Was / Wieviel macht ihr im Büro selber?

In dieses Forum gehören alle Themen, die keinem anderem Forum zugeordnet werden können.
melizitas88
Foren-Praktikant(in)
Beiträge: 18
Registriert: 17.09.2018, 13:22
Beruf: Rechtsanwaltsfachangestellte
Software: RA-Micro

#1

17.09.2018, 13:52

Hallo ihr lieben..
kurz zu meiner Vorgeschichte: Ich habe ReFA gelernt. In der Kanzlei habe ich Familienrecht, Sozialrecht und Strafrecht sowie kleinere Zivilrechtssachen bearbeitet. Ich konnte nach der Ausbildung leider nicht dort bleiben und musste mir etwas neues suchen, obwohl ich mit meiner Chefin gut zusammengearbeitet habe und mir die Arbeit sehr viel Spaß gemacht hat.. Ein Anwalt hat mich nach 2 Monaten Suche dann endlich eingestellt.. leider ein langer Arbeitsweg sowie Immobilien, -Vertrags, -Grundstücks,- Steuerrecht (eklig trockene Sachen). um es gleich vorweg zu sagen - das ist überhaupt kein Themengebiet für mich! :roll: Wenn ich ehrlich bin, hasse ich, was ich momentan tue. Schon als ich erst 2 Monate in der Kanzlei war, stand ich kurz vorm Nervenzusammenbruch und musste mir überlegen ob ich dort bleiben will.. Da ich leider nichts anderes gefunden habe, musste ich dort bleiben. Und da bin ich seit mittlerweile 3 Jahren und schleppe mich so durch. Meine Erfüllung ist es nicht....Mein Chef hat sich nun fast ausschließlich auf Vertragsprüfungen spezialisiert, sodass ich nun gar nichts mehr zu tun habe und 7 von 8 Stunden rumsitze und auf den Feierabend warte....
Nun habe ich ENDLICH einen Anwalt in meiner Region gefunden, bei dem ich wieder im Familienrecht arbeiten könnte. Das wäre mein absoluter Traum, denn dort "verstehe" ich eindeutig besser um was es geht, als bei den trockenen Vertragssachen zB.. Ich hatte ein Vorstellungsgespräch, was wirklich gut lief und ich hoffe nun, dass ich zum Jahresende hier raus bin.
Mein Problem..
Ich habe in der Ausbildung viele Sachen immer erst meiner Chefin vorgelegt, bevor ich was raus geschickt habe. Mein jetziger Chef verlangt sehr viel selbstständiges arbeiten. Er will blind alles unterschreiben und hat schlichtweg keine Lust sich mit diesen kleinen Sachen zu beschäftigen, die wir selber erledigen können.. Ich muss ihm allerdings trotzdem vieles vorlegen, weil ich sehr unsicher in den Rechtsgebieten bin oder sie teilweise falsch verstehe.
Ich habe nun Angst, dass wenn das mit dem neuen Anwalt klappt, ich dann total aufgeschmissen bin und er auch viel selbstständiges arbeiten verlangt. Im Familienrecht ja gerne,... aber da bin ich seit 3 Jahren leider komplett raus.. Ich habe echt Angst, dass ich dort versagen könnte.. :oops:
Wie arbeitet ihr so? Was macht ihr im Familienrecht alles selbst? Gerne mit Beispielen
Bin dankbar für jede kleine Rückmeldung :dankeschoen
Benutzeravatar
SiBa
Daueraktenbearbeiter(in)
Beiträge: 411
Registriert: 25.10.2017, 14:11
Beruf: ReNoFa + Studentin Wirtschaftsrecht
Software: RA-Micro

#2

17.09.2018, 14:20

Hallo :wink1

solche Themen wurden schon öfter mal diskutiert und ich kann mich nur den Meinungen Vieler hier anschließen: Als RA zu verlangen, dass du ALLES selbstständig machst, ist ja schön und gut, aber blind unterschreiben geht einfach nicht. Vor allem sollte bitte jeder RA ein offenes Ohr haben, wenn du Fragen hast, Fälle nicht eindeutig verstehst usw... Es dauert manchmal Jahre, bis man ein eingespieltes Team ist, wo die ReFa ihrem Chef jeden Wunsch von den Augen abliest (mal etwas übertrieben gesagt). Und solange sollte keiner die Einstellung vertreten, mit "kleinen Sachen" sich nicht beschäftigen zu wollen.

