Postbearbeitung

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Gast

#1

20.06.2006, 20:58

Hallo zusammen!

Brauche mal wieder dringend Hilfe! Weiß nicht ob ihr es schon mitgekriegt habt, aber bin seit zwei Tagen mit der Ausbildung fertig und wurde jetzt eingestellt und bin direkt eine Woche ganz alleine auf der Arbeit! :(

Jetzt hab ich das Problem das ich alleine die Post bearbeiten muss, nur ich weiß nicht wie! Kann mir einer einen kurzen Einblick geben woran ich sehe was ich mit den Schreiben machen muss die eingehen? Das einzigste was ich weiß ist, dass ich wenn Abschriften beiliegen, diese dem Mandanten zuschicken muss, aber mehr leider auch nicht...

Freue mich über jede Hilfe! Liebe Grüße Sweettayler
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Annile
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#2

20.06.2006, 21:26

Also wenn wir die Post bekommen sortieren wir vorerst aus nach Persönlich / Vertraulich (also private Post) und Kanzleipost.

Dann wird die Post ganz normal geöffnet und auf jedes Schreiben der Eingangsstempel gemacht. (Originalunterlagen wie Arbeitszeugnisse berücksichtigen und hier keinen Stempel aufdrücken!)

Wichtig ist, dass du dir jedes Schreiben durchliest und nachschaust, ob Fristen oder Termine vermerkt sind. Diese vorsorglich immer gleich eintragen oder fragen, ob es in der Kanzlei so gehandhabt wird, dass Fristen und Termine sofort beim Postöffnen eingetragen werden.

Die Post wird sodann als erstes dem Anwalt vorgelegt - mit kompletten Anlagen und Abschriften. Oft diktieren die Anwälte ja auch nochmals was zur Abschrift und der Kenntnisnahmezettel ist überflüssig.

Bei Schecks füllen wir immer gleich das Scheckübermittlungsformular aus und wenn Empfangsbekenntnisse bei sind vermerken wir es auf unserem Aktendoppel.

Das ganze ist aber von Kanzlei zu Kanzlei unterschiedlich. Ich würde einfach ganz höflich nachfragen wie es in deiner Kanzlei gehandhabt wird. (mit eintragen von Terminen und Fristen etc.) Ich denke mal, dass wir dir jeder beantworten. Sie wollen ja schließlich die Post ordnungsgemäß bearbeitet haben.
Es Annile :hurra
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Melanie
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#3

20.06.2006, 21:29

Also das ist wohl von Kanzlei zu Kanzlei verschieden. Wir sehen die Post morgens durch auf Fristen und Termin und tragen sie dann sogleich in den Kalender. Bei meinem vorigen Arbeitgeber wurden einfache Sachverhalte bzw. Schreiben selbständig bearbeiten, insbesondere in Zwangsvollstreckungssachen und Mahnsachen. Ansonsten ging die Post danach erst einmal mit der Akte zum Chef. Der diktierte sodann bzw. rief eine von uns zur Besprechung ins Zimmer. Beim meinem jetzigen Arbeitgeber werden die Fristen und Termine auch gleich eingetragen und dann geht die gesamte Post lückenlos mit Akte zu den jeweiligen Anwälten. Da wird dann losdiktiert bzw. zur Besprechung gerufen. Sobald dann die Gerichtspost da ist, beginnt das gleiche Spiel.

Bei Dir hört es sich ja so an, daß Du ja ganz alleine im Büro bist und die Pos bearbeiten sollst. Ich kann Dir nur raten, es soweit wie möglich zu versuchen, sollest Du Dir aber in irgendeiner Sache nicht sicher sein oder es Dir nicht zutrauen, besprich die Akten mit dem Chef. Lieber einmal mehr gefragt als einmal zu wenig. Gerade während der Einarbeitungsphase sollte Dein Chef dafür Verständnis haben. Wird ja schließlich in jeder Kanzlei anders gehandhabt.
Viele Grüße

Melanie :pcwink
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Melanie
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#4

20.06.2006, 21:34

Ja, daß mit dem Eingangsstempel habe ich als selbstverständlich vorausgesetzt. Sollte ja mindestens jedem aus der Ausbildung bekannt sein.
Viele Grüße

