Erstreckung der Pflichtverteidigerbeiordnung im Termin

Fragen rund um die neuen Rechtsanwaltsgebühren nach RVG ab 01.08.2013
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frischen79
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#1

07.10.2015, 08:58

Guten Morgen,

ich quäle mich seit geraumer Zeit mit dem Thema Verfahren und Erstreckung herum. Es geht ausschließlich um Pflichtverteidigersachen. Ich habe dazu nun schon so einiges beim Burhoff gelesen, aber so richtig klar sind mir einige Sachen noch nicht. Z.B. frage ich mich, ob und ggf. welche Gebühren in einem in der Hauptverhandlung hinzuverbundenen Verfahren abgerechnet werden können. Erstreckung wurde beantragt und beschlossen.

So, wie ich es verstehe, kann man (natürlich) immer nur "Tätigkeiten" abrechnen, d.h. man muss in dem Verbundenen Verfahren auch was getan haben. Bekommt man z.B. eine Anklage und gleichzeitig den Verbindungsbeschluss fällt mE keinerlei Gebühr für das Verbundene Verfahren an. Sehe ich das richtig?

Wenn ja, dann bekommt man doch für ein im HVT hinzuverbundenes Verfahren keine Gebühren, oder? Andererseits verwirrt mich, dass ich in einem Rechtspflegerforum gelesen habe, dass dort jmd. der Meinung war, der Verteidiger bekäme (bei Erstreckung) zwei Terminsgebühren! Das hört sich für mich nicht logisch an, da bei Verbindung aus mehreren Verfahren eins wird und auch nur das eine Verfahren verhandelt wird. Also EIN Termin. :nachdenk

Es gibt ja Fälle, da werden noch mehr als ein Verfahren dazuverbunden. Man stelle sich vor, wie viele Terminsgebühren da anfallen würden für nur einen Termin :patsch

Hoffe, jemand kann mir Klarheit verschaffen :-/

Edit: Auch hier im Forum gibt es unterschiedliche Antworten. Einmal wird gesagt, dass eine Verhandlung auch nur eine Terminsgebühr bedeuteut, ein anderer sagt, es kommt darauf an, wann "im Termin" verbunden wurde.
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Liesel
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#2

07.10.2015, 09:49

frischen79 hat geschrieben:So, wie ich es verstehe, kann man (natürlich) immer nur "Tätigkeiten" abrechnen, d.h. man muss in dem Verbundenen Verfahren auch was getan haben. Bekommt man z.B. eine Anklage und gleichzeitig den Verbindungsbeschluss fällt mE keinerlei Gebühr für das Verbundene Verfahren an. Sehe ich das richtig?
Das ist korrekt.
frischen79 hat geschrieben:Wenn ja, dann bekommt man doch für ein im HVT hinzuverbundenes Verfahren keine Gebühren, oder? Andererseits verwirrt mich, dass ich in einem Rechtspflegerforum gelesen habe, dass dort jmd. der Meinung war, der Verteidiger bekäme (bei Erstreckung) zwei Terminsgebühren! Das hört sich für mich nicht logisch an, da bei Verbindung aus mehreren Verfahren eins wird und auch nur das eine Verfahren verhandelt wird. Also EIN Termin.
Es können nur zwei Terminsgebühren anfallen, wenn in dem hinzuverbundenen Verfahren vor der Verbindung die Terminsgebühr bereits entstanden ist.

Die Erstreckung ist daher nur notwendig, wenn der RA in dem hinzuverbundenen Verfahren bereits Tätigkeiten erbracht hat und Pflichtverteidigung lediglich im führenden Verfahren bereits bewilligt wurde.

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#3

07.10.2015, 09:56

frischen79 hat geschrieben:... ein anderer sagt, es kommt darauf an, wann "im Termin" verbunden wurde.

Wenn das mal nicht ich war. :cowboy

Die Terminsgebühr entsteht, sobald die Sache aufgerufen ist und der Anwalt vertretungsbereit vor Ort, oder wenn ohne Aufruf darüber erörtert wird. Wenn also das Gericht z.b. im Termin eine weitere Anklage aus der Tasche holt und fragt, ob man die mitverhandeln könne, der Verteidiger zustimmt und auf Ladungsfristen verzichtet, und dann erst hinzuverbunden wird, dann ist die TG gesondert angefallen, bis zur Verbindung. Das ganze ist auch ein wenig Glückssache, bzw. muss der Verteidiger halt darauf dringen, dass in der richtigen Reihenfolge protokolliert wird, um seine Vergütung zu bekommen.

Wenn allerdings der Verteidiger in der hinzuverbundenen Sache schon vorher tätig war, sind bereits Gebühren (GG und VG) entstanden. In dem Fall kommt es wirklich auf Erstreckung an, um auch diese Gebühren aus der Staatskasse verlangen zu können.

Edit: Ah, @Liesel hats noch schöner geschrieben.
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frischen79
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#4

08.10.2015, 11:53

:thx :thx
Das Protokoll habe ich (asnahmsweise mal) hier, die Sache wurde aufgerufen, dann die zweite Anklage "aus der Tasche gepackt", mit Zustimmung des Mandanten und unter Verzicht auf die Ladungsfristen entschieden, dass mitverhandelt werden soll, die Anklage zugelassen, PflVBestellung erstreckt und dann beide Anklagen verlesen. Das sieht für mich nach einem wahren Geldsegen aus ;)
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