Berufungsfrist bei PKH/Wiedereinsetzung

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supibaerchi
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#1

15.07.2014, 15:05

:wink1

Ich muss hier nochmal nachhaken und bräuchte kurz Hilfe:

Wir haben für unsere Mandantin PKH für eine Berufung beantragt und nun (am 30.06.14 zugestellt) auch bewilligt bekommen. Am gleichen Tag haben wir Berufung beantragt und Wiedereinsetzung beantragt.

Meine Frage zielt jetzt natürlich ab auf die Frist zur Berufungsbegründung. Hier wurde eingetragen Fristablauf am 01.09.2014. Aber ist das so richtig?

Mit Antrag auf Wiedereinsetzung soll zugleich die versäumte Prozesshandlung nachgeholt werden. In unserem Fall ja die Berufung und das haben wir getan.

Ist dann wirklich die Berufungsbegründungsfrist noch 2 Monate??

Es wäre nett, wenn mir dazu jemand seine Meinung mitteilen könnte
Liebe Grüße
Bärchi
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Frau Cindy
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#2

15.07.2014, 15:15

Ich denke nicht, dass sich an der Frist für die Berufungsbegründung durch den Bewilligungsbeschluss etwas ändert. Maßgeblich dürfte auch weiterhin die Zustellung des Urteils sein.
Kaum einen anderen Gedanken können die Menschen so schlecht akzeptieren wie die Idee,
dass wir nicht der Höhepunkt von irgendetwas sind.

Stephen Jay Gould
supibaerchi
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#3

15.07.2014, 15:19

na danach wäre die Berufungsbegründungsfrist ja schon abgelaufen.

ich hätte jetzt gedacht: Mitteilung 30.06.14

wiedereinsetzung und berufung: Fristablauf 14.07.
Berufungsbegründung: Fristablauf 30.07. :roll:
Liebe Grüße
Bärchi
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Tine Dea
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#4

15.07.2014, 15:22

Schließe mich Frau Cindy an. In der ZPO ist ausdrücklich festgehalten "2 Monate nach Zustellung des Urteils". Auf den Bewilligungsbeschluss dürfte es demnach tatsächlich nicht ankommen.
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Adora Belle
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#5

15.07.2014, 15:30

Natürlich kommt es auf den Bewilligungsbeschluss an. Ansonsten wäre diese ganze Konstruktion mit PKH und Wiedereinsetzung ja nicht praktikabel. Die Frist steht in §234 Abs.1 ZPO - ein Monat für die versäumte Begründung ab Wegfall des Hindernisses.
supibaerchi
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#6

15.07.2014, 15:32

So, mein Chef hat jetzt noch Folgendes in den Raum geworfen:

Wird dem Rechtsmittelführer nach Bewilligung von Prozesskostenhilfe Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Berufungsfrist gewährt, beginnt die Monatsfrist zur Nachholung der Berufungsbegründung des § 234 I 2 erst mit der Mitteilung der Wiedereinsetzungsentscheidung (BGHZ 173, 14). Durch diesen »Kunstgriff« wird erreicht, dass auch der bedürftigen Partei ein ähnlicher Zeitraum für die Rechtsmittelbegründung zur Verfügung stehen kann wie der bemittelten Partei, denn von der Mitteilung über die PKH-Bewilligung bis zur Mitteilung der Wiedereinsetzungsentscheidung bzgl der Rechtsmittelversäumung werden regelmäßig mehrere Wochen vergehen, va dann, wenn die Partei die zunächst laufende zweiwöchige Wiedereinsetzungsfrist ab Mitteilung der PKH-Bewilligung ausschöpft. Dies kommt aber nur zum Tragen, wenn die bedürftige Partei zunächst nur einen isolierten PKH-Antrag (ohne Rechtsmitteleinlegung) gestellt hatte. Nach BGH NJW 08, 3500 [BGH 29.05.2008 - IX ZB 197/07] ist diese Rspr jedoch nicht auf die Rechtsbeschwerdebegründung übertragbar; bei der Rechtsbeschwerde läuft zur Einlegung und Begründung eine einheitliche Frist; die Wiedereinsetzungsfrist wegen Versäumung der Frist zur Einlegung und Begründung der Rechtsbeschwerde beginnt deshalb einheitlich ab Bekanntgabe der PKH-Bewilligung. Auch eine Übertragung auf Wiedereinsetzungsanträge einer bemittelten Partei kommt nicht in Betracht (BGH ZIP 10, 1822 [BGH 16.07.2010 - II ZB 12/09]).