Melanie :pcwink
Gast

#5

20.06.2006, 22:15

Das Problem liegt eher darin das ich nicht weiß bei welchen Schreiben ich was notiere. Also bei uns wird es so gemacht das alles geöffnet wird, dann kommt der Eingangsstempel drauf, die Fristen und Termine werden notiert und alles andere machen dann auch wir und die Akten gehen erst garnicht zum Chef rein. Deswegen habe ich keine Ahnung was ich damit anstellen soll. Bei uns wird aller höchstens einmal im Monat eine Akte vorgelegt bei denen die Angestellten garnicht wissen was sie damit machen sollen. Und jetzt soll ich das ganz alleine machen und mir hilft kein Schwein. Mehrere haben einen Krankenschein und Urlaub und der Rest hilft mir einfach nicht! Und sobald ich mal auch nur igend eine Kleinigkeit frage, machen die mich gleich beim Chef nieder und der hackt dann auch noch auf mir rum! :cry:
Chrissy Feldy
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#6

21.06.2006, 06:51

Das ist natürlich dumm, wenn Dir keiner hilft, sondern Dich lieber in die Patsche haut.

Ich bin nun in der Situation, dass ich von den vorherigen Kanzleien weiß, wie es dort abgelaufen ist und habe mir aus der Post alles rausgezogen, was der Anwalt nicht sehen muß, somit alles alleine bearbeitet.

Jetzt bin ich in einer neuen Kanzlei. Ich kenne die Fälle noch nicht, kenne mich mit Familien-/Ausländersachen nicht aus. Bin also ein Neuling.

Bei der Post trage ich Fristen und Termine ein. Dann wird es hier so gehandhabt, dass wir die Akten dazu raussuchen. Dann schaue ich mir die Akten zu der Post an. Wo ich nichts weiß, leg ich es vor; wo ich mir unsicher bin, besprech ich die Akte mit dem Anwalt und ansonsten mach ich es alleine.

Sprich mit dem Anwalt. Etwas anderes bleibt Dir nicht übrig.
L.G. Chrissy
Bärchen

#7

21.06.2006, 08:13

Das ist aber gar nicht nett von den Kollegen! Kollegen sollten eigentlich zusammenhalten. Ich würde ganz klipp und klar dem RA sagen, dass Du nicht weiter weißt, da Du das noch nie gemacht hast und er soll Dir gefälligst helfen. In der alten Kanzlei wurde ich auch ins kalte Wasser geschmissen. Die eine hatte Urlaub, die andere war krank und ich war mit einer Halbtagskraft, die von Post machen gar nichts wusste, ganz alleine da. Selbst in der Ausbildung hatte ich nie gelernt, wie man die Post bearbeitet. Das war toll. Ich hatte meinen alten Chef dann auch gesagt, dass ich nicht wirklich weiß, was ich machen muss und er hat sich dann neben mir gesetzt und wir haben zusammen die Post gemacht.

Gruß Nina
Andreas

#8

21.06.2006, 08:48

Ich versuche mal eine möglichst kurze Zusammenfassung, wie es hier läuft :

Die eingehende Post wird geöffnet und gestempelt. Je nach Schriftstück natürlich verschieden.

Schriftsätze / Beschlüsse des Gerichtes / mehrfach übersandte Gegner-/Versicherungsschreiben werden auf jeder Fassung des Schriftstücks gestempelt.

Liegt einem SS / Beschluß / wasauchimmer ein Empfangsbekenntnis (EB) bei, auch das am richtigen Platz stempeln, abtrennen, auf das gegen EB zugestellte Schriftstück unter den Eingangsstempel "mit EB" schreiben.

Bilde gesonderte Stapel, falls nötig :

1 Stapel "Zahlungsverkehr zu bearbeiten", also wo was zu überweisen ist, ein Scheck einzureichen oder so
1 Stapel "Fristen / Termine zu notieren"
1 Stapel mit dem Rest

Dann kannst du die Post wie folgt vorbereiten :

Falls du selbst überweisen darfst, Ü's vorbereiten. Bei Schecks: Eine Kopie des Schreibens mit Scheck, Scheck abtrennen, auf Originalschreiben schreiben "VS 123,45 € entnommen /Diktatzeichen", Scheckeinreicher fertigmachen, wichtig: Aktenbezeichnung / Aktennr. auf Durchschrift Einreicher (Zuordnung !).

