Aufgebot Sparbuch Zuständigkeit

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maxe
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#21

21.08.2011, 03:31

So, ich werde den Faden zur Zuständigkeit einmal wieder aufnehmen und ein bisschen ausholen:

Mdt. kündigt sein bei einer Berliner Filiale geführtes Sparbuch einer deutschen Bank, wobei er erklärt, das Sparbuch verloren zu haben oder jedenfalls nicht mehr finden zu können. Die Bank verlangt daraufhin nach einigem Hin und Her ein Urkundenaufgebotsverfahren nach den §§ 808 BGB, 483 FamFG und weist darauf hin, dass der Erfüllungsort in Deutschland liegt.

Daraufhin wird ein Aufgebotsantrag an das AG Frankfurt am Main gestellt unter Hinweis auf § 466 FamFG und den allgemeinen Gerichtstand der Bank in diesem Gerichtsbezirk.

Das AG FFM registriert den Eingang, will gem. § 137 Ziff. 4 KostO 50,00 € und verlangt zum einen die genaue Angabe des Erfüllungsortes, da die pauschale Angabe „in Deutschland“ nicht ausreicht sowie zum anderen die Angabe, ob sich das Sparbuch aus einzelnen nicht miteinander verbundenen Sparbuchblättern zusammensetzt.

Nach Rücksprache mit der Bank präzisiert diese den Erfüllungsort mit der Berliner Bankfiliale und der Angabe, ein Sparbuch in gehefteter Form sei ausgegeben worden.

Das AG FFM erklärt sich für unzuständig und verweist auf Antrag des Antragstellervertreters das Verfahren an das örtlich zuständige Berliner Amtsgericht.

Dieses prüft den Antrag und kommt zum Schluss, nicht zuständig zu sein, da sich die Zuständigkeit nach dem in der Sparurkunde ausgewiesenen Erfüllungsort richtet, und wenn dort keiner verzeichnet ist, nach dem allgemeinen Gerichtsstand. Eigentlich wäre man an den Verweisungsbeschluss des AG FFM gebunden, gleichwohl sei die Akte wieder an das AG FFM zurückgesandt worden, da sich die Zuständigkeit eindeutig aus dem Gesetz ergäbe.

Das AG FFM erklärt sich abermals für unzuständig und legt die Sache dem OLG Frankfurt am Main zwecks Zuständigkeitsbestimmung vor.

Das OLG FFM beschließt in seiner Entscheidung die Zuständigkeit des Berliner Amtsgerichts mit den Entscheidungsgründen:

„Der Senat ist zur Entscheidung des vorliegenden Zuständigkeitsstreites nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2 FamFG berufen, nachdem die zu verschiedenen Landgerichtsbezirken gehörenden Amtsgerichte Frankfurt am Main und Wedding (Berlin) sich über die Zuständigkeit, über die Ungewissheit besteht, nicht einigen konnten.

Das Amtsgericht Wedding ist als zuständiges Gericht zu bestimmen.

Gemäß § 466 Abs. 1 Satz 1 FamFG ist für das Aufgebotsverfahren das Gericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk der in der Urkunde bezeichnete Erfüllungsort liegt. Enthält die Urkunde eine solche Bezeichnung nicht, ist das Gericht örtlich zuständig, bei dem der Aussteller seinen allgemeinen Gerichtsstand hat, und in Ermangelung eines solchen Gerichts dasjenige, bei dem der Aussteller zur Zeit der Ausstellung seinen allgemeinen Gerichtsstand gehabt hat, § 466 Abs. 1 Satz 2 FamFG.

Im vorliegenden Falle ist der Erfüllungsort zwar in dem aufzubietenden Sparbuch als Urkunde wohl selbst nicht ausdrücklich bezeichnet. Er lässt sich jedoch dem zugrundeliegenden Vertragsverhältnis und damit letztlich der Urkunde entnehmen und befindet sich nach der von dem Antragsteller vorgelegten Mitteilung der das Sparbuch ausstellenden Bank vom 06. Juni 2011 am Sitz des kontoführenden Instituts, hier konkret dem …. Center …. Berlin.

