Notarbereich - wie viele Mitarbeiter/Stunden?

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Summerof77
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#1

09.02.2023, 16:52

Hallo liebe Kollegen,

mir wurde eine Frage angetragen: Wir arbeiten in einer Kanzlei mit RAe und Notaren. Im Anwaltsbereich kommen wir mit einer oder zwei Angestellten pro Anwalt gut hin, manchmal auch nicht. Aber man hilft sich gegenseitig. Wir haben zwei Notare und nur fürs Notariat allein insgesamt 5 MItarbeiter, die nur im Notariat auf 165 h/170 h die Woche kommen, teilweise auch 180 h die Woche. Wir haben im Durchschnitt 900 Urkunden im Jahr. Ihr kennt das, mal größere Verträge, Erbscheine, was eben so anfällt. Es ist auch immer viel zu tun und wir werden nie fertig. Vor ca. 7 Jahren waren es nur zwei MItarbeiter für ebenfalls 2 Notare. Ist die Arbeit bei Euch auch so gestiegen und wieviele Leute kommen auf wieviele Urkunden? Sind es die Anforderungen an den Job? Wie weit digital sind die Notariate in S-H anderswo? Im Anwaltsbereich arbeiten wir zu 98 % digital, auch in der Verwaltung und Buchhaltung. Nur im Notariat ist dies wohl nicht möglich? Ich würde mich über ein paar Antworten freuen, ob wir ggf. irgendwo Potential vergeuden. Außerdem machen mindestens drei Kollegen auch noch diverse Überstunden. Ich bin da echt überfragt, ob es noch mehr Notariate mit so einem Arbeitsaufkommen gibt oder wir einfach eine falsche Aufteilung haben.

Ich finde 165 h und 5 MItarbeiter (Fachwirte und Reno`s) schon viel. Entlassen wird hier natürlich keiner, wir würden nur gerne entlasten, auch die Kollegen. Es ist bisher so geregelt, dass zwei Leute Verträge vorbereiten und Akten bearbeiten - von Anlage bis Abrechnung und die anderen drei werden quasi als Hiwi`s gesehen, die mal hier, mal dort was machen können, viele unliebsame Dinge eben, obwohl viel mehr in uns steckt. Selbst Telefonate dürfen wir nicht führen, nur, wenn es nicht anders geht. Meiner Meinung nach, könnten wir auf weniger Stunden kommen und hätten mehr Zeit für die anderen Bereiche. Was meint ihr?
Nicht ärgern...nur lächeln und winken, lächeln und winken!
elena94
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#2

22.02.2023, 18:32

Ich kann nur für mich/uns sprechen:
Wir sind hier 4 Mitarbeiter, wobei 2 - meine Kollegin und ich - die ganze Hauptarbeit machen und nur im Notariat tätig sind. Dazu haben wir zwei "Misch"-Kräfte, die aushelfen bzw. bestimmte Tätigkeiten im Notariat übernehmen (Vorbereitung von Vorsorgevollmachten/Patientenverfügungen und deren Abwicklung, Abwicklung von Testamenten und Erbverträgen sowie sonstigen "Kleinkram"). Der Rest liegt bei uns (ich 40 h/Woche meine Kollegin 33 h). Dazu haben wir einen Rechtsanwalt und Notarassessor, der mithilft und Verträge mit vorbereitet, im Rahmen seiner Assessortätigkeit eben und zur Vorbereitung auf das Notaramt, er wird dann aber später wohl nicht mehr so viel machen können...
Urkunden haben wir im Jahr 1100 - 1200. Fertig werden wir ebenfalls nie, irgendwas liegt immer, aber so ist es eben. Überstunden haben meine Kollegin und ich uns größtenteils abgewöhnt (sofern sie dringend nötig sind, werden sie natürlich trotzdem gemacht, aber definitiv nicht als "Normalzustand").

