Teilzeit-Anfänger

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schüchtern
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#1

15.06.2012, 13:25

Hallo. Das ist mir peinlich zu erzählen, ich bitte um ernsthafte Antworten.

Ich hole mal ein bisschen weiter aus.
In der Jugend wurde ich lange gemobbt. Nach einem schlechten Realschulabschluss habe ich eine Ausbildung angefangen (Bibliotheksassistentin), die Probezeit aber nicht bestanden. Mir wurde gesagt, ich sei die schlechteste Auszubildende, die sie je hatten. Ich war derzeit schwer depressiv und suizidgefährdet, was niemand gemerkt hat.
Danach habe ich eine Ausbildung zur Erzieherin gemacht (gute Noten!), hatte/habe aber Angst vor Kindern und konnte den Beruf deshalb nicht ausüben (chronische posttraumatische Belastungsstörung).

Später folgte eine Umschulung zur ReNo (2007-09), die ich mit sehr schlechten Noten abschloss (schlechte Vier). Zu der Zeit war ich (mal wieder) sehr depressiv und habe meine erste ambulante Therapie gemacht. Beides zusammen war, kann ich im Nachhinein sagen, zu viel, ich hatte keine Kraft für Therapie UND Ausbildung. Folglich habe ich mich nirgends getraut, eine Bewerbung hinzuschicken, die Angst vor Ablehnung war so groß, dass ich Panikattacken hatte, sobald ich an Bewerbungssituationen gedacht hab. (Angst, wieder die schlechteste Mitarbeiterin/der schlechteste Mensch zu sein, den sie je hatten.)

Bis letztes Jahr hab ich wieder Therapie(n) gemacht, und weil ich bzgl. Bewerbungs-/Arbeitsangst nicht weiterkam, abgebrochen und (m)ein einjähriges Fachabitur gemacht, in der Hoffnung, mehr Selbstbewusstsein zu erlangen, indem ich mir selbst beweise, dass ich doch etwas kann und kein totaler Versager bin.
Das Fachabi habe ich jetzt erfolgreich mit 2,0 bestanden und mich bereits bei 2 Anwälten beworben (Teilzeit). Ich traue mir ReNo-technisch nicht mehr zu als vor dem Fachabitur, aber ich habe weniger Angst davor, abgelehnt/entlassen zu werden, weil ich einfach (noch) nicht gut genug bin in dem Job.
Meine Stärken sind freundliches Auftreten, sorgfältiges Arbeiten und sortieren/archivieren/kopieren, das mache ich total gerne. Leider ist durch die Depression nicht viel Fach-Wissen aus der Umschulung hängengeblieben, ich kann keine Fristen, keine DIN 5008-Klage mehr schreiben, keine Buchführung und vieles andere auch nicht (mehr), müsste es also erst wieder lernen/auffrischen.

Nun meine eigentliche Frage. Ich möchte gern versuchen, beim Anwalt sozialversicherungspflichtig zu arbeiten, mir schweben 20 Std./Woche für 500€ netto vor, plus eben Krankenversicherung etc.
Ist das als völliger Berufsanfänger mit Defiziten, aber Willen, zu lernen, völlig unrealistisch und überzogen?


Ich bin von meinen 34 Lebensjahren ca. 10 Jahre arbeitslos und auf Hartz IV (gewesen), ich möchte endlich raus aus der HartzIV-Falle.
Soll ich erst einmal ganz bescheiden sein und fragen, ob ich für die monatliche Fahrkarte aushelfen kann, oder gleich sagen, ich möchte endlich leben und brauche dafür aber einen Job knapp über 400€ (wegen Krankenversicherung und so)...?
Meine ehemalige Chefin aus dem Praktikum traut mir mehr zu als ich, sie war zufrieden mit mir, aber ich denke, das kommt auch dadurch, dass ich eben sehr nett, pünktlich und hilfsbereit bin und damit viel punkte.
Das Fachabi hat mir gezeigt, dass ich generell lernen kann, ich habe mich in Mathe ALLEINE von einer 5- auf eine 3 hochgearbeitet. Das Jahr war das beste, was ich machen konnte.
Ich lerne allerdings schwerer/langsamer als viele andere, muss die Dinge häufiger erklärt kriegen, bis ich sie wirklich beherrsche. Die Frage ist, welcher Anwalt solche Geduld hat und dafür auch noch Gehalt zahlt...

Puh...! Danke fürs Lesen.
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gkutes

#2

15.06.2012, 13:35

wäre es dir denn wichtig mit Fristen und selbstständigen Klagen zu hantieren? oder würde dir das sortieren/archivieren/kopieren schon grundsätzlich reichen?

wohnst du eher ländlich oder in der Stadt?

ich weiß nicht, ob es nicht vll gescheiter wäre, mit einem 8-10-Stundenwoche-400-€-Job anzufangen. Der potentielle Arbeitgeber tut sich damit auch leichter, weils einfach günstiger und unkomplizierter wäre. Aufstocken kannst du immer noch. Oder wäre das überhaupt keine Lösung für dich?
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misspinky1984
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#3

15.06.2012, 13:36

gkutes hat geschrieben:ich weiß nicht, ob es nicht vll gescheiter wäre, mit einem 8-10-Stundenwoche-400-€-Job anzufangen. Der potentielle Arbeitgeber tut sich damit auch leichter, weils einfach günstiger und unkomplizierter wäre. Aufstocken kannst du immer noch. Oder wäre das überhaupt keine Lösung für dich?
:zustimm
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Quelle: Die englische Fassung nach Charles Reade geht auf ein chinesisches Sprichwort zurück.
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schüchtern
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#4

15.06.2012, 13:51

Es wäre eine weniger schöne Lösung, aber besser als gar nicht(s). Also ich schwanke zwischen "je weniger arbeiten am Anfang, desto besser" und "ich bin voller Power, ich will endlich was tun!".