Der Senat schließt sich der - soweit ersichtlich - einhellig in der Literatur vertretenen Auffassung an, dass für die Annahme des Gerichtsstandes des Erfüllungsortes im Sinne des § 466 Abs. 1 Satz 1 FamFG der Erfüllungsort nicht -wie das Amtsgericht Wedding meint- ausdrücklich in der Urkunde selbst genannt sein muss, sondern es ausreicht, wenn der Erfüllungsort bestimmbar ist (vgl. Keidei/Giers, FamFG, 16. Aufl., § 466 Rn. 12; Bumiller/Harders, FamFG, 9. Aufl., § 466 Rn. 2; Jurgeleit, Freiwillige Gerichtsbarkeit, § 22 Rn. 34; Bassenge/Roth/Walter, FamFG, 12. Aufl., § 466 Rn. 6; Eickmann/MüKomm ZPO/FamFG, 2010 §§ 466 - 484 Rn. 11 , ebenso bereits zu der Vorgängervorschrift des § 1005 Abs. 1 ZPO: Baumbach/Lauterbach, ZPO, 65. Aufl., § 1005 Rn. 1; Musielak/Ball, ZPO, 6. Aufl. , § 1005, Rn. 1 ).

Die Durchführung des Aufgebotsverfahrens bei diesem Gericht des Erfüllungsortes erscheint wegen der Sachnähe angebracht. Der Rückgriff auf die Zuständigkeit des Gerichts des allgemeinen Gerichtsstands des Ausstellers gemäß § 466 Abs. 1 Satz 2 FamFG ist demgegenüber nur dann geboten, wenn sich ein Erfüllungsort bezüglich der aufzubietenden Urkunde nicht bestimmen lässt.

Das Amtsgericht Wedding, welches das Verfahren im Übrigen bereits mit einem II-Aktenzeichen registriert hat, war deshalb als zuständiges Gericht zu bestimmen.“

So, mal sehen, wie es weitergeht.
Mit freundlichen Grüßen
Maxe


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#22

24.08.2011, 17:08

Da bin ich auch mal gespannt. Ich halte die Entscheidung schlicht für nicht richtig und die dazugehörige angeblich einhellige Rechtsmeinung ist mir nicht geläufig. Den Großteil der aufgeführten Literatur ist mir zudem nicht verfügbar. Wollte man das als richtig ansehen, wäre für die Bestimmung der Zuständigkeit letztlich immer die das Sparbuch ausstellende (Zweig-)Stelle/Filiale maßgeblich. Das kann nicht richtig sein.

Wenn die Angabe eines Erfüllungsortes aus der Urkunde nicht ersichtlich ist und nicht sein kann, weil diese ja gerade verlustig gegangen ist, dann habe ich noch keinen Fall gesehen, in dem man auf eine angebliche Bestimmbarkeit abstellt. Unstreitig ist der Hauptsitz eines Kreditinstituts relevant für die Zuständigkeitsbestimmung, wenn die Urkunde keinen eindeutigen Erfüllungsort hergibt. Aus logischen Gründen kann sie das auch nicht. Genau so habe ich das in meinem Fall auch gehandhabt und die Sache nicht wiedergesehen. Andere mir bekannte Gericht verfahren genauso.

BTW: Die Nachfrage nach Loseblatt-Form oder Heftform habe ich auch noch nie gesehen. :roll:
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#23

24.08.2011, 18:48

Ich bin ja schon mal erstaunt, dass für diese Entscheidung das OLG Frankfurt am Main zuständig war, in dessen Bezirk kein Berliner Gericht liegt. :?:

Nachtrag: Tatsache, das OLG Frankfurt am Main war örtlich zuständig für die Bestimmung des örtlich zuständigen Gerichts, § 5 II FamFG. Und die Entscheidung ist nicht mal anfechtbar.

Sehr unbefriedigend, mit der Entscheidung bin ich nicht einig.

Ist die Entscheidung veröffentlicht? Ich glaube, es ist kein Aktenzeichen angegeben?
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#24

12.09.2011, 18:26

:schieb , damit die Sache nicht ganz aus den Augen gerät...
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