Meines Erachtens hat sich der Aufwand einfach in den letzten Jahren durch die Digitalisierung mehr erhöht, als verkleinert. Es sind so viele Kleinigkeiten dazu gekommen, die organisiert und durchgeführt werden müssen. XNP, UVZ, das kostet alles wahnsinnig viel Zeit, insbesondere, wenn die Technik dann mal wieder nicht richtig mitmacht (erst gestern wieder das Problem gehabt, dass bei beN plötzlich quasi grundlos kein Versand möglich war)... dieses ganze Hochladen, Signieren, elektronische Urkundensammlung in XNP führen, etc. Vielfach würde es deutlich schneller gehen, Dinge einfach nach wie vor per Post rausschicken zu können etc.

Was meinst du mit "Telefonate dürfen wir nicht führen"? Machen dies nur die Chefs/der Chef oder die dazu bestimmten ReNos?
Liebe Grüße :wink1
Eli
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#3

22.02.2023, 20:53

Die reine Zahl der Urkunden pro Jahr sagt noch nicht genug über den Personalbedarf aus, Unterschriftsbeglaubigungen sind nicht dasselbe, wie Bauprojekte. Wenn es vor 7 Jahren 2 Mitarbeiter für 2 Notare waren, könnte man intern erstmal nachvollziehen, was sich seitdem quantitativ und qualitativ an der zu erledigenden Arbeit vor Ort geändert hat. Die Notare werden ja wissen, warum sie im Laufe der Zeit das Personal aufgestockt haben, sofern es noch dieselben Notare sind. Beim Durchschnittsnotariat würde ich bei 2 Notaren mit insgesamt 900 Nummern jedenfalls von mindestens 1 routinierten Vollzeitkraft pro Notar als Basis ausgehen, wahrscheinlich plus je 1 Teilzeitkraft, der Rest kommt auf den fachlichen Zuschnitt an und auch darauf, was die Notare selbst übernehmen.

Das Ausmaß der Digitalisierung hängt derzeit noch stark davon ab, ob das Gericht vor Ort schon am elektronischen Rechtsverkehr teilnimmt. Vieles muss trotzdem per Post verschickt werden, weil Original-Dokumente nach wie vor eine große Rolle spielen. Zeitvorteile an einer Stelle werden zudem, wie schon oben erwähnt, durch vergleichsweisen Mehraufwand an anderer Stelle teilweise wieder aufgezehrt. Besonders problematisch kann es in Notariaten sein, die bisher noch alles old school auf Papier gemacht haben, dort sind die Notariatskräfte häufig mit der Digitalisierung noch etwas überfordert und büßen viel Zeit bei der Bewältigung technischer Fragen ein. Auch ist Entlastung durch weniger qualifizierte Hilfskräfte bzw. Azubis nicht mehr ohne weiteres möglich, weil man in der Notariatssoftware schon genau wissen muss, was man macht. Ich denke, man braucht in Kanzleien künftig im absoluten Zahlen gesehen eher weniger, dafür aber mehr qualifiziertes Personal.
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#4

23.03.2023, 17:53

Das sind aber schon mal sehr konstruktive Aussagen. Vielen Dank! Telefonate dürfen nur die beiden Notarfachwirte führen inklusive Termine vereinbaren. Die anderen drei Kräfte, davon eine Vollzeit-ReNo, machen Hilfsarbeiten, auch wichtig, aber trotzdem alles nicht sehr effektiv. Papier spielt nach wie vor im Notarbereich eine große Rolle, im Anwaltsbereich sind wir - bis auf Ausnahmen ie ZV und Testamentsvollstreckungen - paperless und digital. Wir haben sogar eine Telefonzentrale, die aber auch lediglich Rückrufbitten einstellt und keine Termine vergeben darf. Auch sind die Bereiche aufgeteilt zwischen den Fachwirten, fehlt einer, kann oder will der andere keine Auskünfte erteilen. Die anderen drei Mitarbeiter können lediglich Teilbereiche und können sich nicht gegenseitig vertreten, da auch hier alles aufgeteilt ist (Urkunden nähen, Urkunden hochladen, Vorsorgevollmachten usw.). Es wirkt so, als würden die beiden Fachwirte deutlich zu viel Arbeit haben, aber auch nichts abgeben wollen, da ggf. den anderen nichts zugetraut wird bzw., diesen auch - aus Zeitgründen - nichts neues gezeigt wird. Gearbeitet wird auf jeden Fall viel, aber ob das immer effektiv ist, weiß ich nicht.
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