Gesetzesgrundlage für faire ReNo-Löhne

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Mr.Black
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#21

13.11.2007, 00:02

Anwälte haben das Berufsrecht natürlich derart verinnerlicht, dass ein Kommentr schlichtweg überflüssig wäre...unser Berufsrecht ist ja auch mehr eine Art gefühltes Recht, da ist ein schöder trockener Kommentar nicht notwendig
LAG Düsseldorf, Az: 12 (18 ) Sa 196/98:
Der Tritt ins Gesäß der unterstellten Mitarbeiterin gehört auch dann nicht zur "betrieblichen Tätigkeit" einer Vorgesetzten, wenn er mit der Absicht der Leistungsförderung oder Disziplinierung geschieht.
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Glüxkind
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#22

13.11.2007, 07:48

Den § 26 BORA Abs. 2 hab ich hier im Forum auch schon mal gebracht. Das Problem: Lasst mal einen Anwalt "unangemessen" definieren, wenn es um die Gehälter seiner Angestellten geht. Mein Chef z. B. hält die von ihm gezahlten Gehälter für absolut angemessen, ungeachtet der Tatsache, dass man allein davon praktisch nicht leben kann (und nein, es geht der Kanzlei nicht schlecht).

Vielleicht sollte man einfach mal bei der Kammer nachfragen, was man dort unter "unangemessen" versteht. In Sachen Ausbildungsvergütung hat man ja dort zumindest konkrete Vorstellungen. Wie sieht es mit Gehältern aus? Gibt es von den Kammern dafür eigentlich auch Empfehlungen? Ich bin mir jetzt nicht ganz sicher, weiß nur, dass es von den Reno-Vereinigungen Empfehlungen gibt, die aber in der Regel keinen Anwalt interessieren.
[i]''Wissen Sie, warum Anwälte als geldgeile Blutsauger und Kotzbrocken verschrien sind? - Weil es stimmt.'' ;-) (Erin Brockovich) [/i]
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Bluerabbit
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#23

13.11.2007, 08:18

Also ich habe mal nachgefragt. Bei der RAK Zweibrücken gibt es keine Empfehlungen. Die sagen, die sind dafür nicht zuständig.

Zu der Frage, was ist unangemessen, ...... ich muss gestehen, ich könnts nicht definieren. 5 € brutto/Stunde ist unangemessen, klar. Aber wie begründen?
Liebe Grüße
Christiane

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#24

13.11.2007, 09:39

Glüxkind hat geschrieben:Das Problem: Lasst mal einen Anwalt "unangemessen" definieren, wenn es um die Gehälter seiner Angestellten geht.
Ich schätze, es gibt genug Anwälte, die die Frage nach "unangemessenem" Gehalt mit unangemessen hohem Gehalt beantworten würden...

Leider interessiert das die RA-Kammern herzlich wenig. Die kümmern sich um ihre Mitglieder, und da gehören wir nun mal nicht dazu. Womit wir wieder bei dem Elend der fehlenden Vertretung in der Öffentlichkeit wären.
[i][b]LG
Cora[/b][/i]

[color=#BF8040]Der Kopf ist rund, damit das Denken seine Richtung ändern kann. (Picarbia)[/size][/color]
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Mr.Black
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#25

13.11.2007, 09:42

LAG Düsseldorf, Az: 12 (18 ) Sa 196/98:
Der Tritt ins Gesäß der unterstellten Mitarbeiterin gehört auch dann nicht zur "betrieblichen Tätigkeit" einer Vorgesetzten, wenn er mit der Absicht der Leistungsförderung oder Disziplinierung geschieht.
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#26

13.11.2007, 09:51

:good

Aber über ReNo's steht da nichts, oder? *such*
[i][b]LG
Cora[/b][/i]

[color=#BF8040]Der Kopf ist rund, damit das Denken seine Richtung ändern kann. (Picarbia)[/size][/color]
Andreas

#27

13.11.2007, 10:54

@ReNoTomforde:
Ne, da kann ich auf der Seite auch nix drüber finden.
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Master24
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#28

13.11.2007, 11:00

Ein Verstoß gegen das Berufsrecht der Rechtsanwälte ist gem. den Vorschriften der Bundesrechtsanwaltsordnung zu ahnden. Erachtet der Vorstand einer für einen Rechtsanwalt zuständigen Rechtsanwaltskammer dessen Verhalten zwar nicht für regelkonform, bemisst seine Schuld allerdings nur als gering, erhält der Rechtsanwalt einen Rügebescheid.

