ReFa als Alternative zum Studium – Fortbildung soll Beruf weiter aufwerten

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Der Fachkräftemangel bremst die deutsche Wirtschaft, warnte erst jüngst der Deutsche Industrie- und Handelskammertag. In der Anwaltschaft ist dieses Problem bereits seit vielen Jahren virulent. Forschungen des Soldan Instituts belegen, dass die Anwaltschaft immer weniger Fachangestellte ausbilden: Wurden im Jahr 1980 in Deutschland von 36.077 damals zugelassenen Rechtsanwälten 10.442 Ausbildungsverträge im Berufsfeld ReNo geschlossen, waren es 2016 nur noch 5.208 Ausbildungsverträge bei immerhin 163.779 zugelassenen Anwälten. „Der Beruf ist zu wenig bekannt. Das gilt selbst für offizielle Stellen wie das Arbeitsamt“, stellt Rechtsanwalt Dr. Ulrich Prutsch aus Köln fest. Er engagiert sich in der Ausbildung der Rechtsanwaltsfachangestellten und ist Dozent und Vorsitzender des Prüfungsausschusses an der Rechtsanwaltskammer Köln. Hinzu kommt, dass inzwischen auch andere rechtsanwaltsnahe Berufe, beispielsweise in der Justiz und in der öffentlichen Verwaltung, an den gut ausgebildeten Fachangestellten interessiert sind und sie auch noch mit den guten Konditionen des öffentlichen Dienstes anlocken. „Die Konkurrenz durch Justiz und Verwaltung verschärft das Rekrutierungsproblem für die Anwälte erheblich“, sagt Prutsch.

Mit der Kampagne „Ein Job für kluge Köpfe“ wirbt der Deutsche Anwaltverein in
Zusammenarbeit mit dem ReNo-Bundesverband seit einiger Zeit für den Beruf.
Interessenten finden auf der Internetseite job-fuer-kluge-koepfe.de Informationen zum Berufsbild, Bewerbungstipps sowie Hinweise auf Veranstaltungen zur Berufsorientierung. Dazu zählen zum Beispiel Berufsmessen, die regionale Anwaltskammern besuchen, um Schulabgänger auf den Beruf aufmerksam zu machen. Dabei geht es ihnen auch darum, die Ausbildung als Alternative zum Studium zu präsentieren. „Für uns sind vor allem Abiturientinnen und Abiturienten, Absolventen der Fachoberschulen und daneben Schülerinnen und Schüler mit einem guten mittleren Schulabschluss interessant. Die meisten wollen jedoch lieber studieren und nicht eine duale Ausbildung beginnen“, beobachtet Ronja Tietje, Vorstandsmitglied im Reno Bundesverband e.V. Deshalb wird derzeit auch intensiv darüber nachgedacht, wie das Berufsbild aufgewertet werden kann, um für diese Zielgruppe attraktiver zu sein.

Das novellierte Berufsbildungsgesetz, das der Bundesrat Ende November beschlossen hat, eröffnet dazu neue Möglichkeiten. So werden für berufliche Abschlüsse zum 1. Januar 2020 die Bezeichnungen „Bachelor Professional“ und „Master Professional“ eingeführt. Damit will man zeigen, dass es in Deutschland zwei gleichwertige Qualifizierungswege gibt, die höher qualifizierende Berufsbildung auf der einen Seite und das Studium auf der anderen Seite, so die Begründung des Gesetzgebers. „Wir wollen den Weg in Richtung Bachelor Professional gehen und den Abschluss ähnlich nach außen sichtbar machen wie etwa die Fachhochschulen. Wir denken, dass weitere Fortbildungsmöglichkeiten auch für die Auszubildenden attraktiv sind“, sagt Prutsch. Daneben sollte es noch eine Spezialisierung als Berufsspezialisten geben. Sie könnten sich an die Fachanwaltschaften etwa im Verkehrs-, Insolvenz- oder Familienrecht anlehnen, schlägt Tietje vor. Der höchste
anzustrebende Abschluss wäre dann der Master Professional. Wie ein solches Master-Programm ausgestaltet werden könnte, müsse man allerdings noch genau
überlegen.

Prutsch und Tietje befürworten jedenfalls, dass es in der Zukunft mehr Möglichkeiten geben wird, sich in dem Beruf der ReNo / ReFa weiter zu qualifizieren. Bis heute existiert allein die bundesweit anerkannte Weiterbildung zur Rechtsfachwirtin oder zum Rechtsfachwirt. Gleichwohl ist das Programm sehr ambitioniert: Die Seminare, die die Teilnehmer neben ihrem Beruf absolvieren, erstrecken sich über insgesamt eineinhalb Jahre und umfassen rund 400 Unterrichtsstunden – von Büroorganisation und -verwaltung über materielles Recht, Kosten- und Gebührenrecht bis hin zur Zwangsvollstreckung. Am Ende müssen die Teilnehmer vor der jeweiligen Rechtsanwaltskammer eine mündliche und eine schriftliche Prüfung ablegen. Die Inhalte der Rechtsfachwirt-Ausbildung müssten neu geordnet werden, fordern Prutsch und Tietje. Neue Themen sollen aufgenommen, andere gestrichen werden.
„Rechtsfachwirte müssen heute nicht mehr viel ZPO oder Vergütungsrecht beherrschen. Dafür wäre eine weitere Spezialisierung entweder im rechtlichen oder aber im IT-Bereich sinnvoll“, meint Prutsch. Dann muss auch noch festgelegt werden, wie das Programm ausgestaltet werden muss, damit die erfolgreichen Absolventen auch den Titel „Bachelor Professional“ führen dürfen.