sitzen.. Ganz ehrlich? Das hier am Empfang sitzen kannste knicken. 1. haben wir keine Laufkundschaft oder ähnliches, 2. ruft hier keiner an, weil 90 % per E-Mail oder sein Handy geklärt werden, 3. die, die hier anrufen und den Chef nicht antreffen, haben sowieso die Handynummer und rufen dort an...

Etwas ist mir schon aufgefallen, was dafür spricht, dass er mich "loswerden" will. Immer wenn ich ihn frage, ob ich mal einen Tag frei nehmen kann (man hat ja manchmal Termine, die nicht bis 18 Uhr warten können), fragt er jedesmal ob ich ein Vorstellungsgespräch habe.. Als würde er auf das "JA" warten. Das ist echt mies...

Ich hoffe auch, dass ich ganz bald hier weg komme. Mein Chef ist so ein Heuchler. Als er mich eingestellt hat, war nie die Rede davon, dass das hier mal so ausgeht :cry:
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Lämmchen
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#9

28.09.2018, 13:29

melizitas88 hat geschrieben:
28.09.2018, 13:13
Ich hoffe auch, dass ich ganz bald hier weg komme. Mein Chef ist so ein Heuchler. Als er mich eingestellt hat, war nie die Rede davon, dass das hier mal so ausgeht :cry:
Naja, das finde ich schon ziemlich hart. Manchmal entwickeln sich einfach Dinge im Laufe der Jahre. Ich kenne eine Menge Anwälte, die mit ganz anderen Rechtsbereichen angefangen, als sie heute tätig sind. Dafür jemanden zu verurteilen finde ich schon ein wenig vermessen.

Hattest Du nicht in einem anderen Beitrag geschrieben, dass Du Dich beim Familienrechtler beworben hast oder so? :kopfkratz

Entscheidend für Dich ist doch letztlich: Es ist nicht genug Arbeit da. Es macht Dir keinen Spaß mehr und Du würdest offenbar gern was ändern. Dann mach es doch einfach. Du hast noch nicht mal den Druck, dass Du sofort etwas finden musst, sondern wirst von Deinem Chef - wie Du schreibst - auch ganz gut bezahlt.
Liebe Grüße

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Coco Lores
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#10

28.09.2018, 13:30

Ich würde mich einfach nach was anderem umschauen. Genug Zeit hast du ja für sowas ;) Und du bist in der Position, dass du fürs Nixtun erst mal noch Geld bekommst, dass ist auf jeden Fall von Vorteil. So kannst du dir die Stellenangebote in Ruhe anschauen und abwägen was du machen willst.

Eine andere Lösung wirst du dort nicht finden denke ich.
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