Erst kurz im Berufsleben und schon unglücklich

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Refa_86
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#1

14.12.2016, 08:28

Hallo zusammen,

ich hab folgendes Problem, vielleicht ging es dem einen oder anderen genauso...
Ich habe dieses Jahr im Juli meine Ausbildung zur Rechtsanwaltsfachangestellten abgeschlossen und dann bei einem anderen Anwalt eine Stelle gefunden. Am Anfang war auch alles toll aber mit der Zeit habe ich dann bemerkt, dass komplett die Struktur fehlt und keine klaren Ansagen herrschen. Das fängt schon damit an, dass sich bei meinem Chef die Akten stapeln und ich nichts finde (da liegen wirklich mindestens 80 Akten rum), ich kenne das so nicht von der Ausbildung her.

Meine Vorgängerin ist in Mutterschutz und ich soll quasi ihre Stelle und ihre Aufgaben übernehmen und habe noch eine Kollegin, die in Teilzeit arbeitet und eigentlich nur für die Buchhaltung da ist. Mir fehlt halt noch total die Routine bzw. habe ich davor in einer Kanzlei gelernt, in der nur Arbeitsrecht behandelt wurde und jetzt mache ich so ziemlich alle Bereiche. Manchmal ist es mir auch zu viel und ich bin ziemlich unsicher in manchen Dingen, die ich zuvor noch nicht so oft gemacht habe. Meine Kollegin hat dafür nicht so wirklich viel Verständnis, weil sie der Meinung ist, dass ich ja alles in der Schule gelernt haben sollte. Aber dem ist halt nicht so. Ich darf jetzt alle ZV-Akten machen, die schon seit gut 7 Jahren in den Schränken rumliegen und natürlich auch aktuelle Sachen. Haben das in der Schule nicht behandelt (was sie mir nicht wirklich glaubt) und in der Kanzlei hatte ich das vielleicht 5 Mal in der gesamten Ausbildung. Muss also noch oft was nachfragen und das nervt natürlich mit der Zeit. Habe mit meinem Chef geredet und im März darf ich dann auf eine ZV-Schulung gehen, ich hoffe, das hilft mir dann weiter.

Zudem dramatisiert meine Kollegin vieles ziemlich arg und mach oft aus einer Fliege einen Elefanten ;) Auch sagt sie, dass sie eigentlich dachte, dass wenn ich frisch aus der Schule komme, ich ihr alles beibringen kann, auch Abrechnungstechnisch und Zwangsvollstreckung (was sie nicht machen will, weil das ja immer meine Vorgängerin gemacht hat). Aber leider weiß ich da halt nicht immer alles und sie macht dann immer so einen Staatsakt daraus. Aber ich bin der Meinung, dass, auch wenn sie noch mit BRAGO angefangen hat, sie doch selbst für ihre Weiterbildung verantwortlich ist und evtl. eine Schulung hätte besuchen müssen oder dergleichen und es sich ziemlich einfach macht, das auf mich abzuwälzen und mir immer wieder zu sagen, dass ich das doch alles wissen müsste aus der Schule und ich ihr nicht erzählen kann, dass ich das nicht gelernt hätte. Bin deswegen mittlerweile auch ziemlich frustriert, weil ich denke, nichts richtig machen zu können und gleich wieder einen Fehler zu machen. Arbeite hier jetzt seit knapp 5 Monaten und wir siezen uns immer noch, was ich komisch finde und so ebenfalls nicht kenne aus der alten Kanzlei, wo wir uns von Anfang an gleich geduzt haben und das obwohl ich dort in der Ausbildung war. Bin jetzt 30 und fühle mich hier manchmal wie wenn ich noch 16 und in der Ausbildung wäre, weil ich ja anscheinend gar nichts kann bzw. weiß laut meiner Kollegin.

So, jetzt hab ich aber viel geschrieben :oops: Aber ich würde echt gerne eure Meinung dazu hören, weil es mir so langsam hier keinen Spaß mehr macht...

