Verwirkung titulierter Forderungen?

Hier können alle Themen rund um die Zwangsvollstreckung besprochen werden. ZV mit Auslandsbezug bitte in die entsprechende Extra-Rubrik posten.
secret72

#1

11.04.2008, 12:41

Hallo Ihr Lieben,

meine Kollegin war gestern auf einem Zwangsvollstreckungsseminar, bei dem den Teilnehmern/innen folgendes gesagt wurde:

Achtung:
Titel verjähren nach 30 Jahren, Zinsen nach 3 Jahren.
Titel können aber bereits früher verwirken, nämlich dann, wenn über beispielsweise mehr als 6 1/2, 12 oder 15 Jahre keine Zwangsvollstreckung mehr gegen den Schuldner betrieben wurde.


Meine Fragen:
Habt Ihr davon schon gehört / gewußt?
Wo kann man das genau nachlesen?
Wonach richtet es sich, ob es jetzt 6 1/2, 12 oder 15 Jahre sind?

Wir haben da noch nie was davon gehört. :?


Vielen Dank schon mal sagt
Mareile
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Curry
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#2

11.04.2008, 12:46

Also davon hab ich vorher auch noch nie was gehört. Wurde auf dem Seminar nicht gesagt, wo das steht?
Curry

Optimisten haben gar keine Ahnung von den freudigen Überraschungen, die Pessimisten erleben.
Moni82

#3

11.04.2008, 12:50

Ich hab davon was gehört, weil wir grad in so einer Sache verwickelt sind. Man kann davon ausgehen, dass der Titel verwirkt ist, wenn der Schuldner davon ausgehen kann, dass er nicht mehr in Anspruch genommen wird. Wenn die Verjährung zum Beispiel nach 30 Jahren endet, kann man nach 8 - 10 Jahren davon ausgehen, dass die Forderung verwirkt ist.
secret72

#4

11.04.2008, 12:50

Nein, das wurde leider nicht gesagt und auch nirgendwo hingeschrieben. :|
GV Alt
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#5

12.04.2008, 01:32

Titel verjähren erst nach 30 Jahen; die Zinsen (nach neuem Recht) nach 3 Jahren, wenn nicht alle 3 Jahre durch ZV-Maßnahmen die Zinsverjährung unterbrochen wird.

Unter Verwirkung einer titulierten Forderung können m.E. nur Titel fallen, die auf Herausgabe / Räumung usw. bestimmt sind.

Ein titulierter Herausgabe- / Räumungstitel kann verwirkt sein, wenn er "über Jahre" entweder nicht vollstreckt oder z.B. über Jahre nur dazu benutzt wird, um unter den Druck der ZV fällige Zahlungen beizutreiben.

Beispiel:
1.) Titel auf Herausgabe (z.B. unter Eigentumsvorbehalt) gelieferter Ware:
Der Gläubiger stellt mehrfach Antrag auf Herausgabe (Wegnahme) und nimmt den Auftrag nach Zahlung einer angemessenen Rate wieder zurück. - Geschieht das "über Jahre" mehrfach, kann das als rechtsmissbräuchlich und der Titel als verwirkt angesehen werden.

2.) Titel auf Zwangsräumung einer Wohnung:
Die nach dem Räumungstitel geschuldeten Miet-Rückstände wurden gezahlt; der Mieter darf dort weiter wohnen bleiben. - Der Gläubiger stellt aber mehrfach Antrag auf Räumung wg. neuer Mietrüdkstände und nimmt den Auftrag nach Zahlung der neuen Mietrückstände zurück.

Auch das wird (wie auch Beispiel 1.) von der Rechtsprechung her als rechtsmissbräuchlich angesehen. - Beide Titel wären somit "verwirkt". Eine wiederholte bzw. erneute ZV aus solchen Titeln kann der GV aus den vorgen. Gründen ablehnen.
Nauja

#6

12.04.2008, 11:44

secret72 hat geschrieben:Meine Fragen:
Habt Ihr davon schon gehört / gewußt?
Wo kann man das genau nachlesen?
Wonach richtet es sich, ob es jetzt 6 1/2, 12 oder 15 Jahre sind?
Davon hab ich noch nie was gehört!

Natürlich finde ich das, was GV Alt schreibt, sehr logisch! Aber eine Verwirkung von Zahlungstiteln würde ich jetzt einfach mal bestreiten!

Was war das für ein Seminar? Welcher Anbieter, welcher Dozent???
Und - wenn die im Seminar Dir nicht sagen, wo das steht (§§ bzw. Rechtsprechung), finde ich das schon mehr als merkwürdig. Vermutlich haben die die Fälle, die GV Alt beschrieben hat, für allgemein gültig erklärt :roll:
Moni82

#8

12.04.2008, 13:56

Das geht auch bei Zahlungstiteln. Das steht in keinem §. Aber da gibs ein Urteil. Ich poste das Montag mal.
Moni82

#9

12.04.2008, 13:58

http://www.frag-einen-anwalt.de/Verwirkung__f5072.html Hier steht auch was zur Verwirkung drin, dass es möglich ist.
Moni82

#10

12.04.2008, 14:00

http://www.sfz-mainz.de/dateien/gericht ... nkfurt.htm Und hier das Urteil.

"Bei einer 30-jährigen Verjährungsfrist, kann nach dem Ablauf von 10 Jahren an eine Verwirkung gedacht werden (OLG Frankfurt/M ZVI 2003, 116, 117). "
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