Von wegen "gemeinsam durch dick und dünn"! Achtung

In dieses Forum gehören alle Themen, die keinem anderem Forum zugeordnet werden können.
Schaf
Foren-Azubi(ene)
Beiträge: 51
Registriert: 06.11.2007, 22:28
Wohnort: Rheinland-Pfalz

#1

09.11.2007, 17:55

Hallo,
ich bin recht neu hier und dachte, ich lass mal ein bißchen Dampf ab!

Ich habe zusammen mit meiner jetzigen Chefin ihre Kanzlei vor 3 Jahren aufgebaut, nachdem wir vorher zusammen in einer anderen Kanzlei (beide als Angestellte) gearbeitet haben. Ich hab ihre ganze Kanzlei organisiert und das ganze Büro aufgebaut. Ich habe ihre ganzen alten (Insolvenz-)verfahren fertig gekriegt, hab super viel gelernt, Stunde um Stunde (auch abends) dort gesessen. Ich hatte schon totalen Ärger mit meinem (damals arbeitslosen) Mann. Insgesamt komme ich auf fast 300 Überstunden.
Sie hat mir im ersten Jahr zwei dicke Prämien gezahlt.
Im zweiten Jahr hat sie mir einen Kollegen zur Seite gestellt.
Im dritten Jahr habe ich einen Dienstwagen bekommen.
Und dann habe ich vor ein paar Monaten meine Tochter zur Welt gebracht.
Ich hatte nach zwei Fehlgeburten (von denen meine Chefin wusste) eine Risikoschwangerschaft, habe einen super hohen Blutdruck (180/120) bekommen, so dass mir vom Arzt ein Beschäftigungsverbot verpasst wurde. Von da ab war alles anders.

Wir haben vor der Schwangerschaft auch privat öfter miteinander gesprochen, ich wusste, was bei ihr und ihrem Mann so abging, sie wusste über mich und meinen Bescheid.
Sie hat immer gesagt, wir würden gemeinsam durch dick und dünn gehen, sie würde sich nie, niemals von mir trennen und so weiter. Sie wollte für meine (damals noch ungeborene) Tochter einen Laufstall in ihr Büro stellen, Geburtsanzeigen drucken lassen und an Geschäftsfreunde verschicken etc.

Naja, ich bin dann also ab dem 4. Monat zu Hause geblieben. Keiner meiner Kollegen hat sich gemeldet und mal gefragt, wie es mir geht oder so. Im Nachhinein habe ich erfahren, dass die Chefin das verboten hat. Angeblich, um mich nicht aufzuregen.

Dann hab ich irgendwann in der Kanzlei angerufen, um zu fragen, wie es mit einer Teilzeitbeschäftigung in der Elternzeit aussieht. Sie war ganz Feuer und Flamme, meinte, es wäre egal, wie lange ich arbeiten möchte, ich wäre so schnell und so gut, das würde sich auf jeden Fall lohnen.
Naja, dann hab ich sie nicht mehr gesprochen oder zu Gesicht bekommen. Wenn ich mich für einen Kuchen-Besuch in der Kanzlei zur Pause angekündigt hatte, war sie seltsamer Weise nie da, wenn ich anrief eigentlich auch nicht. Zurückgerufen hat sie auch nicht.
Als ich im Krankenhaus zur Entbindung (und schon zwei Wochen vorher) war, hat sie sich auch nicht gemeldet. Zur Geburt hat sie mir zwei Monate nach der Entbindung gratuliert. Als ich im Büro war um meine Kollegen zu besuchen.
Wegen der Teilzeitbeschäftigung in der Elternzeit hat sie sich nicht geäußert. Stattdessen hat sie jemanden eingestellt, der jetzt die Kanzleiorga und die wirklich schwierigen Bereiche im Insolvenzrecht bearbeiten soll. Und ich darf mittlerweile für 10 Stunden die Woche (natürlich ohne Dienstwagen) kommen.
Ich habe sie jetzt gefragt, wie es denn nach meiner Elternzeit weitergeht. Ich würde gerne reduzieren auf 30 Stunden die Woche, hätte gerne mal über eine Gehaltserhöhung oder den Dienstwagen gesprochen. Ich arbeite seit 5 Jahren zum gleichen Gehalt, obwohl sich meine Leistung ungefähr um 300 % gesteigert hat.
Tja, die Antwort war:
"Ich fürchte, unsere Wege werden sich trennen müssen. Ich stelle Ihnen aber gerne ein Zwischenzeugnis aus oder versuche, Sie bei bekannten Kollegen unterzubringen."
Aus der Traum von der Kanzlei, in der ich bis zur Rente arbeite...
Bin froh, dass mein Teilzeitarbeitsverhältnis während der Elternzeit Ende Dezember endet, da wir es befristet hatten. Ich habe überhaupt keine Lust, meine Tochter bei der Oma zu lassen, ohne in dem Laden eine Zukunftsoption zu haben.