Liebe Grüße
Sonnenkind
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#2

14.12.2016, 09:01

Herzlichen Glückwunsch zur bestandenen Prüfung. Erstmal: jeder Anwalt arbeitet anders. Du wirst deinen jetzigen Chef nicht ändern können, wenn er das am Ende schon 20 Jahre so praktiziert. Also zwecks Akten stapeln sich im Büro, da wirst du dich wahrscheinlich daran gewöhnen müssen.
Dass deine Kolleginnen "Sie" zu dir sagen und anders herum genau so, finde ich jetzt ehrlich gesagt nicht so schlimm. Praktiziere ich genau so. Wenn ich dann denke, es passt, biete ich das du an. Aber anfangs schaue ich, dass es beim "Sie" bleibt. Da würde ich mir jetzt an deiner Stelle auch keine großartigen Gedanken machen.

Was ich allerdings nicht so gut finde, ist das Verhalten deiner Kollegin. Klar kommst du frisch aus der Berufsschule, aber ganz ehrlich, da hat mir damals auch noch sehr viel Wissen gefehlt und vor allem Praxis. Das kommt erst so nach und nach und das sollte auch deine Kollegin wissen. Da soll sie mal lieber etwas zurückrudern.
Wg. Kostennoten kann ich sie auch nicht verstehen. Ich habe auch noch zu BRAGO-Zeiten gelernt und man muss einfach mit der Zeit gehen. Wir haben jetzt das RVG und dann muss ich mich da auch reinlesen. Dass du es ihr jetzt einfach so alles beibringen sollst, finde ich nicht in Ordnung. Sie könnte ja zumindest versuchen, Kostennoten zu fertigen und die dann mit dir durchgehen.
Aber alles in allem, was ich so rauslese. wirst du da nicht alt werden in der Kanzlei, nachdem du zu viele negative Punkte aufgezählt hast. Ich habe mir mal deine PLZ in der Jobbörse eingegeben und da wäre spontan eine freie Stelle bei einem Anwalt. Ein Versuch wäre es doch wert.
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#3

14.12.2016, 09:17

Refa_86 hat geschrieben:Meine Kollegin hat dafür nicht so wirklich viel Verständnis, weil sie der Meinung ist, dass ich ja alles in der Schule gelernt haben sollte.
Hah! Den Satz hat mir meine Teamleiterin auch ständig an den Kopf geworfen, bis ich ihr mal freundlichst mitgeteilt habe, dass ich meine Ausbildung 2010 beendet hatte und seitdem nie wieder bei einem Anwalt gearbeitet habe. Irgendwann hat auch sie mal verstanden, dass man nicht alles weiß, nur weil man die ReFa-Ausbildung genossen hat.

War die Kollegin schon im Mutterschutz, als Du angefangen hast? Denn normalerweise "übergibt" man seine Aufgaben und lernt den Nachfolger erstmal etwas ein...

Ansonsten würde ich mal mit dem Chef sprechen, ob die ZV-Sachen nicht erstmal liegen bleiben können, bis Du die ZV-Schulung erfolgreich absolviert hast.

Zu dem Siezen: Ich arbeite hier seit fast 7 Monaten und eine Kollegin siezt mich weiterhin. Allerdings habe ich das Gefühl, dass sie nur die Leute siezt, die sie nicht leiden kann. :teufel (Denn unserer Azubine hat sie sofort das "Du" angeboten.)

Keine Ahnung, ob das bei Deiner Kollegin ebenfalls der Fall ist. :kopfkratz
Vielleicht will sie Dich aber auch erst etwas besser kennenlernen, bevor sie Dir das "Du" anbietet. Ist die Kollegin denn älter als Du?
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#4

14.12.2016, 09:18

Hallo Sonnenkind,

danke für deine lieben Worte.

Ich muss dazu sagen, dass meine Kollegin Abrechnungen erstellt und sich da auch soweit alles selber beigebracht hat, aber manchmal fragt sie mich Dinge (vielleicht weil sie mich auch bissle testen will) und ich muss das dann wissen. Schließlich hat sie das ja nie in der Schule gelernt und ich schon.

Wegen einer neuen Stelle habe ich mich auch schon umgesehen ehrlich gesagt und habe auch schon Bewerbungen laufen :-)
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Anahid
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#5

14.12.2016, 09:20

Akten beim Chef? Ich hab überlegt, dem den Aktenschrank reinzustellen, da die Akten eh immer in seinem Zimmer liegen. :mrgreen:

Ansonsten: Das Verhalten Deiner Kollegin finde ich nicht okay. Für mich ist klar, dass dann, wenn ich eine Berufsanfängerin einstelle, diese noch Sachen lernen muss. Leider habe ich hier die Erfahrung gemacht, dass einige meinen sie könnten alles und natürlich auch entsprechendes Geld verdienen möchten und sich dann herausstellt, dass sie eben - so wie Du - verschiedene Bereiche, wie ZV und RVG, eher nur in Grundsätzen wenn nicht sogar gar nicht können. Und das macht dann ehrlich gesagt mich sauer.