Sich Selbstständiges Arbeiten anzueignen ist nie verkehrt und auf Dauer für alle Beteiligten hilfreich. Aber ich würde an deiner Stelle beim neuen Chef gleich ansprechen, dass du einige Jahre raus bist udn er bitte nicht erwarten darf, dass du sofort wieder Up-To-Date bist... Besprich einfach im Vorfeld, wie ihr euch organisiert udn wenn er dir irgendwann mehr zutraut ist das schön, aber lasse dir immer die Option, ihn zu allem Fragen zu können, wenn Unsicherheiten auftauchen... Damit fährst du einfach sicherer.

Bei uns ist auch viel selbstständiges Arbeiten angesagt. Kein Familienrecht... Aber mein Chef hat immer ein Ohr für mich, auch wenn es um Kleinigkeiten geht... Denn letztendlich ist es sein Name der auf dem Briefkopf steht und wenn ich einen Fehler machen, geht es zu seinen Lasten. Daher ist es für ihn völlig in Ordnung, lieber einiges nochmal zu besprechen (auch wenn es mal um Kleinigkeiten geht)

Wünsch dir erstmal alles Gute für den Wechsel
Kaffee erreicht Stellen, wo Motivation nur schwer hinkommt!
Einen schönen Tag euch allen... :wink1
Feldhamster
Absoluter Workaholic
Beiträge: 1988
Registriert: 07.09.2018, 22:08
Beruf: Rechtsfachwirtin, Notarfachwirtin
Software: AnNoText
Wohnort: NRW

#3

17.09.2018, 14:25

Hallo,

hättest du dort in der neuen Kanzlei keine Kolleginnen, die dir am Anfang helfen können, wieder reinzukommen ins Familienrecht?
Ansonsten einfach den RA am Anfang bitten, doch drüberzusehen. Einarbeiten muss man sich überall und das sollte er auch dir zugestehen.

Ich weiß nicht, wo du her kommst, aber die RAK Hamm bietet z.B. ein Seminar "Familienrecht für Kanzleimitarbeiter" an. Vielleicht gibt es sowas auch bei der für dich zuständigen Kammer oder bei anderen Anbietern.

Wir haben im Familienrecht viele Umgangsverfahren, Sachverhalte richtig aufnehmen anhand der Angaben der Mandanten mache ich, aber die rechtliche Würdigung überlasse ich meiner Chefin. In Scheidungsverfahren kann ich die Anträge vorbereiten und später, ob die VAG-Vordrucke von Mandanten richtig ausgefüllt und die Auskünfte der RV-Träger vom Gericht beigezogen werden. Unterhaltsstreitigkeiten sind sehr materiell-rechtlich, ohne genügend Kenntnisse würde ich die immer dem RA überlassen.

Ansonsten gilt natürlich, je besser man eingearbeitet ist und mehr Kenntnisse man erlangt, desto mehr kann man selbständig arbeiten - wenn der RA einen lässt;-)

Ich hoffe, das hat dir ein bißchen geholfen.
Trine
Daueraktenbearbeiter(in)
Beiträge: 337
Registriert: 20.07.2018, 12:41
Beruf: ReFa

#4

18.09.2018, 09:49

Hallo melizitas88,

du solltest versuchen ohne Angst an die neue Arbeit zu gehen. Gehe positiv an die neue Arbeit. Es kann doch kaum schlimmer werden, oder? Du hast jetzt einen langen Arbeitsweg, keine Freude an dem Job, und keine Aufgaben. Es gibt kaum etwas schlimmeres, als keine Arbeit, der Tag wird lang und man selbst unzufrieden, unerfüllt.. das übt sich selbst im Privatleben aus, auf kurz oder lang. 3 Jahre hast du "durchgehalten", nun ist der Tag gekommen an dem du neu durchstarten könntest :-) und dann noch in deinem Lieblingsgebiet. Deine Chance sie zu nutzen. Man verlangt immer viel zu viel von sich selbst, von Anfang an perfekt zu sein, aber letztlich erwartet das niemand. Sei einfach von Anfang an ehrlich und sag, dass du raus bist, aber gewillt bist dir die Kenntnisse (wieder) anzueignen. Einiges wird sicher auch wieder schneller im Kopf sein, als du denkst :-) Vllt. hast du ja nette Kolleginnen die dich einarbeiten können.

