"Beratung" von Mandanten durch Rechtsanwaltsfachangestellte?

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Sanya
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#1

13.03.2017, 15:23

Hallo zusammen!

Ich würde mal gerne wissen, ob eine "unerlaubte Rechtsberatung" vorliegt, wenn man auf Bitten des Chefs, also des RA, einem Mandanten telefonisch oder schriftlich Rat erteilt, z.B. in einer Zwangsvollstreckungssache. Konkretes Beispiel: Mandant (Arbeitgeber des Schulnders) hat einen PfüB bekommen und eine Aufforderung vom Gläubigerverterter, die Gehaltsabrechnungen herauszugeben. Der Mandant möchte wissen, ob er diese herausgeben soll/muss/darf. Der RA fragt mich nach meiner Meinung dazu, weil der selbst nicht so viel Ahnung von ZV hat. Ich sage ihm, wie ich die Sache sehe und wie ich reagieren würde. Daraufhin meint der RA, ich soll das dem Mandanten so erklären. Ist das unproblematisch oder würdet ihr das als "unerlaubte Rechtsberatung" werten? Bin da total unsicher.

:thx schonmal und viele Grüße,

Sanya
Pitt
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#2

13.03.2017, 15:34

In diesem Fall der sicherste Weg: Du erstellst das Schreiben mit den Infos für den Mandanten und lässt es vom Chef unterschreiben.
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Sputnik85
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#3

13.03.2017, 15:34

Also wenn du dir nicht 100 % sicher bist, würde ich schon mal gar keine Auskunft erteilen, da du damit auch gerne mal einen Haftungsfall heraufbeschwören kannst.
Wenn dein Chef keine Ahnung davon hat, soll er sich reinlesen ins Problem oder sagen, dass er dazu keine Auskunft geben kann, weil eben Unwissen (was ja prinzipiell nicht schlimm ist).

Du kannst den Mandanten ja auf den entsprechenden § verweisen, da steht ja drin, was er in dieser Situation zu tun oder zu lassen hat.

Das ist meine Meinung.
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#4

13.03.2017, 15:46

Danke für eure Antworten!

Das mit dem Vorformulieren und unterschreiben lassen geht halt nicht im Telefonat oder bei einer Mail.

Mein Chef sieht das alles eher locker und weist mich an, mit dem Mandanten zu reden oder eine Mail zu schreiben. Ich fühle mich dabei nicht wohl und meine Einwände, dass das doch eventuell unter "unerlaubte Rechtsberatung" fallen könnte, verwirft er. Ich hätte halt gern gewusst, ob meine Befürchtung richtig ist oder ob das kein Problem ist, wenn ich dem Chef meine Ansicht zu der Fragestellung des Mandanten mitteile und er dann meint, ich soll diese so dem Mandanten weitergeben. Ich mache das ja dann mit seiner - auch inhaltlichen - Freigabe und auf seine Anweisung. Ich weiß aber halt nicht, ob mich das komplett "entlastet" oder ob ich mich weigern müsste.
Pitt
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#5

13.03.2017, 16:06

Eine von Dir vorbereitete E-Mail kannst Du auch an Deinen Chef schicken, damit er die von seinem Arbeitsplatz aus verschickt.
Nach meiner Erfahrung handhaben einige Kanzleien das Thema "Rechtsberatung durch die ReNo" sehr locker. Ich habe z. B. mal in einer Bürogemeinschaft gearbeitet und die ReNo vom Nachbarbüro, die direkt im Nebenzimmer bei offener Tür saß und fleißig telefonierte, führte komplette Beratungsgespräche mit allen möglichen Leuten, wobei ich teilweise unfreiwillig hörte, dass sie auch Quatsch erzählte, wenn es z. B. um einzelne ZPO-Vorschriften ging. Deren Chef fuhr auch schon mal 2 Wochen in Urlaub und sie übernahm quasi das Büro. Ich bin da ehrlich gesagt etwas vorsichtiger. Telefonische Auskünfte werden auch gerne mal missverstanden, weil man einige Dinge am Telefon einfach nicht so gut erklären kann und der Mandant im Zweifel nicht noch mal nachfragt, um sich keine Blöße zu geben. Er will ja nicht als doof gelten. Gerade wenn es darum geht, eine bestimmte Vorgehensweise z. B. im Rahmen der ZV oder bei Insolvenzverfahren zu beschreiben, ist schriftlich immer besser. Etwas anderes ist es, wenn der Mandant z. B. nur fragt, ob er die Drittschuldnerauskunft überhaupt beantworten muss. Wenn man aber einen bestimmten Lösungsweg vorzeichnet und evtl. noch auf Fristen oder Vorschriften mit Paragrafenbezug hinweist, dann am Besten schriftlich.
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Kanzleihund
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#6

13.03.2017, 16:18

Ich meine, dass hier jedenfalls keine unerlaubte Rechtsberatung vorliegt, weil die Auskünfte stellvertretend für den Rechtsanwalt erfolgen. Dieser ist zur Rechtsberatung auf jeden Fall befugt.

