Über allem der Geruch von Sonnenmilch

0
840

Ja, ich habe auch schon eine Kreuzfahrt gemacht und ich gebe ohne Einschränkung zu, es gefiel mit ausgesprochen gut. Eine Wiederholung kommt durchaus in Frage.

Das hält mich allerdings nicht davon ab, mich prächtig über das Buch von David Foster Wallace zu amüsieren. In „Schrecklich amüsant – Aber in Zukunft ohne mich“ beschreibt er höchst vergnüglich eine 7-Tage-Luxus-Kreuzfahrt, auf die er als Journalist von einem Hochglanzmagazin geschickt wird. Nach dem Motto „Junge, lass dich feudal durch die Karibik schippern und schreib einfach auf, was du gesehen hast“ macht er sich lustlos auf, um einen Bericht für seinen Redakteur abzufassen.

Er beginnt mit dem Flug von Chicago nach Fort Lauderdale, auf dem ihm ein kreuzfahrterprobtes Ehepaar Schauergeschichten von vergangenen Reisen erzählt, vorzugsweise von schiffsweiten Ausbrüchen von Salmonellen oder der Legionärskrankheit. In Fort Lauderdale, dem Ausgangspunkt der Kreuzfahrt, durchläuft er eine dreistündige Massenabfertigung, bis er endlich an Bord kommt. Die drei Stunden nutzt er schon ausgiebig, um den typisch amerikanischen Kreuzfahrtpassagier zu beschreiben: fortgeschrittenes Alter, ausgerüstet mit Kamera oder Camcorder, Trainingsanzug oder pastellfarbenes Hawaiihemd, Korbtasche bei den Damen, Basecaps bei den Herren.

Böses ahnend, wirft sich Wallace in das vielfältige Bordleben und schließt dabei „Freundschaften und Feindschaften fürs Leben“. Nach seinem Gefühl bekommt er dabei mehr zu sehen, als ihm lieb ist: viel (viel zu viel) nackte Haut, Bierbäuche, Cellulitis, Krampfadern. „Die teilentbößten Leiber, die ich zu sehen bekam, befanden sich in mannigfaltigen Stadien körperlichen Zerfalls“. Er schildert ausgiebig alle möglichen Freizeitaktivitäten („500 amerikanische Leistungsträger beim Ententanz“) und widmet sich natürlich auch ausgiebig den kulinarischen Angeboten, die nie auszugehen scheinen. Fasziniert ist er vom Service und dem Servicepersonal, das immer zur Stelle ist, stets freundlich und fleißig. Wie durch Zauberhand wird seine Luxuskabine aufgeräumt und geputzt – ein Umstand, den er schnell zu schätzen lernt. Überhaupt gehen der Luxus und der perfekte Bordservice nicht spurlos am Autor vorbei.

David Foster Wallace macht sich mit großem Vergnügen über die Eigenarten von Kreuzfahrten und die seiner eigenen Landsleute lustig. Seine Beschreibungen sind mit viel Ironie und Sarkasmus und viel Freude am Formulieren gespickt. Für den Leser ein kurzweiliges und sehr amüsantes Buch. Ein Buch, das sich auch sehr gut zum Verschenken eignet. Aber unbedingt vorher lesen! Um den Spaß sollte man sich nicht bringen.


David Foster Wallace, Schrecklich amüsant – Aber in Zukunft ohne mich

Verlag Kiepenheuer & Witsch
Taschenbuch:  978-3-462-04820-9, 10,00 €
eBook: 978-3-462-30994-2, 7,99 €