Ich spreche aus Erfahrung. Ich hatte immer sehr selbständig in Kanzleien gearbeitet. Zum Schluss 7 Jahre und eine Abteilung geleitet. Dann hatte ich das Bedürfnis mich zu verändert, und bin zum Gericht gegangen als Justizangestellte. Da wurde mir meine komplette Selbständigkeit genommen. Ich habe diese Schritte allerdings nie bereut. Ich habe mich erneut verändert, mein Leben und ich sind umgezogen, ich arbeite seit 3 Monaten wieder in einer Kanzlei und mache dort völlig selbständig die ZV und Kosten. Die ersten Wochen waren nicht schön... Ich habe viel zu viel von mir selbst verlangt, obwohl jeder wusste, dass ich absolut nicht mehr in der Materie stehe, habe ICH von mir am meisten SELBST verlangt, und niemand anderes. Alle haben Verständnis, gucken über die ein oder andere Abrechnung rüber, ich habe das Forum hier für mich als große Hilfe entdeckt. Und wenn ich wirklich nicht weiter weiß, frag ich auch mal eine Kollegin, die mir dann auch versucht zu helfen. Also kann ich dir nur empfehlen, gib dir Zeit! Du hast Bock auf Familienrecht, dann eignest du dir viel schneller Neues an, als z.B. jetzt im Vertragsrecht, da hast du kein Bock drauf und verstehst bis heute einiges nicht. Weißt du was ich meine!?

Let`s GO :-) Viel Erfolg wünsche ich dir!
:thx
melizitas88
Foren-Praktikant(in)
Beiträge: 18
Registriert: 17.09.2018, 13:22
Beruf: Rechtsanwaltsfachangestellte
Software: RA-Micro

#5

18.09.2018, 10:10

Vielen Dank für eure lieben Antworten :knutsch
Ich glaube, ich mache mich wirklich auch ein bisschen selber verrückt.. und ja, es wirkt sich absolut auf mein Privatleben aus. Mein armer Freund muss immer dran glauben und kriegt meine Gefühle der "Nutzlosigkeit" volle Kanne ab.. schon allein deswegen muss ich hier weg. Und für ein Gebiet, was mich nicht interessiert, kann ich weder Verständnis noch Wissen aufbauen. Ich hab es drei Jahre versucht, aber ich muss einsehen, dass Vertragsrecht und ich keine Freunde werden :lolaway
Noch bin ich mit 30 (relativ) jung und sicher, dass ich es schaffe und einen Neuanfang zum positiven für mich wenden kann :-D
Habt ihr das auch mal erlebt, dass ihr etwas machen musstet, was euch nicht mal ansatzweise gefällt und interessiert? Wie geht ihr damit um?
Trine
Daueraktenbearbeiter(in)
Beiträge: 337
Registriert: 20.07.2018, 12:41
Beruf: ReFa

#6

18.09.2018, 10:13

Ich habe mir schnellstmöglich neue Arbeit gesucht.. Ich hätte es an deiner Stelle keine 3 Jahre ausgehalten :-) also Hut ab, auch an deinen Freund ;-)
:thx
Benutzeravatar
Sunny1393
Daueraktenbearbeiter(in)
Beiträge: 321
Registriert: 24.10.2016, 12:40
Beruf: Anwärterin zur Justizfachwirtin (gelernte Refa)
Software: Andere
Wohnort: Saarland

