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Beratungsschein und Aufklärungspflicht

Verfasst: 08.03.2018, 12:09
von pepe
Hallo Zusammen,

der Rechtsanwalt ist ja nach § 16 der Berufsordnung verpflichtet, bei begründetem Anlass auf die Möglichkeiten von Beratungs- und Prozesskostenhilfe hinzuweisen.

Wir haben wieder so einen Fall, bei dem ein Mandant uns tätig werden lässt und erst im Nachgang sagt, er könne die Rechnung nicht bezahlen. Er würde sich nun nachträglich um einen Beratungsschein kümmern.

Was ist denn der begründete Anlass?

:thx

Re: Beratungsschein und Aufklärungspflicht

Verfasst: 08.03.2018, 12:21
von Sodoku
Z.B. wenn seine soziale Stellung bekannt ist,. Mdt ist Student, Renter, Alg II Empfänger, bezieht Krankengeld, Kenntnis über hohe Verschuldung und Zahlungsunfähigkeit ...

Re: Beratungsschein und Aufklärungspflicht

Verfasst: 08.03.2018, 12:30
von Sonnenblume1804
Hallo,

mal ganz unabhängig davon, man kann "nachträgliche" Beratungshilfe nur innerhalb einer vierwöchigen Frist nach Beginn der Beratungshilfetätigkeit stellen. Sollte Eurer Mandant schon über diese vier Wochen liegen könnte es schwer für ihn werden.

LG:-)

Re: Beratungsschein und Aufklärungspflicht

Verfasst: 08.03.2018, 12:38
von pepe
Sodoku hat geschrieben:Z.B. wenn seine soziale Stellung bekannt ist,. Mdt ist Student, Renter, Alg II Empfänger, bezieht Krankengeld, Kenntnis über hohe Verschuldung und Zahlungsunfähigkeit ...
Und wenn genau das alles nicht bekannt ist? Muss dann im Nachgang die Beratungshilfe akzeptiert werden?

Re: Beratungsschein und Aufklärungspflicht

Verfasst: 08.03.2018, 12:44
von Anahid
Selbstverständlich muss das aktzeptiert werden. Hört sich ja so an, als wenn Ihr das Mandat nicht übernommen hättet, wenn Euch bekannt gewesen wäre, dass der Mandant Beratungshilfe benötigt. Schonmal § 49 a BRAO gelesen?

Re: Beratungsschein und Aufklärungspflicht

Verfasst: 08.03.2018, 13:42
von pepe
Anahid hat geschrieben:Selbstverständlich muss das aktzeptiert werden. Hört sich ja so an, als wenn Ihr das Mandat nicht übernommen hättet, wenn Euch bekannt gewesen wäre, dass der Mandant Beratungshilfe benötigt. Schonmal § 49 a BRAO gelesen?
Wieso selbstverständlich?

§ 49 a BRAO sagt: Der Rechtsanwalt ist verpflichtet, die in dem Beratungshilfegesetz vorgesehene Beratungshilfe zu übernehmen. Er kann die Beratungshilfe im Einzelfall aus wichtigem Grund ablehnen.

Ein wichtiger Grund (vgl. § 16a der Berufsordnung) kann in der Person des Rechtsanwaltes selbst oder in der Person oder dem Verhalten des Mandanten liegen. 3Ein wichtiger Grund kann auch darin liegen, dass die Beratungshilfebewilligung nicht den Voraussetzungen des Beratungshilfegesetzes entspricht. 4Ein wichtiger Grund liegt insbesondere vor, wenn
a) der Rechtsanwalt durch eine Erkrankung oder durch berufliche Überlastung an der Beratung/Vertretung gehindert ist;
b) (aufgehoben)
c) der beratungshilfeberechtigte Mandant seine für die Mandatsbearbeitung erforderliche Mitarbeit verweigert;
d) das Vertrauensverhältnis zwischen Anwalt und Mandant aus Gründen, die im Verhalten oder in der Person des Mandanten liegen, schwerwiegend gestört ist;
e) sich herausstellt, dass die Einkommens- und/oder Vermögensverhältnisse des Mandanten die Bewilligung von Beratungshilfe nicht rechtfertigen;

Ein wichtiger Grund lag durchaus vor.

Re: Beratungsschein und Aufklärungspflicht

Verfasst: 08.03.2018, 14:00
von Anahid
Natürlich selbstverständlich. Wo soll denn der wichtige Grund liegen? Hätte einer der in § 49 a BRAO genannten wichtigen Gründe vorgelegen, hättet Ihr das Mandat auf keinen Fall übernehmen können, egal ob der Mandant selbst zahlt oder Beratungshilfe benötigt.

Als Tipp für die Zukunft: Wir fragen bereits vor Terminsvereinbarung, ob der Mandant in der Lage ist, den Rechtsanwalt zu zahlen. Wenn nicht, wird der auf die Beratungshilfe hingewiesen und zum Amtsgericht geschickt. Einen Termin bekommt er dann erst, wenn er einen Beratungshilfeschein hat. Zu 99 % hören wir von den Leuten nichts mehr.

Re: Beratungsschein und Aufklärungspflicht

Verfasst: 08.03.2018, 14:04
von Crydea
Anahid hat geschrieben: Als Tipp für die Zukunft: Wir fragen bereis vor Terminsvereinbarung, ob der Mandant in der Lage ist, den Rechtsanwalt zu zahlen. Wenn nicht, wird der auf die Beratungshilfe hingewiesen und zum Amtsgericht geschickt. Einen Termin bekommt er dann erst, wenn er einen Beratungshilfeschein hat. Zu 99 % hören wir von den Leuten nichts mehr.


So gehen wir auch vor

Re: Beratungsschein und Aufklärungspflicht

Verfasst: 08.03.2018, 14:48
von Adora Belle
pepe hat geschrieben:Ein wichtiger Grund lag durchaus vor.
Ich glaube Du verstehst hier das Gesetz falsch. Der RA ist berechtigt, das Mandat abzulehnen. Er ist nicht berechtigt, allein die Beratungshilfebedingungen abzulehnen. Das siehst Du schon allein daran, dass es kein f)der RA nicht gewillt ist, für Beratungshilfegebühren tätig zu werden gibt.


Wie kommt es denn überhaupt dazu, dass der Mandant erst jetzt mit der BerH rausrückt? Irgendwann muss doch die RA-Vergütung mal Thema gewesen sein. Ich kann mir überhaupt keine Situation vorstellen, in der man Euch "erst tätig werden lässt", ohne dass die Bezahlung geklärt ist. Wenn die bei Euch auftritt, solltet Ihr dringend was an Euren Abläufen ändern.