Demnach könnte ich ja noch gar keine Frist für die Bb eintragen und müsste auf die Mitteilung einer Wiedereinsetzungsentscheidung warten. Also müsste ich jetzt bis 30.07.14 noch Wiedereinsetzung bezüglich der Berufungsbegründung beantragen und wäre auf der "sicheren Seite", richtig?
Liebe Grüße
Bärchi
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Frau Cindy
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#7

15.07.2014, 15:46

Adora Belle hat geschrieben:Natürlich kommt es auf den Bewilligungsbeschluss an. Ansonsten wäre diese ganze Konstruktion mit PKH und Wiedereinsetzung ja nicht praktikabel. Die Frist steht in §234 Abs.1 ZPO - ein Monat für die versäumte Begründung ab Wegfall des Hindernisses.
Klingt logisch. Also würde das bedeuten, zwei Wochen für die Berufung und einen Monat für die Begründung ab PKH-Bewilligung?
Kaum einen anderen Gedanken können die Menschen so schlecht akzeptieren wie die Idee,
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Stephen Jay Gould
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#8

15.07.2014, 15:53

Wieder was gelernt und gleich mal als Querverweis im Schönfelder notiert....
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Adora Belle
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#9

15.07.2014, 16:26

Frau Cindy hat geschrieben:Also würde das bedeuten, zwei Wochen für die Berufung und einen Monat für die Begründung ab PKH-Bewilligung?
Genau, ab Wegfall des Hindernisses. Das Hindernis war die Mittellosigkeit des Mandanten, die durch PKH-Bewilligung weggefallen ist.
supibaerchi
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#10

16.07.2014, 11:33

So, Chef und ich haben das jetzt abschließend geklärt auf Grundlage von:
Der ganze Absatz beim BGH lautet:

III ZB 86/13
Nach der Rechtsprechung des XI. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs, der sich der erkennende Senat anschließt, beginnt die Monatsfrist für die Berufungsbegründung nach § 234 Abs. 1 Satz 2, § 236 Abs. 2 Satz 2 ZPO für eine mittellose, um Prozesskostenhilfe nachsuchende Partei bei versäumter Berufungsfrist erst mit der Mitteilung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsfrist. Die mittellose Partei soll nämlich erst dann zur Berufungsbegründung gehalten sein, wenn sie weiß, dass ihr hinsichtlich der Versäumung der Berufungsfrist Wiedereinsetzung gewährt worden ist (Beschluss vom 19. Juni 2007 - XI ZB 40/06, BGHZ 173, 14, 17 Rn. 9, S. 19 ff Rn. 13 ff, insbesondere Rn. 23).

XI ZB 40/06
Da die Begründung der Berufung aber nach wie vor erst dann sinnvoll ist, wenn die Berufung eingelegt worden ist, muss § 234 Abs. 2 ZPO dahin ausgelegt werden, dass die Ursache der Verhinderung für die Einreichung der Berufungsbegründung nicht die Mittellosigkeit der Partei ist, sondern die fehlende Entscheidung über die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsfrist. Andernfalls wäre die mittellose Partei genötigt, das Rechtsmittel zu begründen, bevor sie weiß, ob ihr wegen Versäumung der Einlegungsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt wird (vgl. BAGE 43, 297, 298 = NJW 1984, 941). Dem steht aber entgegen, dass die Begründung eines Rechtsmittels dessen Einlegung voraussetzt und ohne diesen "ersten Schritt" sinn- und zwecklos wäre (vgl. BVerwGE 36, 340, 343 = NJW 1971, 294).
:wink1
Liebe Grüße
Bärchi
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