Berechnung der Klagefrist im Sozialrecht

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rit-sch
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#1

26.05.2010, 17:49

Hallo. Nachdem ich jetzt wenigstens erst mal eine Stelle auf geringfügiger Basis bekommen habe, habe ich auch gleich eine Frage:

Also mein Chef (hat die Kanzlei noch nicht lange eröffnet, deswegen kann er mich leider nicht in Vollzeit beschäftigen) macht nur Sozialrecht. Wir hatten dann heute gleich eine Diskussion über die richtige Berechnung der Klagefrist nach Widerspruchsbescheid. Normalerweise gilt ja der Widerspruchsbescheid 3 Tage nach Ausstellung als zugestellt und damit wird die Klagefrist in Gang gesetzt. Es ergab sich nunmehr die Frage, wann die Frist beginnt, wenn der Bescheid lt. Eingangsstempel vor Ablauf dieser 3 Tage tatsächlich zugeht. Beginnt die Frist dann mit dem tatsächlichen Zugang oder trotzdem erst mit der fiktiven Zustellung 3 Tage nach Ausstellung?

Danke euch im voraus. :thx
Liebe Grüße
Rita


Sie können nie so krumm denken, wie es kommen kann, sagte mein Bürovorsteher während meiner Ausbildung immer. Er hatte recht.
Refa-Rgbg
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#2

27.05.2010, 00:02

Hallo rit-sch! :)

Das mit den drei Tagen ist streitig. Auf der sicheren Seite bist du immer, wenn du (und so machen wir das auch) ein Monat ab Bescheid-Datum rechnest!
Es gibt verschiedene Möglichkeiten: Manche stellen ihre Bescheide förmlich zu. Da stellt sich ja die Frage dann gar nicht, Zustellungsdatum ist ja auf dem Umschlag vermerkt.
Dann gibt es Mandanten, die wissen nicht mehr, wann sie den Bescheid erhalten haben. Hier rechne ich immer einen Monat ab Datum des Bescheides.
Und dann eben die Bescheide, die in der Kanzlei eingehen. Und hier ist es eben so, dass wir grundsätzlich immer das Datum des Bescheides nehmen.

Fakt ist aber, dass die Frist mit Zustellung zu laufen beginnt. Und das ist, spätestens drei Tage nach Aufgabe zur Post.

Ich hoffe, dir damit etwas geholfen zu haben?
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rit-sch
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#3

27.05.2010, 12:41

Danke für die Antwort. Also es geht hauptsächlich um die Bescheide, die in die Kanzlei kommen. Natürlich ist es am sichersten, das Datum des Bescheides zu nehmen.

Mein Chef warf aber jetzt die Frage auf, was passiert, wenn wir dem Mandanten diese Klagefrist entsprechend mitteilen, dieser dann lange mit sich hadert und sich vielleicht einen Tag nach dem von uns mitgeteilten Datum überlegt: "Vielleicht hätte ich ja doch Klage erheben sollen, aber nun ist die Frist ja abgelaufen." Und aus diesem Grund keinen Klageauftrag mehr erteilt, obwohl die Frist evtl. doch noch nicht abgelaufen ist. Ich hoffe, ich habe das einigermaßen verständlich dargelegt. Mein Chef sieht da evtl. Haftungsprobleme.

Das ganze hat ein bisschen was von dem, was in meiner Signatur steht :)
Liebe Grüße
Rita


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Reno97
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#4

27.05.2010, 13:37

Hallo,

ich arbeite auch überwiegend im Sozialrecht.
Die Frist wird nach Eingangsstempel gerechnet. Wenn Mandant selbst Bescheid
mit bringt (ohne Stempel) +3 Tage, 1 Monat.

Gruß, reno97 :D
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rit-sch
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#5

28.05.2010, 02:16

Eingangsstempel leuchtet ein. Das habe ich nämlich auch so gehandhabt (obwohl ich mit Sozialrecht noch nie wirklich was zu tun hatte, aber Fristberechnung habe ich mal so gelernt).

Es stellt sich dann aber doch die Frage: Wenn der Eingang per Eingangsstempel vor dieser 3-Tages-Zustellfiktion liegt, gilt dann der tatsächliche Eingang als Fristbeginn oder trotzdem der Fristbeginn ab dem 3. Tag nach Ausstellung. Wenn nämlich der tatsächliche Zugang des Bescheides gemäß des Eingangsstempels erst nach diesem 3. Tag erfolgt, beginnt (nach Aussage meines Chefs) die Klagefrist dann auch erst ab dem Tag des durch Eingangsstempel nachzuweisenden Zugangs.

Ich denke mal, dass sich mein Chef da auch zuviel Gedanken macht, was das Haftungsrisiko angeht. Die Szenerie, die er heraufbeschworen hat, ist wohl sehr weit hergeholt und relativ unwahrscheinlich.

Ich denke, ich werde es zukünftig so handhaben:
Bescheide, die im Büro ankommen: Eingangsstempel + 1 Monat
Bescheide von Mandanten: Datum Bescheid + 3 Tage + 1 Monat.

Kann ja nicht verkehrt sein.
Liebe Grüße
Rita


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