Beweislast "Preis"

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RAS
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#1

04.11.2013, 13:57

Hallo zusammen,

vielleicht darf ich kurz eine Frage stellen, die vielleicht einfach ist, aber irgendwie stehe ich auf dem Schlauch und finde auch nichts zur Erhellung:

Es geht um Folgendes:

Version Mandant:

Ich wurde beauftragt, für meinen Kunden, Ware X zu besorgen und einzubauen. Vereinbart haben wir einen Preis von 1.800 EUR

Version Gegenseite (=Kunde)

Wir haben dich beauftragt, Ware X zu besorgen und einzubauen. Vereinbart war, dass uns das 900 bis 1000 EUR kosten wird.


Mein Problem:

Wenn ich jetzt die 1.800 EUR einklage, wird das wie oben ersichtlich bestritten werden.
Dann muss ich doch beweisen, dass eine Beauftragung über 1.800 EUR vorliegt.
Das kann ich nicht, weil alles mündlich ablief und zumindest keine Zeugen für die Version meines Mandanten vorhanden sind. Welche Zeugen die Gegenseite eventuell aus dem Hut zaubert, weiß ich nicht (es könnte dubios werden).

Was passiert denn dann mit der Klage?
Wird die Klage insgesamt abgewiesen?
Wird teilweise stattgegeben (900 - 1000 EUR)?
Anderes?


Ich steh aber wirklich wie mit einem LKW-Reifen auf dem Schlauch und bin dankbar für jede helfende Antwort.

Gruß
ras
Bild rasfuzius sagt: Kein Problem ist so klein, dass man darüber nicht in Verzweiflung geraten kann. Bild
Bringl
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#2

04.11.2013, 14:15

Hallo,

wenn dein Mandant das mündlich mit der Gegenseite abgesprochen hat ist er doch ein Zeuge? Wenn keine Unterlagen vorhanden sind und weitere Zeugen auch nicht würde ich den Mandanten als Zeugen anbieten

lg
peppo
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#3

04.11.2013, 14:21

Es reicht der Gegenseite nicht, einfach Zeugen zu benennen, diese müssen auch bei einer evtl. mündlichen Verhandlung so abgebrüht sein und sowohl für den Gegner lügen, als auch dabei glaubhaft sein.

Hiervon hängt es dann mangels anderer Beweise am Ende ab, sodass man nicht pauschal sagen kann, ob die Klage erfolgreich sein wird oder nicht.

Weise den Mandanten hierauf und auf das entsprechende Kostenrisiko für den Fall des Unterliegens hin.

Es ist zwar ohne Urkunden- und eigenen Zeugenbeweis sicherlich etwas risikoreicher, aber nicht unmöglich, zu obsiegen.
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Adora Belle
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#4

04.11.2013, 14:32

Wurde denn schon eingebaut?

Wenn der Beklagte sagt "wir haben gar keinen Vertrag" und der Mdt den Vertrag nicht beweisen kann, wird abgewiesen.

Wenn der Beklagte sagt "wir haben Vertrag zu 900" dann wird teilweise stattgegeben, bzw. dürfte das Gericht wohl auf einen Vergleich hinwirken.

Die Partei kann nicht gleichzeitig Zeuge sein. Es gibt also nicht nur keine weiteren Zeugen, sondern es gibt überhaupt keine Zeugen. Ohne schriftliche Dokumentation lässt sich dann für den Kläger auch nix beweisen.
Bringl
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#5

05.11.2013, 10:47

RAS hat geschrieben: Version Mandant:

Ich wurde beauftragt, für meinen Kunden, Ware X zu besorgen und einzubauen. Vereinbart haben wir einen Preis von 1.800 EUR

bedeutet für mich, Mandant ist eine Firma und deren GF/Mitarbeiter kann doch schon als Zeuge aussagen.
Ansonsten würd ich Parteieinvernahme vorschlagen.
likema31
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#6

05.11.2013, 14:03

Bringl hat geschrieben:
RAS hat geschrieben: Version Mandant:

Ich wurde beauftragt, für meinen Kunden, Ware X zu besorgen und einzubauen. Vereinbart haben wir einen Preis von 1.800 EUR

bedeutet für mich, Mandant ist eine Firma und deren GF/Mitarbeiter kann doch schon als Zeuge aussagen.
Ansonsten würd ich Parteieinvernahme vorschlagen.
Nein, auch der Geschäftsführer ist Partei. Ein Mitarbeiter natürlich nicht.

Was mit der Klage passiert: Wenn der Auftrag an sich bewiesen werden kann - dieser dürfte ja unstreitig sein - wird die Klage zum Teil abgewiesen. Oder das Gericht wirkt auf einen Vergleich hin.

Kann nicht einmal der Auftrag bewiesen werden, kommt es zur Klageabweisung.

Du musst nur eines machen: Mandanten belehren und ihm überlassen, ob er Klage über den vollen Betrag erheben will oder nicht.
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Anahid
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#7

05.11.2013, 14:18

So wie ich das sehe, steht die Beauftragung selbst nicht im Streit, sondern lediglich der Betrag.

Weiter scheint die Gegenseite auch den nach ihrer Meinung vereinbarten Betrag bislang nicht gezahlt zu haben. Werden denn hier zusätzlich irgendwelche Mängel gerügt oder warum zahlt sie nicht einmal den? Wenn nicht, würde ich nochmals auffordern, zumindest den angeblich vereinbarten Betrag zu zahlen, unter Hinweis auf die insoweit höheren Verfahrenskosten, die im Hinblick auf den selbst anerkannten Betrag zulasten der Gegenseite gehen. Sollten die dann zahlen, kann man immer noch weiter überlegen, ob man über die Differenz Klage einreicht.

Der Wert einer Arbeit kann ja nicht nur anhand von Absprachen bewiesen werden, sondern auch an dem üblicherweise für solche Arbeiten abzurechnenden Preis. Wenn schon die zu liefernde Ware fast den Wert von 900 € erreicht bzw. ggf. sogar drüber liegt, kann selbstverständlich nicht davon ausgegangen werden, dass hier der von der Gegenseite angegebene Preis stimmt, vor allen Dingen wenn man berücksichtigt, dass zu dem Preis der Ware ja auch noch Arbeitszeit für den Einbau berechnet wird. Wenn der Mandant die Ware selbst einkauft, kann er ja z.B. belegen, was er schon an Einkaufspreis gezahlt hat.
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Pitt
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#8

05.11.2013, 14:26

Stimme den Vorrednern zu. Wenn nichts Schriftliches vorliegt und auch kein Mitarbeiter o. ä. die angebliche Preisabrede bezeugen kann, wird das Gericht zunächst einen Vergleichsvorschlag unterbreiten und bei Nichtannahme die Klage bezüglich des bestrittenen Teils abweisen. Zu berücksichtigen ist auch, wie hoch der übliche Preis für die erbrachten Leistungen ist, hier wird dann im Zweifelsfall ein SV-Gutachten eingeholt werden müssen. In jedem Fall sollte vorab - falls noch nicht geschehen - ein Insolvencheck bei der Gegenseite durchgeführt und geprüft werden, ob schon mal eine EV/Vermögensauskunft abgegeben wurde. Evtl. kann dann über einen möglichen Eingehungsbetrug mehr Druck aufgebaut und eine erweiterte ZV-Möglichkeit geschaffen werden.
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