Erstattungsfähigkeit Inkassokosten

In dieses Forum gehören alle Themen, die keinem anderem Forum zugeordnet werden können.
Antworten
Dane129
Daueraktenbearbeiter(in)
Beiträge: 284
Registriert: 06.09.2013, 10:52
Beruf: RA-Fachangestellter / Stud. iur.
Software: Phantasy (DATEV)

#1

23.10.2015, 11:12

Guten Morgen!

Ich wurde heute erstmals mit der Erstattungsfähigkeit von Inkassokosten konfrontiert. Das Gericht verlangt Ausführungen dahingehend, weshalb im konkreten Fall die Einschaltung eines Inkassounternehmens trotz mehrfacher Mahnungen erfolgversprechend gewesen sein soll, nachdem Inkassokosten (bekanntlich) nur erstattungsfähig sind, wenn der Gläubiger nicht gegen seine Schadenminderungspflicht verstoßen hat.

1. Ausführungen zu positiven Erfolgsaussichten oder Voraussehbarkeit Erfolglosigkeit?

Für mich ist nicht nachvollziehbar, weshalb vorliegend auf die positiven Erfolgsaussichten einzugehen ist. Würde man dieser Auffassung folgen, hätte dies zur Folge, dass auch vorgerichtliche RA-Kosten unter Umständen nicht mehr erstattungsfähig sind.

Für mich ist eher die Begründung des BGH nachvollziehbar (Urteil 29.06.2005, Az. VIII ZR 299/04):

Der Senat hat in einer Entscheidung vom 24. Mai 1967 (VIII ZR 278/64, unter II) die einem Gläubiger durch den Auftrag zur Einziehung einer Forderung bei einem Inkassobüro entstandenen Kosten als möglichen Verzugsschaden angesehen, der grundsätzlich gemäß § 286 BGB zu ersetzen ist, und lediglich unter dem Gesichtspunkt der Schadensminderungspflicht des Gläubigers nach § 254 Abs. 2 BGB die Frage aufgeworfen, ob der Gläubiger eine Erfolglosigkeit der Bemühungen des Inkassobüros voraussehen konnte.

Es liegt in meinen Augen ein erheblicher Unterschied darin, ob ich darstellen muss, weshalb die Einschaltung des Inkasso-Unternehmens erfolgsversprechend war, oder ob die Erfolglosigkeit der Bemühungen voraussehbar waren, da an erst genanntes höhere Anforderungen geknüpft sind.

2. Grds. Erstattungsfähigkeit dem Grunde/der Höhe nach

Meines Erachtens ist im Falle des Verzugs eine grundsätzliche Erstattungsfähigkeit der Inkassokosten (genauso wie bei RA-Gebühren) gem. §§ 280 Abs. 1,2, 286 BGB grds. zu bejahen, es sei denn, dass bekannt ist, dass der Schuldner nicht leisten werde und insoweit ein Verstoß gegen § 254 BGB vorliegt.

Hinsichtlich der Höhe der Inkassokosten verhält es "ähnlich" wie bei den RA-Gebühren: Die vorgerichtliche GG eines RA ist im KFA anzurechnen. Aufgrund fehlender Anrechnungsvorschrift darf dies bei Inkassokosten (m.W.n.) nicht erfolgen. Insoweit könnte man aber die Inkassokosten als Nebenforderung einklagen, soweit sie im Falle des Obsiegens analog zu den RA-Gebühren bestünden, da ansonsten ein Verstoß gegen § 254 BGB vorliegt.

Heißt: Wenn ich als RA vorgerichtlich tätig bin (1,3 GG), verbleibt mir in Folge der Anrechnung im Rahmen des KFA (berechne es jetzt auf die GG, nicht auf die VG) eine restl. GG von 0,65. Die 0,65 könnte ich doch als Nebenforderung (Inkassokosten) einklagen. Eine fehlende Anrechnung der Inkassokosten im Rahmen des KFA führte dann nicht zu dem Ergebnis, dass höhere Kosten entstünden als bei sofortiger Einschaltung eines RA bereits im vorgerichtlichen Verfahren. Insoweit verstoße der Gläubiger m.M.n. nicht gegen die Schadenminderungspflicht gem. § 254 BGB.