Sollte der Vorstand der RAK die Schuld allerdings für nicht gering erachten, so wird ein Antrag auf Einleitung eines anwaltgerichtlichen Verfahrens ausgebracht. Das Anwaltsgericht, ein vollständig nur mit Rechtsanwälten besetztes Gericht, angesiedelt bei den Rechtsanwaltskammern, hat sich sodann mit der Sache zu befassen. Da dieses Verfahren doch stark an ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren anlehnt, übernimmt die Rolle der Ermittlungsbehörde die Generalstaatsanwaltschaft bzw. die Staatsanwaltschaft bei dem zuständigen Oberlandesgericht. Der "beschuldigte" Rechtsanwalt muss ggf. bei einem solchen Verfahren mit allen Konsequenzen des § 114 BRAO rechnen: Verwarnung, Verweis, Geldbuße bis 25.000 EUR, Verbot der Tätigkeit in bestimmten Rechtsgebieten von 1-5 Jahren und letztlich sogar die komplette Ausschließung aus der Rechtsanwaltschaft.

Handelt es sich zudem um eine tatsächlich straf- oder zivilrechtlich relevante Angelegenheit, so kann das Anwaltsgericht nicht dessen Entscheidungen ersetzen.

Berufungs- und Beschwerdegericht stellen in derzeit jedem Bundesland ein bestimmter, bei dem Oberlandesgericht angesiedelter Anwaltsgerichtshof dar. Revisionsgericht ist der Senat des Bundesgerichtshofes in Anwaltssachen.

Insoweit ist es nicht richtig, dass die RAK nicht zuständig sei, die Angemessenheit von Entgelten zu überwachen, aber:

Zu prüfen wäre insbesondere, ob dann überhaupt ein Verstoß gegen die Berufsordnung nach derzeitigem Recht vorliegt. Dies kann also nach § 26 Abs. 2 BORA dann der Fall sein, wenn der Fall einer unangemessenen Beschäftigung "anderer Mitarbeiter" und "Auszubildenden" vorliegt (Vgl. § 26 BORA). Bisher haben Rechtsanwaltskammer, welche bisher die Angemessenheit i.S.d. § 26 BORA definierten, lediglich auf einen angestellten Rechtsanwalt (§ 26 Abs. 1 BORA) abgestellt.

Da Abs. 2 der Vorschrift allerdings auch Auszubildende nennt, kann m. E. auch davon ausgegangen werden, dass mit dem Begriff der "anderen Mitarbeiter" jeder Angestellte einer Rechtsanwaltskanzlei gemeint ist. Es ergibt sich insoweit sogar Sinn dahergehend, dass mit dieser Bezeichnung sowohl Rechtsanwaltsfachangestellte, als auch -gehilfen, Bürovorsteher, Telefonisten, Sachbearbeiter u.s.w. umfasst sind. Es besteht daher für einen Rechtsanwaltsfachangestellten gem. der Berufsordnung der Rechtsanwälte ein Anspruch auf angemessene Vergütung seiner Tätigkeiten.

Fraglich ist allerdings dann der Begriff der Unangemessenheit. Diesbezüglich sind mir keine Veröffentlichungen bekannt, so dass aus anderen Rechtsbereichen Informationen und Vorschriften hierzu heranzuziehen wären.

