Offene Stellen aber keine Bewerber?

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Kennt alle Akten auswendig
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#61

06.01.2017, 18:50

Für München ist das wenig. Man will ja nicht nur den ganzen Monat arbeiten für seine Miete
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Mariposa2
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#62

17.01.2017, 13:24

Kanzleihund hat geschrieben:Vorsicht, wenn eine so starke Fluktuation der Arbeitnehmer besteht, dann kommt Eure Kanzlei auf die schwarze Liste. Schlechtes Arbeitsklima, miese Arbeitsbedingungen etc. sprechen sich nämlich 'rum. Wie oft hört man: "Der Anwalt xxx ist ein Arxxx, dort würde ich im Leben nicht arbeiten wollen." [Es kann immer mal sein, dass es mit einem oder zwei Arbeitnehmern nicht passt.Aber wenn es so häufig geschieht, dann sollte man als Bewerber vorsichtig sein. Dann steckt System dahinter.]
Das kennen wir hier. Meine Kanzlei ist auch auf der schwarzen Liste hier, genau wie ein anderer Laden. Wir sind hier in einer kleinen Großstadt und da geht das Gewäsch auch sofort um. Wir haben für ein Partnersekretariat auch insgesamt 5 (!!!) Damen hier gehabt innerhalb von zwei Jahren. Die waren alle total unfähig. Bei den ersten beiden haperte es an der Rechtschreibung und an der Arbeitsgeschwindigkeit, der dritte Bewerber entwickelte nach sehr gutem Start immer mehr Schlurereien und als er dann an beiden Händen eine Art Sehnenscheidenentzündung entwickelte und nicht mehr tippen konnte, war die Sache ohnehin gegessen. Die Dame nach ihm konnte zwar Rechtschreibung, war aber einfach nur lahmarschig und träge und beschäftigte sich mehr mit Essen als mit allem anderen. Die ist aber irgendwann selbst gegangen, weil sie sich durch die regelmäßigen Aufforderungen, doch einen Zahn zuzulegen und nicht so schluffig zu arbeiten, extrem gemobbt gefühlt hat. In der Kanzlei, in der sie danach war, passierte dann genau das Gleiche. Danach hatten wir eine Bewerberin, die nach 2 Wochen selbst gegangen ist, weil sie sich bei uns angeblich nicht wohl gefühlt hat (sie hat von Tag 1 richtig derbe Witze gemacht, die unter der Gürtellinie waren und ich finde, wenn man Leute noch nicht kennt und nicht weiß, wie diese reagieren, sollte man erst langsam auf so etwas vorbereiten). Und weil wir nicht darauf eingestiegen sind, hat sie sich nicht wohl gefühlt. Sie hat sich auch 1 Woche am Stück darüber beschwert, dass hier sooo wenig zu tun sei und man gar nicht machen könne, was man wolle und wie man wolle und alles so strukturiert und die Schriftsätze vorgegeben. Das war, als es wirklich ruhig war. Dann war einen Tag mal etwas mehr zu tun (aber noch weit entfernt von "hier ist die Hölle losgebrochen") und danach ist sie direkt abgehauen. Erst die 6. Bewerberin war einigermaßen vernünftig. Sie ist seit 2 Jahren jetzt bei uns.

Eine Bewerberin, die bei uns in Teilzeit war, meinte mal, dass man sie vor uns gewarnt hätte. Hier wäre es wie in einem Arbeitsgulag. So viel zu tun und nur Stress. Die Dame hat übrigens für 2 Diktate mit jeweils 3 bis 6 Akten einen ganzen Vormittag gebraucht und zusätzlich noch mindestens 30 Minuten, wenn nicht oft 60 Minuten Überstunden gemacht. Die Diktate waren jeweils vielleicht so 6 Minuten lang :patsch ....

Und wenn man so oft inseriert, macht das natürlich einen schlechten Eindruck. Ist ja genauso wie z. B. bei CMS in Köln. Der Verschleiß dort scheint enorm zu sein, da die Stellenanzeige gar nicht mehr rausgenommen wird. Und das schon seit einem Jahr.

Wir hatten anfangs noch so ca. 20 bis 30 Bewerber (das war 2011), danach wurden es immer weniger. Zum Schluss hatten wir vielleicht noch so 5 Bewerbungen. Und hier gibt es kaum Arbeitsplätze für ReFas. Davon waren die meisten aber nicht wirklich in Betracht zu ziehen, da a) die Bewerbungsschreiben inhaltlich oft wirklich mies bzw. uninspiriert und nicht auf die Stelle zugeschnitten waren, b) z. T. einige Schreibfehler vorhanden und c) die beigefügten Arbeitszeugnisse oft nicht besonders gut waren. Bei vielen wirken die Bewerbungen so larifari hingerotzt. Und es wird immer schlimmer.