Tja, nun geht das Spiel von neunem los. Aber wer stellt mich schon ein?
Bin zwar - gerade im Insolvenzbereich - hoch qualifiziert, aber aufgrund meiner Wunscharbeitszeit von 30 Stunden und fast ohne jegliches Überstundenpotential nicht wirklich interessant für Insolvenzverwalter.

Mehr kann ich jedoch wegen der in Deutschland nach wie vor schlechten Betreuungssituation nicht arbeiten. Da ich nicht weiß, ob und für welche Tage ich eine Stelle finde, kann ich meine Tochter auch nicht in einer privaten Krippe anmelden. Ich habe das große Glück, dass meine Mutter im gleichen Haus wohnt und sich bereit erklärt hat, die Kurze zu nehmen. Aber meine Ma ist auch schon fast 71 Jahre alt und eigentlich zwei Mal im Jahr für acht Wochen im Ausland.

So mache ich mir also meine Sorgen...

Vielen Dank für's viele Lesen, hat echt gut getan, das mal loszuwerden.

Gruß

Schaf
Kordu

#2

09.11.2007, 18:11

Ach Mensch, Schaf! Erstmal :welcome hier!

Das tut mir wirklich leid!

Es ist leider heutzutage (ach was, ehrlich gesagt früher auch schon) so, dass viel versprochen wird, woran sich dann doch keiner hält.

Die vollmundigen Versprechen werden in einem Augenblick der Euphorie gegeben. Sobald es dann Probleme gibt, werden die Versprechen vergessen.

Entschuldigung, wenn ich jetzt so frage: Ich nehme mal an, dass Deine Nachfolger Dich 100 % ersetzen, so dass Deine Chefin sich Deiner nicht mehr erinnern muss! Ist das so?

Es ist wirklich schade, wie schnell man vergessen wird.

Was hat Deine Chefin denn gesagt, warum sich Eure Wege trennen müssen?
Benutzeravatar
Gruftie
Foreno-Inventar
Beiträge: 2433
Registriert: 07.02.2007, 09:33
Beruf: Renofachangestellte
Software: RA-Micro
Wohnort: Berlin

#3

09.11.2007, 18:12

Oh, man bzw. Frau, da fehlen mir doch die Worte! Es ist doch traurig, dass Vorgesetzte - und hier sogar eine Frau - so reagieren. Im Klartext ist es doch so: man reißt sich den A... auf und bekommt nachher noch einen Tritt. Es zeigt sich aber immer wieder, dass bei Gelddingen dann wohl doch die Freundschaft aufhört..schade...das Vertrauen bleibt dabei langfristig auf der Strecke. Und müssen sich die Chefs dann nicht wundern, dass man auch irgendwann einmal den Spieß umdreht und sie am langen Arm verhungern lässt...
Ich finde es wirklich traurig...meinst Du, dass vielleicht ein Gespräch mit ihr nochmal was bringt? Oder ist jetzt das Vertrauensverhältnis so gestört?
Ich drücke Dir jedenfalls fest die Daumen, dass es bald wieder aufwärts geht!!!

Liebe Grüße und ein schönes Wochende!!!