So ist es zum Beispiel i. S. d. § 291 StGB u.a. sogar (z.T. schwer) strafrechtlich relevant, wenn jemand die Zwangslage (...) eines anderen dadurch ausbeutet, dass er sich oder einem Dritten für eine sonstige Leistung Vermögensvorteile versprechen oder gewähren lässt, die in einem auffälligen Missverhältnis zu der Leistung oder deren Vermittlung stehen. Als "schwer" qualifiziert sich die Tat u.a. dadurch, dass durch diese der andere in wirtschaftliche Not gerät.

Auch aus dem Zivilrecht können Anhaltspunkte herangezogen werden. Denn nach § 138 BGB sind Rechtsgeschäfte, welche gegen die guten Sitten verstoßen, nichtig und, so Absatz 2, insbesondere solche Rechtsgeschäfte, durch welche jemand unter Ausbeutung der Zwangslage (...) sich oder einem Dritten für eine (hier: sonstige) Leistung Vermögensvorteile versprechen oder gewähren lässt, die in einem auffälligen Missverhältnis zu der Leistung stehen.

Gleichzeitig liesen sich meines Erachtens aber auch die Anforderungen an die Vorschrift des § 26 Abs. 1 BORA, soweit diese auch auf "andere Mitarbeiter" übertragbar sind, heranziehen. So geht es auch um die Berücksichtigung der Erfahrung und der Kenntnisse des beschäftigten Mitarbeiters.

Klar ist, dass vorliegend aber auch kaum bzw. meiner Recherche nach so gut wie gar keine Rechtsprechung vorliegen kann. Wer ist schon gewillt, seinen eigenen Chef vor ein Anwaltsgericht zu zerren? Dass dies nicht das beste Mittel ist, zukünftig mit einem "fairen" Entgelt zu rechnen zu können, ist wohl offensichtlich. Zumal man mit den Sanktionen des Berufsrechts durchaus auch die Vernichtung des eigenen Arbeitsplatz herbeiführen könnte...

Dementsprechend bleibt die Frage, wann denn nun bei arbeitsvertraglichen Entgelten ein sittenwidriger Wucher vorliegt. In Anlehnung an die Vorschriften der Sozialgesetzbücher wird derzeit in der Mindestlohndebatte auf politischer Ebene, zumindest seitens der Sozialdemokraten, die Sittenwidrigkeit gerade noch so bei Anlehnung an das Arbeitslosengeld II von 345 Euro, die Durchschnittskosten der Unterkunft für einen Langzeitarbeitslosen in Höhe von 300 Euro, Steuern und Abgaben sowie ein Aufschlag von etwa 25 Prozent umgangen. Das heißt, wir sprechen von einer Entlohnung von etwa 6 bis 6,50 EUR pro Stunde.

Die Auffassung, dass von dem - im Einzelfall zu prüfenden - erzielten Entgelt auch ein Leben, zumindest im Rahmen vorgenannter Kriterien, geführt werden kann, sehe ich persönlich als Mindestanforderungen an einen mit den guten Sitten des Rechtsverkehrs vereinbaren Arbeitsvertrag an.

Allerdings sind diese Anforderungen, wie gesagt, im Einzelfall besonders zu prüfen. Denn nicht alle Angestellten und deren Tätigkeiten sind grundsätzlich gleich oder gar vergleichbar. Zudem, das finde ich ganz persönlich, ist nicht nur auf die Bedürftigkeit und Qualifikation des Arbeitnehmers, sondern auch auf die wirtschaftliche Situation des Arbeitgebers abzustellen.

