Parteireisekosten im KFA

...für das vom 01.07.2004 bis 31.07.2013 geltende Gebührenrecht
Gast

#1

30.06.2005, 07:23

Guten Morgen!

Ich bin ein wenig verunsichert.

Die Gegenseite macht Parteireisekosten geltend für Termine, an denen das persönliche Erscheinen nicht angeordnet war, auch für OT mit dem Sachverständigen.

Grundsätzlich können diese Kosten im Wege des Festsetzungsverfahrens mit angemeldet werden. Eine Entscheidung des OLG Köln sagt, auch wenn das persönliche Erscheinen nicht angeordnet war. Hat jemand vielleicht auch gegenteilige Meinungen :?:

Entsteht neben der Aufwandsentschädigung auch der Verdienstausfall :?: M. E. kann ich nur eine der beiden Positionen wählen.

Der Verdienstausfall wurde mit 13,00 € berechnet. Muss hier nicht ein Nachweis erbracht werden, dass ein Verdienstausfall tatsächlich entstanden ist :?:

Grund für die Anmeldung ist der nicht ortsansässige RA.

Wäre dankbar von Euch zu hören.

Liebe Grüße
Sabine
Andreas

#2

30.06.2005, 10:00

Hallo Sabine,

konkrete Entscheidungen zur Frage, ob auch bei nicht angeordnetem persönlichen Erscheinen die Reisekosten der Partei zu erstatten sind, kenne ich im Moment nicht.

Allerdings könnte man wie folgt gegen die Festsetzbarkeit argumentieren (handelt es sich übrigens um einen RVG-Fall ?) :
Gem. § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO hat die unterliegende Partei die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren.

Ein solcher Fall liegt hier nicht vor; es ist zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung nicht notwendig gewesen, daß der Kläger/Beklagte (je nachdem) die Termine vom XXX und XXX persönlich wahrnimmt. Das Gericht hat bewußt das persönliche Erscheinen nicht angeordnet, da es die Anwesenheit für nicht notwendig und damit nicht zweckdienlich erachtete.

Für die geltend gemachten Reisekosten und den Verdienstausfall gilt, wie für andere Auslagen auch, der Grundsatz des § 46 Abs. 1 S. 1 RVG. Diese Kosten sind nicht zu erstatten, wenn die Reise zur sachgemäßen Durchführung der Angelegenheit nicht erforderlich war.

Eben dies war vorliegend der Fall; eine Festsetzung kann daher nicht in Betracht kommen.
Die Aufwandsentschädigung für die Reise (damit sind ja nur die Fahrtkosten gemeint) können übrigens auch neben dem Verdienstausfall entstehen. Der Verdienstausfall muß allerdings der Höhe nach nachgewiesen werden, da ansonsten der Mindestsatz von 2 € gem. § 2 Abs. 2 S. 1 ZuSEG anzusetzen ist.

Da ich die Kosten aber sowieso für nicht erstattungsfähig halte, würde ich das nur hilfsweise ausführen.

Die Kosten des nicht ortsansässigen RA dürften übrigens erstattungsfähig sein, BGH, Beschluß v. 18.12.2003, I ZB 21/03, nachzulesen in <a href="http://www.amazon.de/exec/obidos/ASIN/3406574025/ref=nosim/foreno-21" target="_blank">Gerold/Schmidt</a>, RVG, 16. Aufl., 7003-7007 VV, Rn. 71 ff.
Gast

#3

30.06.2005, 22:37

Hi Andreas,

vielen Dank für Deine Gedanken.

Möchte aber noch folgendes anmerken:
Die Aufwandsentschädigung für die Reise (damit sind ja nur die Fahrtkosten gemeint) können übrigens auch neben dem Verdienstausfall entstehen. Der Verdienstausfall muß allerdings der Höhe nach nachgewiesen werden, da ansonsten der Mindestsatz von 2 € gem. § 2 Abs. 2 S. 1 ZuSEG anzusetzen ist.
Das ist ja das Problem. Der Anwalt macht Reisekosten, Aufwandsentschädigung € 2,00 und Verdienstausfall € 13,00 (ohne Nachweise) geltend. Ich habe nicht nachgeschaut, was alles unter Aufwandsentschädigung fällt (hab auch die Akte nicht daheim).