Ob man sich selbst zutraut, Auskünfte an Mandanten zu erteilen, ist eine ganz andere Sache. Die Aussage, da müsse sich der Rechtsanwalt eben einlesen, halte ich gelinde gesagt für sehr frech und eher nicht zielführend. Wozu habe ich eine Mitarbeiterin, wenn mir diese bei der kleinsten Gelegenheit die Mitarbeit verweigert. Nur zum Tippen brauche ich keine Rechtsanwaltsfachangestellte, da bekomme ich "billigeres" Personal. Was jetzt natürlich nicht heißen soll, dass die Rechtsanwaltsfachangestellte die ganze Anwaltsarbeit macht. Aber wenn sie ohnehin in der Materie firm ist, dann sollte sie auch entsprechende Auskünfte erteilen.

Gleiches gilt für die Frage, ob man telefonische Auskünfte erteilt. Hier wäre ich wegen der Tatsache, dass einem Mandanten gern das Wort im Mund herum drehen, auch eher vorsichtig. Aber das ist Geschmackssache.
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#7

13.03.2017, 16:47

Kanzleihund hat geschrieben: Ob man sich selbst zutraut, Auskünfte an Mandanten zu erteilen, ist eine ganz andere Sache. Die Aussage, da müsse sich der Rechtsanwalt eben einlesen, halte ich gelinde gesagt für sehr frech und eher nicht zielführend. Wozu habe ich eine Mitarbeiterin, wenn mir diese bei der kleinsten Gelegenheit die Mitarbeit verweigert.
Ich glaub da hast du was bisschen falsch aufgefasst, KH :schock
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#8

13.03.2017, 17:04

Danke für eure Rückmeldung!

Also ich werd dann wohl versuchen, künftig einen Formulierungsvorschlag zu machen und das dann "nach Außen" über den Anwalt laufen zu lassen.

Es ist halt nicht so einfach, dem Chef zu sagen "Nö, so mache ich das nicht" ohne konkret zu wissen, ob das nun tatsächlich problematisch ist oder nicht.

@Kanzleihund: Es geht hier nicht um Arbeitsverweigerung. Gerne gebe ich meinem Chef Auskunft über meine Erfaungen und Kenntnisse im Rahmen der ZV. Es geht mir darum, ob ich derlei Auskünfte auch "nach Außen", also gegenüber dem Mandanten erteilen darf oder ob der RA meine "Annahmen" und Handlungsvorschläge ggf. sogar zuerst prüfen und dann selbst dem Mandanten mitteilen sollte/muss. Natürlich will ich meinen Chef bei seiner Arbeit bestmöglich unterstützen, aber strafbar machen will ich mich nicht!
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#9

13.03.2017, 17:48

Wie und wo machst Du Dich strafbar? In Deinem Fall habe ich das so verstanden, dass Du erst mit dem Chef gesprochen hast und der Dir dann gesagt hat, Du sollst das so weitergeben. Also ist es doch eigentlich eine Auskunft Deines Chefs. Er steht dahinter, sonst hätte er ja nicht gesagt, dass Du das so weitergeben sollst.

Mal ehrlich: Was haben Rechtsanwälte schon mit ZV zu tun? Die Anzahl der Anwälte, die sich damit befasst, ist doch eher gering. Dafür sind wir doch da. Aber wenn Du Dich da unwohl fühlst, sprich mit Deinem Chef. Wenn Du dann die Auskunft bekommst "für sowas sind wir versichert", dann solltest Du eigentlich auch weniger Probleme damit haben, insoweit etwas eigenverantwortlicher zu arbeiten. ;) Meine Auskünfte sind z.B. gesondert durch die Haftpflicht meines Chefs abgesichert.
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#10

13.03.2017, 17:54

dieses Gespräch hatten Chef und ich - natürlich - auch schon. Wir handhaben das so, dass ich über das, was ich bearbeite, auch Auskunft geben darf. Aber gewöhnlich sage und schreibe ich auch immer: "Nach Rücksprache mit RA ... das Folgende: ..." Die Rücksprache erfolgt tatsächlich, bevor ich was sage oder schreibe. Nur, damit er es auch weiß (Haftung und so). :mrgreen: Und von unseren Gesprächen fertige ich eine Aktennotiz an und gut ist das.
Wir würden hier irre, wenn ich ihn jedesmal Korrektur lesen lassen würde.
Mit mir kann man Pferde stehlen ... aber morgen bringen wir sie zurück :!:
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