Insoweit ist es aus meiner Sicht derzeit zu verneinen, dass sich aus der genannten Gesetzeslage heraus ein Anspruch auf eine Vergütung einer bestimmten Höhe ableiten lässt. Vielmehr kann es sich nach der Gesetzeslage ggf. begeben, dass der arbeitgebende Rechtsanwalt "ordentlich eins auf den Deckel bekommt" und max. der geschlossene Arbeitsvertrag in diesem Punkt nichtig ist. Dass dies weder von Arbeitgeber- noch von Arbeitnehmerseite gewünscht sein kann, wird wohl in der Folge bedeuten, dass die Vereinbarung der Vergütung weiterhin zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber ganz individuell abzuschließen sein wird, insoweit die guten Sitten damit gewahrt werden.
Zuletzt geändert von Master24 am 14.11.2007, 09:44, insgesamt 2-mal geändert.
Jedoch: Die entsprechende Rechtsprechung des BGH ist für das Gericht obsolet. Beim BGH handelt es sich um ein von Parteibuch-Richtern (..) dominierten Tendenzbetrieb, der als verlängerter Arm der Reichen und Mächtigen allzu oft deren Interessen zielfördernd in seine Erwägungen einstellt und dabei nicht davor zurückschreckt, Grundrechte zu mißachten, wie kassierende Rechtsprechung des BVerfG belegt.
- LG Stuttgart, Urteil vom 12.06.1996, Az: 21 O 519/95 -
Andreas

#29

13.11.2007, 11:09

Vielen Dank @Master24 :!:

De facto gibt es damit aber doch Möglichkeiten, RAe davon abzuhalten, solche "Schweinereien" abzuziehen wie wir es hier mal hatten, 4.34 € brutto Stundenlohn.

Der individuelle Arbeitnehmer wird hier garantiert nichts tun (können), vielmehr aber eine große Institution. Ich überlege, mal dem Reno-Bundesverband die Gelegenheit zu geben, seiner Satzung Taten folgen zu lassen und ihn unter Hinweis auf unsere erhebliche Mitgliederzahl (von denen garantiert auch einige ReNo-Mitglied sind) und unsere Petition dazu aufzufordern, sich aktiv gegenüber der BRAK bzw. den einzelnen RAK's dafür einzusetzen, daß solche Vorkommnisse künftig nicht mehr geschehen.

Evtl. können wir auch versuchen, eine Regelung zu erreichen, wonach es künftig RAK-Richtsätze für Ausgelernte / RFWe etc. gibt ? Obwohl, schießen wir damit evtl. denjenigen, die frei mehr verhandelt haben, ins Knie ?

Nachtrag:

Gefunden auf http://www.mindestlohn.de/lexikon/armutslohn/ :
Armutslöhne sind Löhne, die bei Vollzeitbeschäftigung zu einem Einkommen unter der Armutsgrenze führen.

Eine in Politik und Öffentlichkeit benutzte Angabe der relativen Armutsgrenze ist dabei 50 Prozent oder 60 Prozent des Durchschnittseinkommens.

Werden bei der Ermittlung des Durchschnittseinkommens die Vollzeiteinkommen bzw. das Normalarbeitsverhältnis zu Grunde gelegt, gelangt man zu einem Durchschnittseinkommen von 2.884 Euro pro Monat. Bei dieser Definition wären Monatseinkommen unter 1.442 Euro bzw. Stundenlöhne unter 8,67 Euro (bei 38,5 Std/Woche) als Armutslöhne zu bezeichnen.
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Mr.Black
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#30

13.11.2007, 11:19

Master24 hat geschrieben: Klar ist, dass vorliegend aber auch kaum bzw. meiner Recherche nach so gut wie gar keine Rechtsprechung vorliegen kann. Wer ist schon gewillt, seinen eigenen Chef vor ein Anwaltsgericht zu zerren? Dass dies nicht das beste Mittel ist, zukünftig mit einem "fairen" Entgelt zu rechnen zu können..
Das stimmt zwar, aber nach diesen Erwägungen dürfte es eigentlich gar keine arbeitsgerichtlichen Entscheidungen hierüber geben. Es kann auch nachträglich nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses auf Zahlung von angemessenem Lohn geklagt werden.


Master24 hat geschrieben:..und max. der geschlossene Arbeitsvertrag nichtig ist.
Nein. Ist der vertragliche vereinbarte Lohn sittenwidrig gering im Sinne von § 138 Abs.1 BGB, führt dies gemäß § 612 Abs.2 BGB dazu, daß der Vertrag als solcher wirksam ist, nur daß eben der übliche Lohn geschuldet ist.
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