Wie wir festgestellt haben, gibt es aber mehr als genug Anwälte die Probleme haben, eine gute Angestellte zu finden und ich denke, dass es auch genügend Kanzleien gibt, denen klar ist, dass eine Berufsanfängerin eben nicht alles kann. Von daher würde ich mich an Deiner Stelle nach etwas anderem umsehen. Wenn Dir die Arbeit keinen Spaß macht und Du schon mit einem unguten Gefühl hinfährst, wird Dich das auf Dauer höchstens krank machen.
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#6

14.12.2016, 09:28

Anahid hat geschrieben:Akten beim Chef? Ich hab überlegt, dem den Aktenschrank reinzustellen, da die Akten eh immer in seinem Zimmer liegen. :mrgreen: .
War in meiner Ausbildung genauso. Immer wenn eine Akte absolut nicht aufzufinden war, wusste ich: Die liegt beim Cheffe im Büro. :mrgreen:
Anahid hat geschrieben:Wenn Dir die Arbeit keinen Spaß macht und Du schon mit einem unguten Gefühl hinfährst, wird Dich das auf Dauer höchstens krank machen.
Dem stimme ich vollumfänglich zu!
Glaube mir, es ist nicht angenehm, wenn man morgens schon mit Bauchschmerzen auf Arbeit geht. Das ist ein eindeutiges Zeichen, dass man dringend etwas ändern sollte.
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#7

14.12.2016, 09:33

Anahid hat geschrieben:
Wie wir festgestellt haben, gibt es aber mehr als genug Anwälte die Probleme haben, eine gute Angestellte zu finden und ich denke, dass es auch genügend Kanzleien gibt, denen klar ist, dass eine Berufsanfängerin eben nicht alles kann. Von daher würde ich mich an Deiner Stelle nach etwas anderem umsehen. Wenn Dir die Arbeit keinen Spaß macht und Du schon mit einem unguten Gefühl hinfährst, wird Dich das auf Dauer höchstens krank machen.
Das wird die beste Lösung sein ... du sollst dich wohlfühlen in der Arbeit, schließlich verbringst du dort sehr viel Zeit. Alles andere macht ja gar keinen Sinn. Da wirst du nur verrückt.
Zuletzt geändert von 148 am 14.12.2016, 09:40, insgesamt 1-mal geändert.
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#8

14.12.2016, 09:34

Hallo MrsVerberation,

meine Kollegin war schon 6 Wochen vor meinem Beginn in Mutterschutz. Eine Einlernphase gab es nicht wirklich, alles so zwischen Tür und Angel und ich habe, als ich noch in der Ausbildung war, mal 2 Tage meines Urlaubs in der neuen Kanzlei verbracht um von der Kollegin noch eingelernt zu werden. Also quasi zwei Monate bevor ich dort dann angefangen habe.

Liebe Anahid, ich kann verstehen, dass es nervt, wenn man eine Kollegin hat, die noch keine Berufserfahrung hat und dann noch hohe Ansprüche stellt. Ich habe aber von Anfang an gesagt, dass ich nicht fit bin in der Zwangsvollstreckung und bisher nur Arbeitsrecht gemacht habe und mein Gehalt ist jetzt nicht der burner. Aber ich weiß natürlich was du meinst :-)
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#9

14.12.2016, 09:43

[
Anahid hat geschrieben:Wenn Dir die Arbeit keinen Spaß macht und Du schon mit einem unguten Gefühl hinfährst, wird Dich das auf Dauer höchstens krank machen.
Dem stimme ich vollumfänglich zu!
Glaube mir, es ist nicht angenehm, wenn man morgens schon mit Bauchschmerzen auf Arbeit geht. Das ist ein eindeutiges Zeichen, dass man dringend etwas ändern sollte.[/quote]


Kann ich auch nur zustimmen. Habe es selbst erlebt und das ein ganzes Jahr lang. War nicht schön. Ich habe etwas geändert und mir geht es jetzt wieder gut :yeah.
Liebe Grüße

Sylvia

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