Dann die Fristen / Termine notieren. Vorfrist (normal 1 Woche) nicht vergessen ! Ggf. Wiedervorlagen notieren, falls zB auf Urteil Rechtskraftvermerk eingeholt werden muß in nem Monat oder so.

Restliche Post durchsehen und Verfügungen treffen :

zdA = zu den Akten, also abheften, Akte wieder weghängen
Pt = Durchschrift an Mandant(en), zdA
Dein Diktatz. = zu dir
RA = zuständigem RA vorlegen
PT / Dein DZ = Durchschrift an Mandant(en), anschließend zu dir
PT / RA = Durchschrift an Mandant(en), anschließend zum zuständigen RA

Alles, wo du dir nicht sicher bist ohne Akte, immer zu dir kommen lassen ! Es darf nix einfach in der Akte verschwinden ! Bist du unsicher, lieber ein paar Akten zum RA mitnehmen und ihn fünf Minuten beanspruchen, um zu klären, was mit einzelnen Sachen passieren muß.

Dafür muß er Verständnis haben, wenn du es in der Ausbildung nicht beigebracht bekommen hast !
Gast

#9

21.06.2006, 18:34

Aber da sind immer so viele verschiedene Sachen! Die normalen Sachen wie z.B. Überweisen, Kenntnisnahme und so weiß ich ja, nur was mache ich mit solchen Beschlüssen, hefte ich sie einfach ab oder muss ich da was gegen einlegen?! Oder Sachen wo z.B. drin steht das noch ein Formular beim Gericht eingereicht werden soll oder sowas, oder Schreiben von gegnerischen Anwälten, werden die alle einfach nur zur Kenntnis geschickt und dann abgeheftet?! So kommt es mir da vor!
Andreas

#10

21.06.2006, 19:37

Du mußt dich immer in die jeweilige Sache reindenken, das ist das Anfangsproblem bei der Sachbearbeitung. Wenn du die Verfahren später mal kennst, weißt du das aus dem Eff-Eff.

Am wichtigsten ist, daß NIE NIE NIE und nimmer :wink: eine Sache "sterben" darf.

Du darfst also nicht eigenmächtig ein Anwaltsschreiben einfach so zdA verfügen.

Du mußt immer den Inhalt und Zusammenhang kennen :

Schreibt der Gegner zB "Ihre Mandantschaft hat die Einkommensunterlagen für die Zeit von ... bis ... vorzulegen", dann muß da natürlich was passieren. Was, muß dann entschieden werden - vorlegen ? Nicht vorlegen ? Beim Mandanten anfordern ?

Deshalb:

Bei geringsten Zweifeln Akte zu dir, Akte lesen !

Oder anderes Bsp.:

Es kommt ein Kostenfestsetzungsbeschluß. Also, was ist zu tun ? Überlege mal kurz, und dann lies hier weiter.

Es gibt zwei Möglichkeiten:
1. Gegner hat an euch zu zahlen -> also Zahlungsaufforderung machen
2. Ihr habt an Gegner zu zahlen -> also an Mandant oder RSV weiterleiten mit dem Hinweis, zu zahlen an Gegneranwälte oder ZV droht.

Nächstes Bsp:
Ein Urteil kommt.

Wieder zwei Möglichkeiten - 1. gewonnen, also an Pt, Glückwunsch :wink:, Hinweis, daß Gegner bis zum ... Berufung einlegen kann und Ihr das prüfen werdet. Und Endabrechnung ggf. machen, und Kostenfestsetzung.

Oder 2. verloren, an Pt, blabla leider verloren, wir können (falls Ihr könnt) Berufung zum A-Gericht in X einlegen, Frist hierfür ist der... Wir prüfen die Erfolgsaussichten blabla. (wie das in eurer Kanzlei halt so üblich ist).

Dann kommt mal ein Schriftsatz des Gegneranwalts über das Gericht rein. Da kannst du regelmäßig gar nicht entscheiden, ob darauf erwidert werden muß. Also -> Durchschrift an Mdt., Wiedervorlage an RA. Der muß entscheiden, ob erwidern.

Etwas klarer ?
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