Urkunde ohne Kosten?

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KiwiHH
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#1

23.02.2017, 10:35

Hallo ihr Lieben,

bei uns im Büro besteht mal wieder Uneinigkeit.

Ich greife mal ein bisschen vor:

Es wurde ein Grundstückskaufvertrag beurkundet in dem eine Vorbelastungsvollmacht enthalten ist. Die Höhe belief sich auf 65.000,00 Euro.
Einige Zeit später, also nach Beurkundung des KV, wollten die Käufer eine Grundschuldbestellungsurkunde beurkunden lassen. Höhe der einzutragenden Grundschuld beläuft sich auf 175.000,00 €, so dass ich in Vollmacht eine Änderungsurkunde gefertigt habe, bezüglich der Höhe der Belastungsvollmacht.

In der Grundschuldbestellungsurkunde nehmen wir Bezug auf die im Kaufvertrag genannte Belastungsvollmacht, nicht aber auf die Ergänzung, also wurde noch eine weitere Urkunde von mir in Vollmacht gefertigt und beurkundet, dahingehend, dass wir eben zusätzlich noch auf die weitere Urkunde bezüglich der Erhöhung des Belastungsbetrages Bezug nehmen.
Ich hoffe, ich habe das jetzt nicht zu wirr formuliert.

Wer trägt hier die Kosten für die weitere Urkunde?

Bezüglich der Änderungsurkunde, in der der Belastungsbetrag erhöht wird, sind wir einig, dass die Käufer die Kosten zu tragen haben, aber bei der weiteren Ergänzungsurkunde? Wäre das nicht ohne Kosten?

Was meint ihr?

LG Kiwi
Martin Filzek
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#2

23.02.2017, 11:01

Ich meine dass das ein offensichtlicher Fall von § 21 GNotKG ist und somit keine Kosten berechnet zu werden brauchen.

Wie wurden denn Wert und Gebühr für die erste Ergänzung bisher berechnet? Könnte mir vorstellen, dass evtl. auch dabei Fehler möglich waren bzw. die Bewertung scheint mir nicht ganz einfach zu sein:
Ich würde vermuten, dass § 109 Abs. 1 S. 5 GNotKG auch auf die erhöhte Vollmacht anzuwenden sein wird, so dass sich der Wert der Änderungsurkunde auf den Betrag begrenzen könnte, welcher der Differenz zwischen damaligem Begrenzungsbetrag von 65.000 Euro und dem Kaufpreis (Wert der Haupterklärung, zu der die Belastungsvollmacht Hilfsgeschäft i.S.v. §109 Abs. 1 S. 5 war, so dass der Wert des Hauptgeschäfts nicht überschritten werden durfte bei der Bewertung) sein könnte. Dann wäre der Wert der Ergänzung aber nur 0, falls der Kaufpreis - dazu ist im Fragebeitrag nichts gesagt wie hoch er ist - mit dem Betrag von 65.000 Euro identisch ist. Dafür, dass auch über den Kaufpreis hinaus bis 175.000 Euro belastet werden kann, scheint mir dieser Wert doch unangemessen klein zu sein. Vielleicht ist es vertretbar, gem. § 36 Abs. 1 10 - 30 % vom Differenzbetrag der damaligen und jetzigen Belastungsvollmacht zu schätzen (obwohl sie bei Aufnahme in unbegrenzter Höhe von Anfang an ja unbewertet geblieben wäre wegen § 109 Abs. 1 S. 5).

Problematisch und wegen §> 109 Abs. 1 S. 5 eher unvertretbar würde ich die Meinung finden, dass der Wert der Ergänzuungsurkunde der volle Unterschiedsbetrag war, sofern der Kaufpreis nur 65.000 Euro betragen hat.

Würde mich daher interessieren, wie die erste Ergänzungsurkunde bisher bewertet wurde.

Auch die Bestimmung der richtigen Gebühr ist nicht einfach: Geht man davon aus, dass die Einigung über die Finanzierungsvollmacht eine vertragliche Erklärung im Kaufvertrag ist wischen Verkäufer und Käufer - was ich für richtig halte - ist es eine 2,0-Gebühr KV 21100 (mind. 120 Euro). Man könnte aber auch auf die Idee kommen, es würde ja nur eine Vollmacht geändert, die für sich betrachtet eine 1,0-Gebühr KV 21200 auslöst, so dass dieser Gebührensatz für anwendbar gehalten würde (Mindestgebühr dann 60 Euro).

Im konkreten Einzelfall kann es natürlich auch sein, dass für eine solche erste Urkunde die Kosten gem. § 21 GNotKG unerhoben bleiben könnten, wenn z. B. bei einem unbebauten Grundstück von Anfang an der Notar hätte erkennen können, dass für die Finanzierung auch der Baukosten höchstwahrscheinlich eine höhere Belastungsvollmacht benötigt wird (die wie gesagt auch wegen § 109 Abs. 1 S. 5 überhaupt keine Mehrkosten ausgelöst hätte) und somit nur, weil dies übersehen wurde, eine Begrenzung auf die Höhe des Kaufpreises erfolgt war, wie dies in Normalfällen natürlich vertretbar und üblich erscheint.
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#3

23.02.2017, 12:29

So ganz verstehe ich den Beitrag nicht :nachdenk

Hätte nicht einfach die Grundschuld über 175.000 Euro bestellt werden können – bis zu einem Betrag von 65.000 Euro aufgrund Belastungsvollmacht, im Übrigen unter Mitwirkung des Verkäufers (dann keine zusätzlichen Kosten) bzw. vollmachtlos durch den Käufer mit von dem Notar einzuholender Zustimmung des Verkäufers (Entwurf durch Notar).
Hierfür wären dann m.E. eine 0,3 Vollzugsgebühr zur Grundschuld (Wert: 175.000 Euro, § 112 GNotKG) + eine 0,2 Beglaubigungsgebühr (Wert: ½ von 175.000 – 65.000 = 110.000 = 55.000,00 Euro, § 98 GNotKG) angefallen, wenn nicht – worauf Martin Filzek ja auch schon hinweist - die Aufnahme einer so stark begrenzten Belastungsvollmacht eine unrichtige Sachbehandlung darstellen würde (Belehrungspflicht des Notars?).
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