:kopfhoch
Benutzeravatar
Rehlein39
Kennt alle Akten auswendig
Beiträge: 612
Registriert: 07.02.2007, 14:56
Beruf: Rechtsanwaltsgehilfin
Software: RA-Micro
Wohnort: Cottbus

#4

09.11.2007, 18:57

Tja, das hört man leider öfter, gerade die Kanzleien, wo man sich den A..... aufgerissen hat, erinnern sich später nicht mehr daran! Aber Kopf hoch, das kriegst Du schon hin - und mit 30 Stunden die Woche Arbeitszeit. Die meisten Anwälte wollen doch gar nicht unbedingt für Ganztags einstellen, jedenfalls meiner Erfahrung nach.
Ich war fast 10 Jahre mit meiner Tochter (mittlerweile ist sie 13) allein und habe immer eine Arbeit gefunden! Du hast doch Glück, wenn Deine Ma aufpassen würde und Du noch einen lieben Mann zu Hause hast.

Also, nicht weiter grämen und die undankbare Anwältin ganz schnell abhaken-Du findest was Neues!
Benutzeravatar
monk
Foren-Azubi(ene)
Beiträge: 85
Registriert: 17.10.2007, 23:02

#5

09.11.2007, 18:59

Hallo Schaf, auch von mir ein herzliches :welcome,

wenn man deinen Beitrag liest, klappt einem ja das Messer in der Tasche auf.

Da rackert man sich wie 'ne Irre ab, nimmt Stress mit dem Mann in Kauf und dann ... wie sagt man so schön: Aus den Augen - aus dem Sinn. Na toll! Es ist doch so richtig zum :uebel

Ich drück' dir für die Zukunft die Daumen.

Schönes Wochenende und tschüss!!! :wink1
Mancher wartet bis die Zeit sich wandelt, mancher andere
sieht die Chance und handelt!
Träume nicht dein Leben, lebe deinen Traum!
Sylvia1964
Daueraktenbearbeiter(in)
Beiträge: 360
Registriert: 25.06.2006, 19:58
Beruf: ReNo
Software: Phantasy (DATEV)

#6

09.11.2007, 19:00

Hallo Schaf,
beim Lesen Deiner Zeilen kam mir das Eheversprechen in den Sinn.
... in guten, wie in schlechten Tagen....
Du und Deine Chefin wolltet durch Dick und Dünn gehen. Fast wie ein Eheversprechen.

Die Problematik Deiner Schwangerschaft hat diese Ehe aber auf eine ganz große Belastungsprobe gestellt. Du warst nicht mehr mit ungeteilter Aufmerksamkeit und Schaffenkraft für sie da.

Weiter mit der Ehe verglichen möchte ich behaupten, dass ein Arbeitsverhältnis wohl in den seltensten Fällen für ein ganzes Leben hält. Es ist wohl viel eher nur als Lebensabschnittsverhältnis geeinget.

In Deinem Leben hat sich so viel geändert, damit kann Deine Chefin nicht umgehen. Als Chef hat sie die Entscheidung in ihrem Laden.
Menschlich ganz bedauerlich ist nur die Tatsache, dass sie Dir anfangs Aussichten für ein ganzes Leben vorgesäuselt hat. Nachdem Deine Kraft nun nicht mehr voll für sie zur Verfügung steht, erkennst Du den waren Menschen hinter der Fassade.

Lass den Kopf nicht hängen. Kinderbetreuung wird immer flächendeckender und umfangreicher angeboten. Mit 30 Wochenstunden bist Du für einen neuen Arbeitgeber auch interessant. Wenn Du so erfahren bist, wie Du schreibst, wirst Du auch jemanden finden, der das zu schätzen weiß.
Dienstwagen bei Teilzeit ist wohl eher die Ausnahme. Da wundert mich nicht, dass Du den bei 10 Wochenstunden schon opfern musstest.

Sie es nicht als persönliches Scheitern. In einem Großunternehmen hättest Du diese schmerzliche Erfahrung sicher nicht machen müssen. In einem kleinen Betrieb geht der Ausfall von Mitarbeitern stark zu Lasten der Kosten, für die der Inhaber nun mal zu sorgen hat.