Wir hatten auch schon viele Damen zum Probetippen da. Was da zum Teil herausgekommen ist, war katastrophal. Besserung nicht in Sicht. Und das bei ausgelernten ReFas. Bei Azubis sieht es noch schlimmer aus. Wir haben zwar immer Glück und finden wen, aber um die Rechtschreibung ist es bei den meisten Bewerbern wirklich wirklich richtig schlecht bestellt gewesen. Unsere jetzige Azubine ist seit 1 1/2 Jahren da und so langsam kann man sie Diktate schreiben lassen, ohne dass noch mal Leute die Rechtschreibung kontrollieren müssen. Wenigstens ist die zuverlässig. Das ist auch schon viel Wert. Eine bessere Bewerberin hatten zur damaligen Zeit auch leider nicht.

Wir haben in den zwei Jahren, wo wir ständig Pech hatten, unsere Anforderungen immer weiter heruntergeschraubt. Zum Schluss reichte es wirklich, wenn eine ausgelernte ReFa die Rechtschreibung beherrschte. Durch die ganzen verkorksten Bewerber hat der Anwalt, für den gesucht wurde, auch seine Ansprüche deutlich heruntergeschraubt, auch wenn sie vorher auch nicht immens hoch waren. Er macht mittlerweile fast alles selber. Quartalsabrechnungen werden diktiert, Zeitaufwandslisten ausgedruckt, Schriftsätze von zum Teil 10 Seiten selbst getippt usw. Das hätte der früher nie gemacht. Aber weil alle so unfähig waren, war das eben notwendig :(.

Es gab übrigens mehrere Bewerberinnen, die meinten, dass es bei uns ja sooo streng wäre und richtig viel zu tun. Aber das empfinde ich nicht so. Wir dürfen hier punkt 17 bzw. 18 Uhr den Stift fallen lassen, egal wie viele Diktate noch im Schrank sind. Außerdem haben wir nun wirklich nicht immens zu tun. Ich war in meiner Ausbildung in einer Stuttgarter Großkanzlei, wo eine ReFa für zwei Anwälte tippt. DAS nenne ich Stress und viel zu tun, weil man wirklich kaum mit der Arbeit hinterherkommt und meistens auch nicht pünktlich gehen kann. Na ja, in der Kleinstadt/aufm Dorf ticken wohl alle anders :D

Das Problem ist aber, dass immer weniger vernünftige Leute die Ausbildung machen wollen. Denn mittlerweile weiß jeder, dass der Job mehr als schlecht bezahlt wird. Wenn die Anwälte nicht langsam mal die Gehälter überdenken, wird es irgendwann mal richtig prekär. Wenn keine vernünftigen Leute, die auch wirklich Spaß an der Arbeit haben, ausgebildet werden, wie soll das in Zukunft dann sein? Vor allem, wenn in vielen Kanzleien verlangt wird, sein Privatleben aufzugeben, weil man ewig Überstunden machen muss, man Stress ohne ende hat und dafür aber nur 1.700 € brutto bekommen soll, wie stellen Anwälte sich das in Zukunft vor? Wer möchte schon in der Altersarmut landen? Wenn die Gehälter attraktiver wären, würde es sicher auch mehr Nachwuchs geben, wobei der Nachwuchs heute allgemein Probleme mit der Rechtschreibung hat, die nun einmal das A und O in dem Beruf ist. Es ist einfach nur traurig :(.

Sorry für den langen, z. T. OT-Text :teufel
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#63

17.01.2017, 16:00

Phuul hat geschrieben:
Kanzleihund hat geschrieben:Gehälter attraktiver wären, würde es sicher auch mehr Nachwuchs geben, wobei der Nachwuchs heute allgemein Probleme mit der Rechtschreibung hat, die nun einmal das A und O in dem Beruf ist.

Unsere Rechtsabteilung hat keine Auszubildenden, daher kann ich dazu nicht viel sagen, aber wenn ich höre, von Freunden, die Kinder haben, dass diese in der Grundschule nach Gehör schreiben, also die Rechtsschreibung irgendwie schreiben und nicht so wie vorgesehen, dann wundert es mich auch nicht. Wenn sie es dann richtig lernen sollen, dann kommen die ja völlig durcheinander. Ich weiß auch nicht, wer das erfunden hat, aber da kann man sich nur an den Kopf fassen :patsch.
Liebe Grüße

Sylvia

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Dany1981
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#64

17.01.2017, 16:07

Ja das finde ich auch furchtbar. Ich hab mich damals etwas hart getan als die Neue Rechtschreibung kam. Jahrhunderte haben wir Rechtschreibung nach einem Prinzip gelernt, warum ändert man das? :kopfkratz
"Das Leben ist zerbrechlich. Binnen eines Lidschlags kann einem alles genommen werden. Es ist leicht, sich ein Gefühl falscher Sicherheit zuzulegen. Ich lasse mich lieber auf die Zerbrechlichkeit des Lebens ein und genieße es hier und jetzt in seiner ganzen majestätischen Schönheit."