Hier denke ich, dass eben alle drei Positionen nicht geltend gemacht werden.
Die Kosten des nicht ortsansässigen RA dürften übrigens erstattungsfähig sein, BGH, Beschluß v. 18.12.2003, I ZB 21/03, nachzulesen in <a href="http://www.amazon.de/exec/obidos/ASIN/3406574025/ref=nosim/foreno-21" target="_blank">Gerold/Schmidt</a>, RVG, 16. Aufl., 7003-7007 VV, Rn. 71 ff.
Mmmh, aus dem Kopf weiß ich jetzt natürlich nicht, was genau in der Entscheidung steht. Hab nur selbst einige bzgl. dieses Themas. Die auswärtigen RA-Reisekosten dürften allerdings nur insowiet erstattungsfähig sein, als die Kosten, die entstanden wären, wenn die Partei einen ortsansässigen RA mit der Angelegenheit beauftragt hätte, nicht übersteigen.

Also:
Folgende Kostentatbestände werden gegenüber gestellt:

auf Parteiseite:
1. Erste Beratung beim Anwalt eigener Wahl (=Vertrauensanwalt)
2. ersparte Reisekosten zum ortsansässigen RA für 2 oder 3 Besprechungstermine + Aufwandsentschädigung bzw. Verdienstausfall)

auf RAseite:
tatsächlich angefallene Kosten.

Nur hier ist es ganz verrückt.

Der Mandant hat seinen Wohnort am Prozessort und hat einen RA außerhalb.

Sofern ich keine Entscheidungen finden sollte, werde ich auf jeden Fall hinsichtlich der "Zweckdienlichkeit" vortragen.

Also, vielen Dank.

Sollte ich Entscheidungen finden, kann ich ja Bescheid geben.

Gruß
Sabine
Andreas

#4

01.07.2005, 08:53

Hallo,

einen Moment bitte - verstehe ich das richtig ?

Ihr vertretet einen gerichtsortsansässigen Mandanten und habt eure Kanzlei am Gerichtsort.

Gegner wohnt am Gerichtsort, aber nimmt sich auswärtigen RA.

Stimmt das so ?

Falls ja, sehe ich überhaupt keinen Grund, sich eines auswärtigen RA zu bedienen.

Wir haben im Moment auch einen ähnlichen Fall hier. Ein gerichtsortansässiger Mandant hat uns beauftragt, bei "seinem" Gericht ein Verfahren zu führen, und da sind wir im Moment auch im Kostenfestsetzungsverfahren.

Ich habe ganz schön Probleme, die Notwendigkeit zu begründen :wink:

So - jetzt habe ich grad mal in den Zöller geschaut. Wenn der Fall so liegt, wie ich vorstehend geschrieben habe, und du die Reisekosten Partei und RA abwehren willst, sollte das ziemlich einfach werden :
Der Kl/Bekl kann keine Reisekostenerstattung verlangen, da er seinen Wohnsitz am Gerichtsort hat. Es hätte ihm im Sinne einer kostensparenden Prozeßführung oblegen, einen RA am Gerichtssatz mit der Wahrnehmung seiner Interessen zu beauftragen. Etwas anderes könnte nur gelten, wenn am Gerichtssatz kein zugelassener RA hätte beauftragt werden können, was vorliegend nicht der Fall ist.

Gleiches gilt auch für die zur Festsetzung beantragten Reisekosten :

Reisekosten des RA zum Prozeßgericht sind erstattungsfähig, wenn am Sitz des Gerichts kein Anwalt ist, den die Partei beauftragen konnte. Sie sind weiterhin zu verneinen, wenn die Partei im eigenen Gerichtsstand klagt / verklagt wird und einen auswärtigen RA beauftragt (BGH NJW 2003 = AnwBl 2003, 181 = BGHReport 2003, 308 = Rpfleger 2003, 214 = JurBüro 2003, 205), vgl. Herget in Zöller, ZPO, 24. Aufl., § 91 Rn. 13 b), S. 336.

Da die Beauftragung eines nicht am Gerichtssitz ansässigen RA nicht notwendig war, kommt eine Reisekostenerstattung nicht in Betracht.

Verdienstausfall ist im Übrigen nicht nachgewiesen.
Damit solltest du die unnötigen Reisekosten abwehren können.
Gast

#5

01.07.2005, 23:45

Hallöchen Andy :wink:

Du hast es richtig verstanden.

Die Reisekosten des RA haben wir ihm schon um die Ohren gehauen. Jetzt versucht er es mit den Parteikosten.

1. Reisekosten:

Der RA macht fiktive Reisekosten für 3 Informationsfahrten von seinem Wohnort zu einem ortsansässigen RA benötigt hätte (4 Leitzordner umfasst der Fall). Da er außerhalb der Gemeinde liegt, sind die Informationsfahrten nicht zu beanstanden.