#7

18.09.2018, 12:43

melizitas88 hat geschrieben:
18.09.2018, 10:10
Habt ihr das auch mal erlebt, dass ihr etwas machen musstet, was euch nicht mal ansatzweise gefällt und interessiert? Wie geht ihr damit um?
Ich bin jetzt erst ein bisschen mehr als zwei Jahre ausgelernt und entsprechend früh in den Öffentlichen Dienst gewechselt. Bei meinem alten Arbeitgeber war ich dafür zuständig wirklich alles zu machen wie Kopieren, Aktenanlage, Aktenablage, Diktate schreiben usw., nur Kostenrecht und Zwangsvollstreckung hat eine andere Kollegin gemacht.
Bei mir sind das jetzt vielleicht Kleinigkeiten, aber es gab bei mir ein paar Sachen, die fand ich persönlich ziemlich schlimm. Ich war die Jüngste im Bunde, die nächst Ältere war 45. Ich wurde in allen Richtungen ausgenutzt, sei es auf die Bank laufen, andere Botengänge zu erledigen, sogar Sachen von der Reinigung sollte ich abholen, obwohl ich in Arbeit untergegangen bin. Ansonsten stapelten sich die Ergänzungslieferungen, teilweise kamen bei manchen Gesetzesbüchern schon die zweite Lieferung... Ich war zu der Zeit ausgelernt. Die ganze Problematik hätte sich zukünftig auch nicht geändert, ich wäre quasi immer wie ein Azubi behandelt worden und das wollte ich absolut nicht. Wenn ich mal nein gesagt habe, weil es nicht anders ging, wurde hinter meinem Rücken gelästert. Ich bin mittlerweile sehr glücklich, im ÖD gelandet zu sein. Die Arbeit dort macht mir Spaß und die Kollegen sind auch sehr nett.
Wer kämpft, kann verlieren. Wer nicht kämpft, hat schon verloren. :fecht
ReFaNa
Kennt alle Akten auswendig
Beiträge: 647
Registriert: 13.08.2018, 23:09
Beruf: Assistentin Recht
Software: WinRa

#8

18.09.2018, 13:51

melizitas88 hat geschrieben:
18.09.2018, 10:10

Habt ihr das auch mal erlebt, dass ihr etwas machen musstet, was euch nicht mal ansatzweise gefällt und interessiert? Wie geht ihr damit um?
Ich habe es 6 Monate im öffentlichen Dienst ausgehalten. Allerdings war die Stelle auch gefühlt eine Stelle, die zwangsbesetzt werden musste. Nötig war sie allerdings nicht.
In der Zeit habe ich Harry Potter 1-3 oder 4 gelesen...
Stand/Land/Fluss mit den Kolleginnen gespielt, usw.

Natürlich ist es aber nicht überall so ;)
Wer immer tut, was er schon kann,
bleibt immer das, was er schon ist.
Henry Ford
Trine
Daueraktenbearbeiter(in)
Beiträge: 337
Registriert: 20.07.2018, 12:41
Beruf: ReFa

#9

18.09.2018, 13:54

ReFaNa hat geschrieben:
18.09.2018, 13:51
Ich habe es 6 Monate im öffentlichen Dienst ausgehalten. Allerdings war die Stelle auch gefühlt eine Stelle, die zwangsbesetzt werden musste. Nötig war sie allerdings nicht.
In der Zeit habe ich Harry Potter 1-3 oder 4 gelesen...
Stand/Land/Fluss mit den Kolleginnen gespielt, usw.

das waren tatsächlich auch meine Erfahrungen.. :lolaway :lolaway :lolaway
:thx
Benutzeravatar
AliceImWunderland
Foreno-Inventar
Beiträge: 2388
Registriert: 24.09.2013, 13:47
Beruf: RA-Fachangestellte
Software: Phantasy (DATEV)

#10

19.09.2018, 08:21

Mal ehrlich, wenn der Job schon anfängt, sich negativ auf das Privatleben auszuwirken, dann sollte man sich schleunigst einen neuen Job suchen. Meinem Kind sage ich zu Hause immer und immer wieder: Willst du glücklich sein für 1 Jahr: erbe ein Vermögen. Willst du glücklich sein für 3 Jahre: heirate! Willst du glücklich sein dein Leben lang: mach einen Job, der dir Spaß macht! Den Spruch habe ich schon vor vielen Jahren irgendwo mal aufgefasst und mir zu Herzen genommen.

Was hast du zu verlieren? Die jetzige Stelle ist doof. Und die Neue kann nur noch besser werden. Wenn die Neue auch doof ist, kann hast du nichts verloren. Im Gegensatz: du hast weniger Fahrerei. Und du bist jung und kannst dir jederzeit etwas Anderes suchen. Nur Mut!
4
Warum ist am Ende des Geldes noch so viel Monat übrig?!

Ich habe kein Whatsapp und ich werde auch keins bekommen. Ich stehe auf Datenschutz und bin voll Threema.
:naegel
Antworten