Und beim Geld hört die Freundschaft bekanntlichermaßen auf.

Viel Glück für Deine Zukunft. Ich hoffe, Du hast ein gesundes Kind und wünsch Dir und Deinem Mann allles Gute .
Sylvia
Benutzeravatar
Sunny
Absoluter Workaholic
Beiträge: 1184
Registriert: 29.05.2006, 10:35

#7

09.11.2007, 20:40

Hallo Schaf,

erstmal auch von mir herzlich Willkommen hier im Forum.

Also wenn ich deine Geschichte so lese, werd ich richtig wütend. Ich find, sie hätte auch schon eher mit dir über ihre Pläne sprechen können, zumal sie dir ja bislang immer das gefühl gegeben hat, das sie sehr viel wert auf die zusammenarbeit mit dir legt.
Mich erinnert das an meine alte Arbeitsstelle, aber das ist ein anderes Thema.

Ich wünsch dir und deiner kleiner Familie auf jeden Fall alles Gute für die Zukunft und ich bin mir sicher, das du bald eine Stelle findest, in der du dich genauso wohl fühlst. ;-) Nur nich durch solche Anwältinnen unterkriegen lassen. ;-)
[img]http://www.cheesebuerger.de/images/more/bigs/a037.gif[/img]
Gast

#8

09.11.2007, 20:44

Hallo Schaf!

Ich habe gerade deine Zeilen gelesen und bin entsetzt. Was ist denn das für eine Frau?
Aber trotz allem Herzlichen Glückwunsch zu deinem Kind.
(Von meinem Freund ist die Tante nun nach 8 Jahren schwanger... Ich kann dich voll verstehen, wie sehr du dich über das Kind freust.)

Viel Glück für deine Arbeitssuche...
und viel spaß hier!

viele liebe grüße
stilldirrty
Benutzeravatar
Arzu83
Foren-Praktikant(in)
Beiträge: 44
Registriert: 05.11.2007, 21:27
Wohnort: Ludwigsburg
Kontaktdaten:

#9

09.11.2007, 22:35

Ich finde das echt sehr echt schade......

Ich kann nur sagen, deine Chefin ist gar nichts wert....

Mach dir keinen Kopf.... Irgendwann wird der Tag kommen, dann siehts schon mal ganz anders aus für deine Chefin. Irgendwann wirst du ihr fehlen.... Aber dann wird es schon zu spät sein.

Ich drücke dir die Daumen bei der neuen Job-Suche
Nine
Daueraktenbearbeiter(in)
Beiträge: 430
Registriert: 13.08.2007, 14:44

#10

09.11.2007, 23:05

Hallo Schaf,
erst mal noch alles Liebe zur Geburt Deiner Tochter.
Ich habe ähnliches bei mir in der Kanzlei erlebt. Zum Glück nicht am eigenen Leib, aber meine Kollegin/Freundin.
Einerseits kann ich verstehen, daß Chef's natürlich auch im Kopf das Geld hin und her schieben, aber wo bleibt das Menschliche? Und ich habe eben bei uns auch gemerkt: Gerade Frauen, die evtl. selber schon Kinder haben, haben für Deine Situation kein Verständnis. Schließlich ist man Schwanger, nicht krank *vogel zeig*.
Es ist sehr traurig, daß Du auf diese Art und Weise merken mußtest, wie Deine Chefin tickt. Und ich muß sagen: Mein Chef stellt gerne 30 Stunden-Kräfte ein, auch sehr gerne Mütter. Er liebt Kinder (umso unverständlicher allerdings sein Verhalten meiner Kollegin gegenüber) und gibt jungen Familien gerne eine Chance. Du findest mit Sicherheit auch woanders einen Platz, der Dir auch sehr gut gefällt. Denn, ehrlich gesagt: selbst wenn Du mir ihr noch mal sprechen würdest, das Verhältnis ist und bleibt gestört. Dann lieber einen Schlußstrich ziehen, nachdem sie sich wirklich daneben benommen hat!
Also Kopf hoch, genieß die Zeit mit Deiner Kleinen und den Rest bringt die Zeit.
Antworten