2. Aufwandsentschädigung:

Nach der "alten" Vorschriften sind 3,00 € zu berücksichtigen, wenn der "Zeuge" mehr als 4 Stunden vom Aufenthaltsort vernbleiben musste.
Der gegnerische RA hatte bereits für 3 Termine einen Stundenaufwand von 1,5 Std. bei der Berechnung des Verdienstausfalles (€ 13,00) berücksichtigt.

3. Verdienstausfall

Lediglich bei Selbstständigen wird der Höchstsatz von € 13,00 ohne weitere Nachweise anerkannt. Da es sich aber bei dem Gegner um eine Privatperson handelt, sind Nachweise über den tatsächlich erlittenen Verdienstausfall vorzulegen.

Zur Erstattungsfähigkeit der Reisekosten zum Gerichtstermin habe ich eine Entscheidung gefunden. Das persönliche Erscheinen muss angeordnet gewesen sein, damit diese Kosten als notwendige Kosten im KFA-Verfahren Berücksichtigung finden (JurBüro 12/2002, 652).

Ich habe allerdings auch eine gegenteilige Meinung gefunden. Aber die interessiert bestimmt niemanden :frust

So, d. h. also für mich:

Die vier Leitzordner durchsehen und überprüfen, wann das persönliche Erscheinen angeordnet war. Wann war der Gegner tatsächlich bei Gericht (an einem Termin war er nämlich gar nicht anwesen, aber für diesen Tagen wurden trotztdem sämtliche Kosten geltend gemacht);

dem Gegner sein Verzapftes um die Ohren hauen. In diesem Fall geht es um das Prinzip.
:fecht

Ich bin mir nur noch ein wenig mit der Aufwandsentschädigung (mehr als 4 STunden) unsicher. Muss noch mal darüber nachdenken.

Aber, hey,

Vielen lieben Dank, Du bringst mein Hirn zum denken.

Liebe Grüße
Sabine
Andreas

#6

03.07.2005, 19:31

Na, das ist doch der Sinn des Forums :D

Dann denk mal, und hau los :wink:

Übrigens:

Das erinnert mich wirklich schwer an unseren aktuellen Fall, Ihr könntet fast die Gegnerkanzlei sein, wenn Ihr nicht aus Heidelberg wärt - und wir haben keinen Verdienstausfall beantragt, hihi.
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#7

10.10.2008, 13:32

Ich hänge meine Frage einfach mal hier hinter:
Hab ich das richtig verstanden: Wenn ich die 17 Euro Verdienstausfall der Mdt. nicht durchbekomme ohne Nachweis, bzw. diesen Nachweis nicht erbringen kann, weil die Mdt. evtl. sogar Urlaub hatte an dem Tag, an dem sie bei Gericht war, werden 2 Euro festgesetzt? Der Mindestsatz also?
Ich hab hier nämlich jetzt den Fall, daß ich den Verdienstausfall nachweisen soll. Die Mdt. ist aber so und so schon schrecklich, wir hatten auch UB's. Diese Kosten wurden schon bestritten, so daß ich hilfsweise die Reisekosten der Mdt. aufgegeben habe, wenn es eben keine UB's gegeben hätte sondern wir ihr am Gerichtsort einen empfohlen hätten. Ich hab jetzt mal pauschal 17 € VA genommen. Aber das krieg ich sicher nicht durch. Ich weiß nicht mal, ob die jute Frau arbeitet. Also lieber gleich 2 Euro Mindestsatz festsetzen lassen?
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#8

10.10.2008, 19:03

Im Rahmen der Geltendmachung von Parteikosten ist ein Verdienstausfall grundsätzlich nachzuweisen. Kann der Höchstsatz von 17 €/Stunde nicht belegt werden und kommt die Hausfrauenentschädigung auch nicht in Betracht, verbleibt letztlich der Mindestsatz (Freizeitausgleich) von 3 €/Stunde (nicht: 2 €).
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#9

10.10.2008, 19:40

in einem Fall will unser Mdt seinen Urlaubstag "ersetzt" haben und ferner noch Telefonkosten (u.a. mit uns) und noch irgendwas, wie mache ich das?!
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#10

11.10.2008, 16:41

Freizeitausgleich wird grundsätzlich mit dem Mindestsatz berechnet. Wie der Mdt. allerdings seine Telefonkosten nachweisen will, ist mir schleierhaft. Vielleicht lässt sich das Gericht auf eine geringe Pauschale ein.
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