Ich finde, Francis Ackerman jr. hat dies sehr schön zum Ausdruck gebracht. :mrgreen:
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#65

17.01.2017, 16:14

ist mir sowas von unklar. Habe aufgegeben, das verstehen zu wollen - halte mich einfach dran und gut is. :-?
Mit mir kann man Pferde stehlen ... aber morgen bringen wir sie zurück :!:
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#66

17.01.2017, 16:22

GVZ-Schickerin hat geschrieben:
Phuul hat geschrieben:
Kanzleihund hat geschrieben:Unsere Rechtsabteilung hat keine Auszubildenden, daher kann ich dazu nicht viel sagen, aber wenn ich höre, von Freunden, die Kinder haben, dass diese in der Grundschule nach Gehör schreiben, also die Rechtsschreibung irgendwie schreiben und nicht so wie vorgesehen, dann wundert es mich auch nicht. Wenn sie es dann richtig lernen sollen, dann kommen die ja völlig durcheinander. Ich weiß auch nicht, wer das erfunden hat, aber da kann man sich nur an den Kopf fassen :patsch.
Das Problem ist, dass die Kinder heutzutage vor dem Fernseher geparkt werden oder mit 7 dann Konsole spielen und so verblöden.

Ich bin noch in einer Zeit groß geworden, wo ich mich zum eigenen Entertainment mit Büchern beschäftigen musste, weil Fernseher tabu war, Konsolen zu teuer und PC auch. Dann habe ich eben 700 Seiten Grimms Märchen gelesen. Und so hat man sich die richtige Rechtschreibung eingeprägt. Aber wer liest denn heute noch von den Kids? Die gucken sich mit 11 doch lieber YouTube-Videos von irgendwelchen Vollpfosten an und spammen sich gegenseitig in den Kommentaren zu. Diese ständige "seid" und "seit" oder "das" und "dass" Problematik geht mir wirklich auf die Nerven. Aber woher sollen sie es lernen? Selbst wenn man heutzutage auf fb Focus- oder Spiegel-Artikel liest, findet man dort - zum Teil bereits in der Überschrift - Fehler en masse.

Das wird in Zukunft ein noch viel schlimmeres Problem. Und selbst wenn jemand einwandfreie Rechtschreibung beherrscht, verstehen sich die wenigsten in der Anwendung von eher hochklassigem Deutsch. Mittlerweile werden ja bereits Bewerbungen von den jungen Menschen sehr jovial geschrieben, was will man da erwarten? (Und ebendiese tauchen auch zum Bewerbungsgespräch mit dem Anwalt in knatschengen Jeans, High Heels und "Mops will raus"-Outfits auf)
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Dany1981
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#67

17.01.2017, 16:33

Stimmt...lesen ist gut für die Rechtschreibung. Das hab ich mal meinem Lehrling (der so furchtbar war) empfohlen...aber die hat lieber andere Sachen gemacht und so hat sie eben eine schlechte Rechtschreibung beibehalten. Die hatte auch Probleme mit der Groß- und Kleinschreibung. Ich bin da oft verzweifelt.
"Das Leben ist zerbrechlich. Binnen eines Lidschlags kann einem alles genommen werden. Es ist leicht, sich ein Gefühl falscher Sicherheit zuzulegen. Ich lasse mich lieber auf die Zerbrechlichkeit des Lebens ein und genieße es hier und jetzt in seiner ganzen majestätischen Schönheit."

Ich finde, Francis Ackerman jr. hat dies sehr schön zum Ausdruck gebracht. :mrgreen:
Fräulein Fit

#68

17.01.2017, 16:34

Jetzt lieg ich auf dem Boden vor lachen, 'Mops will raus' habe ich ja noch nie gehört :-D
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#69

17.01.2017, 16:51

Phuul hat geschrieben:"Mops will raus"-Outfits
aber nu - da muss auch mal Luft ran :pfeif nur vielleicht nicht im Bewerbungsgespräch :pfeif
Wobei, ich könnte hier eine Kanzlei empfehlen, da wäre das willkommen, im Kopf muss nichts sein :roll: (deswegen arbeite ich da auch nicht :mrgreen: )
Mit mir kann man Pferde stehlen ... aber morgen bringen wir sie zurück :!:
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#70

17.01.2017, 17:27

Fräulein Fit hat geschrieben:Jetzt lieg ich auf dem Boden vor lachen, 'Mops will raus' habe ich ja noch nie gehört :-D
Gerade ausgedacht :teufel ... Weil die auch wirklich manchmal unmöglich aussahen. Bei einem unserer Anwälte kommen die leider mit einem hübschen Aussehen auch sehr weit. Gott sei Dank bei dem anderen nicht (nur, wenn sie sich eine Kostennote oder einen Scheck auf den Kopf und den Ausschnitt tackern würden und zum Vorstellungsgespräch einen Strauß Geldscheine mitbringen :mrgreen: ).

Eine kam hier mal an und wirkte so, als wolle sie im Anschluss noch eine Trekkingtour irgendwo machen :kopfkratz
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