In beiden Fälle (RA: vorgerichtliche und gerichtlich bzw. Inkasso: vorgerichtlich + RA: gerichtlich) entstünden Betriebsgebühren von 1,95 (1,3 + 0,65).

Was meint ihr? :kopfkratz

(hoffentlich nicht zu umständlich geschrieben :-D)
Benutzeravatar
Anahid
Hexe vom Dienst
...ist hier unabkömmlich !
Beiträge: 17688
Registriert: 22.02.2011, 10:41
Beruf: Rechtsfachwirtin
Software: RA-Micro

#2

23.10.2015, 13:03

Ich bin da Deiner Meinung. Oft reicht ja ein "offizielleres" Schreiben, sei es nun von einem Anwalt oder einem Inkassobüro aus, dass der Schuldner sich doch zur Zahlung entscheidet. Solange der Schuldner also nicht ausdrücklich eine Zahlung abgelehnt hat, besteht grundsätzlich eine Chance, dass er auf eine Zahlungsaufforderung, die durch einen Anwalt oder ein Inkassobüro erfolgt, leistet.

Für höchstens erstattungsfähig halte ich (wie Du ja auch) Inkassokosten allerdings (und dazu gibt es auch schon Rechtsprechung - hab aber keine Zeit zum suchen) in Höhe der Kosten, die bei Einschaltung eines Rechtsanwalts angefallen wären.
:katze2 Jeder Tag ist ein Geschenk ... aber manche sind einfach grottenschlecht verpackt. :katze1
Benutzeravatar
13
NORTHERN DINO
NORTHERN DINO
...ist hier unabkömmlich !
Beiträge: 17711
Registriert: 02.04.2006, 21:36
Beruf: Dibbel-Ribbel i.R.
Wohnort: Siehe Flagge

#3

23.10.2015, 17:04

Aus den Leitsätzen sollte sich alles Wesentliche ergeben:
LS (Red.)
1. Kosten, die für die Geltendmachung und Durchsetzung einer tatsächlich bestehenden Forderung durch ein registriertes Inkassobüro entstanden sind, kann der Gläubiger vom Schuldner ersetzt verlangen, soweit dessen Einschaltung erforderlich war.

2. Ist absehbar, dass es zu einer gerichtlichen Auseinandersetzung kommen wird, bei der ohnehin ein RA eingeschaltet werden muss, verstößt der Gläubiger, der gleichwohl ein Inkassobüro beauftragt, gegen seine Schadensminderungspflicht (§ 254 BGB). Inkassokosten hat der Schuldner daher nur in dem Umfang zu ersetzen, in dem sie entstanden wären, wenn der Gläubiger sogleich einen RA beauftragt hätte.

3. Inkassokosten sind nicht zu erstatten, soweit auch einem RA für dieselbe Tätigkeit gem. § 19 I Nr. 1 RVG keine gesonderte Vergütung verlangen könnte, weil es sich um eine lediglich vorbereitende Tätigkeit innerhalb desselben Rechtszuges handelt. Maßgeblich ist, ob zunächst nur ein Auftrag zur außergerichtlichen Geltendmachung und ein allenfalls bedingter Prozessauftrag erteilt wurden.

AG Brandenburg, Urt. v. 27.08.2012 – 31 C 266/11

juris

~ Grüßle ~
BildBild Bild

Bild

Veni, vidi, violini (Ich kam, ich sah, ich vergeigte)... :roll: 257

>>> Bitte keine Sachfragen per pN.
Nutze das Forum zum Vorteil aller! <<<
Benutzeravatar
Anahid
Hexe vom Dienst
...ist hier unabkömmlich !
Beiträge: 17688
Registriert: 22.02.2011, 10:41
Beruf: Rechtsfachwirtin
Software: RA-Micro

#4

23.10.2015, 18:57

:thx Dino :)

Hab doch gesagt, dazu gibt's Rechtsprechung :mrgreen:
:katze2 Jeder Tag ist ein Geschenk ... aber manche sind einfach grottenschlecht verpackt. :katze1
Dane129
Daueraktenbearbeiter(in)
Beiträge: 284
Registriert: 06.09.2013, 10:52
Beruf: RA-Fachangestellter / Stud. iur.
Software: Phantasy (DATEV)

#5

30.10.2015, 09:23

Vielen Dank! :-)
Antworten