Die kaum selbstbewusste Seite sagt, es sei besser, ganz kleine Brötchen zu backen, dann kann mir am Wenigsten passieren (wenig Verantwortung, wenig Fehlermöglichkeit => Sicherheit).

Die Power-Seite sagt "du hast so lange auf deinem A** gesessen und jetzt gehts dir gerade gut und du bist motiviert, nutz das aus, MACH! Fehler machen gehört nunmal zum Leben, in Watte packen war gestern!"
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gkutes

#5

15.06.2012, 13:53

ich hatte auch noch zwei andere Fragen gestellt
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schüchtern
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#6

15.06.2012, 13:57

Der Anwalt, bei dem ich Montag ein Gespräch hab, wollte mich nämlich schon spontan als Urlaubsvertretung haben - mit vielen Dingen, die ich nicht mehr (gut) kann... Da hab ich gebremst und gesagt, das traue ich mir jetzt so nicht zu, außerdem war ich da noch in der Prüfungsphase vom Fachabi.

Das war ein sehr schräges Kennenlerngespräch, ich war als Mandant bei ihm und erzählte, dass ich garnicht erwähnen darf, ReNo gelernt zu haben, weil ich meinen Job nicht kann und mich nicht traue, mich irgendwo zu bewerben...darüber kamen wir ins Gespräch. Das war im Februar. Er gab mir seine Nr., ich brauchte bis Mai, ihn anzurufen. Und jetzt hab ich tatsächlich ein Vorstellungsgespräch bei ihm und er sagte, er freut sich darauf... *stolz*
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schüchtern
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#7

15.06.2012, 14:09

gKutes: Entschuldige, ich bin sooo aufgeregt! Hab die Fragen vergessen zu beantworten.
wäre es dir denn wichtig mit Fristen und selbstständigen Klagen zu hantieren? oder würde dir das sortieren/archivieren/kopieren schon grundsätzlich reichen?

wohnst du eher ländlich oder in der Stadt?
Ich wohne in Duisburg, also Stadt, die Stelle wäre in Essen.
Mir würde das sortieren und so reichen, sozusagen ein bisschen "Mädchen für alles" mit Kaffee kochen, kopieren, leichte Briefe ("...übersende ich zur Kenntnisnahme...MfG...") schreiben, Mandanten empfangen, bestimmte papiere heraussuchen, die gesucht/benötigt werden, Botengänge...würde mir reichen, aber ich weiß, dass ich auf Dauer nicht auf diesem Level bleiben kann. Ich muss mich mal dem Leben stellen mit all seinen unangenehmen Dingen, dazu gehört auch Buchführung, Fristenkalender führen und mal eben den Richter X anrufen.
Da ich mir allgemein eher (sehr) wenig zutraue, denke ich, ich sollte vielleicht meine mutigen Tage, Wochen oder gar Monate nutzen und ins kalte Wasser springen.

Ich habe gemerkt, dass es mir gut tut, jeden Tag aus dem Haus gehen zu müssen und eine Aufgabe zu haben, Struktur im Tag zu haben. Ich würde also, auch wenns um weniger Geld geht, (fast) jeden Tag zur Arbeit gehen, nicht nur 2x/Woche. 8 Std. pro Tag traue ich mir noch nicht zu, wenn alles so neu ist, bin ich schnell erschöpft von all den Eindrücken und so. Lieber 4x5 Std. pro Woche z.B.
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Adora Belle
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#8

15.06.2012, 14:29

Könnte man da nicht sowas wie das Hamburger Modell anschubsen?
gkutes

#9

15.06.2012, 14:41

aber du weißt nicht, auf welcher Basis der RA eine Angestellte sucht?
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#10

15.06.2012, 15:07

Adora Belle: Nein, ich bin ja in keiner Reha gewesen oder so, und dummerweise hab ich nie einen Antrag auf Behinderung gestellt. Das tue ich jetzt (endlich).

gkutes: Ursprünglich ging es darum, dass sein Kollege jmd sucht zum Einscannen von Dokumenten. Das wäre genau was für mich. Dann war die ReNo in Urlaub, der Kollege in Urlaub und deshalb suchten sie eine Urlaubsvertretung. Der Anwalt hat aber durchblicken lassen, dass auch mehr drin sein könnte/er mir mehr zutrauen und übertragen würde als nur das Einscannen. Und auf diesen Fall hoffe ich eigentlich, auch wenn ich große Angst vorm Versagen habe.
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