Kündigung aus heiterem Himmel

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Avantasia
Foren-Praktikant(in)
Beiträge: 2
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#1

06.08.2022, 20:59

Hallo, ich muss mir kurz Luft machen. Nach 17 Monaten arbeiten ohne Beanstandungen wurde ich plötzlich zu einem Gespräch mit Chef und Chefin gerufen. Das Gespräch wurde eröffnet vom Chef mit:"Haben Sie das Gefühl, dass sie so gut arbeiten wie die anderen?". Ich war völlig perplex und wusste nicht was ich sagen sollte. Schreib als Halbtageskraft jeden Tag 7-10 Bänder, alles wird ohne Beanstandungen unterschrieben und geht raus. Ich fragte also nach, was genau mir vorgeworfen wird und es erfolgten fragende Blicke zwischen den beiden und nur der Satz des Chefs, "Sie können nicht buchen". Recht hat er, musste ich vorher in keiner Kanzlei machen und in dieser haben wir uns bedingt durch Corona nur 2-3 x zusammen hingesetzt und zusammen gebucht mit der Kollegin, die das schon 30 Jahre macht. Neues Programm was ich nicht kannte auch noch. Sonst wurde nichts gesagt. Chef meinte, wir sprechen nächste Woche noch mal (Monatsende). Gespräch beendet. Ich war total geschockt. Die nächsten Tage waren schlimm, denn auf einmal begann die Chefin, sonst sehr nett, habe ihr jeden Morgen Tee gemacht, nach der Arbeit noch vergessene Sachen zur ihr privat nach Hause gebracht, mich komplett zu ignorieren und am Tag vor dem 30. mich aus dem Nichts zu provozieren. Naja letztlich bekam ich am 31. die Kündigung. Ich war geschockt, hatte aber nach dem Verhalten schon damit gerechnet. Ich denke, sie wollten mir kündigen, weil die Kanzlei extrem schlecht in der Coronazeit lief. Die Chefs hatten sich beide seit Januar kein Gehalt mehr vom knappen Konto genommen und wir Angestellte saßen oft untätig rum. Geschockt war und bin ich trotzdem, das nagt an einem. Ich habe meine Befürchtung auch gegenüber den Chefs angesprochen, was natürlich verneint wurde, sauer waren sie darüber aber. Direkt am Tag meiner Kündigung, ich war noch nicht ganz weg, wurde direkt auch freigestellt, kam mir wie ein Verbrecher vor, schalteten sie über das Arbeitsamt eine Stellenanzeige, suchten jetzt ungelernte Kraft. Das tat weh. Ich habe sofort wieder Arbeit gefunden und es geht mir wieder gut, dachte ich. Jetzt habe ich die Möglichkeit mich nochmals beruflich zu verändern und ich habe Angst. Traue mir nix zu. Was ist wenn ich Fehler machen sollte? Ich weiß, dass das totaler Quatsch ist, aber ich bekomme es nicht ganz aus dem Kopf. Was so ein mieses Verhalten der Chefs anrichten kann😔
Danke für's lesen. Hat jemand auch schon sowas erlebt? Ich wünsche es keinem.
Liebe Grüße Avantasia
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Andy66
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#2

08.08.2022, 11:08

Ich bin erschüttert. Sei froh, dass Du dort raus bist, insbesondere wenn die Kanzlei finanziell schon marode war. Es ist naheliegend, dass sie Personal abbauen wollten. Grundsätzlich gibts ja in den kleinen Kanzleien eh keinen Kündigungsschutz, daher kann jederzeit unter Einhaltung der Fristen betriebsbedingt gekündigt werden, auch ohne vorgeschobene "Gründe". Manchmal muss man es halt vor sich selbst rechtfertigen. Und dass man diejenigen kündigt, die man zuletzt eingestellt hat, ist auch naheliegend.

Mach dir da keinen Kopf. Du hast ja auch gleich wieder was gefunden. Noch ein Tipp aus dem Zitatenschatz: "Nur wer nichts tut, macht keine Fehler". Fehler machen wir alle, wichtig ist, dass man daraus lernt und sie nicht (dauernd) wiederholt. Dazu gehört eine entsprechende Fehlerkultur in der Kanzlei, d.h. also nicht gleich eine "öffentliche Hinrichtung" wenn mal was passiert und auch nichts im Sinne von "wie kann man nur so blöd sein" sondern schauen, warum es passiert ist und dann daran arbeiten, die Fehlergründe auszuschalten.

Manchmal passt es auch einfach nicht von der Chemie her. Da ist dann eine Trennung auch besser. Und schau nicht nach, was die alte Kanzlei für Stellenausschreibungen macht. Das ist vorbei, das geht dich nix mehr an.
Erfahrung ist das, was man bekommt, wenn man das was man will nicht kriegt
Avantasia
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#3

08.08.2022, 12:17

Hallo Andy66,
vielen Dank, dass Du Dir die Mühe gemacht hast zu antworten. Das zu Lesen tat mir jetzt wirklich gut.

Liebe Grüße Avantasia
Murmelpfote
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#4

16.08.2022, 15:55

Liebe Avantasia, mach dir keinen Kopf und hab keine Zweifel an dir. Mit dem Sozialverhalten scheint es bei deiner Chefin und bei deinem Chef nicht weit her zu sein. Zum einen die provokative Frage:"Haben Sie das Gefühl, dass Sie so gut arbeiten wie die anderen?" und dann noch der vorgeschobene Grund, jemanden zu kündigen, nur weil dieser nicht buchen kann. Das ist schon die Härte. Ich kann selber auch nicht buchen, ich komme aus einer Großkanzlei. Für das Buchen gab es bei uns entsprechende Buchhaltungskräfte. Nun bin ich in einer mittelgroßen Kanzlei und ich lerne buchen auch gerade erst. Für meine Chefs wäre dies allerdings kein Grund mich zu kündigen, nur weil ich keine Erfahrung habe wie jemand, der das schon Jahrzehnte lang macht und dementsprechend geformt ist. Außerdem hört das Lernen nie auf und wer das nicht begreift, der scheint das Leben nicht verstanden zu haben (sorry). Sei froh, dass du raus aus dieser Kanzlei bist. Ich würde mir für die Zukunft übrigens ganz schnell abgewöhnen, dass du deiner Chefin / deinem Chef privat Sachen nach Hause bringst, nur weil sie diese vergessen hat. Erstmal gehört dies a) nicht zu deinem Aufgabenbereich, b) manche Chefs gewöhnen sich an diesen Service und verlangen das dann ggf. immer mal wieder und c) wenn du irgendwann (aus welchen Gründen auch immer) wieder gekündigt werden solltest, ärgerst du dich nur über deine gut gemeinten Gefälligkeiten. Wichtig ist, dass man Grenzen setzt und auch lernt "nein" zu sagen, wenn es zuviel wird. Mir fiel das anfangs auch schwer, aber vergiss niemals: Ein "Nein" zu anderen ist immer ein "Ja" zu dir selbst. Du darfst ruhig selbstbewusst sein. Unser Beruf ist nicht weniger wertvoll als der Beruf des Anwalts. Ich sehe fast jeden Tag, wie aufgeschmissen die Anwälte ohne uns Fachkräfte wären, weil wir ihnen so sehr den Rücken frei halten. Wenn das einer deiner zukünftigen Chefs nicht zu schätzen weiß, dann würde ich mir freiwillig etwas Neues suchen, denn fehlende Wertschätzung (egal ob von Chefs oder Kollegen) musst du dir nicht antun. Sei dir immer bewusst, wie wichtig und wertvoll du bist. Sei gut zu dir. Zeige notfalls auch mal Kante. Du bist es dir wert. Ich wünsche dir alles Gute.
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Kaffeeschubse
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#5

17.08.2022, 11:49

:wink1
Liebe Avantasia,
mach Dir keine Gedanken, Du kommst jederzeit in einer Kanzlei unter, da diese ja händeringend gut ausgebildetes Personal suchen.

Ich bin nun schon 20 Jahre in der gleichen Kanzlei (auch Chef und Chefin) und könnte nicht glücklicher sein.

Alles Gute für Deinen weiteren Weg :knutsch
Meine Arbeitsplatz ist sicher. Niemand will ihn.
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