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Nachlasspfleger § 779 ZPO

Verfasst: 28.06.2006, 13:43
von Jara
Wie läuft die Bestellung eines Nachlasspflegers ab?

Habe folgenden Fall:

Schuldnerin ist kurz vor ZV gestorben, ZV wurde noch beantragt, doch zwischen absenden des ZV und Eintreffen des GVZ ist Sch gestorben.

habe einsicht in das Familienbuch bekommen: mögliche Erben: Mann und Eltern. Sodann habe ich Erbschein für Ehemann beantragt, doch dieser meldet sich beim Nachlassgericht nicht.
Nun sollen wir als Gläubiger beweispflichtig dafür sein, dass der Mann der Erbe ist... das können wir natürlich nicht nachweisen, sind ja alles nur Versuche!

Jetzt bin ich auf die Idee gekommen, einen nachlasspfleger zu bestellen, denn laut Nachlassgericht liegen dort keine Vorgänge vor: Sprich das Erbe ist offensichtlich auch nicht ausgeschlagen?
Möglicherweise hatte die Dame auch gar nichts zum vererben, aber irgendwie muss das doch rauszufinden sein:

wie läuft das ab, wo beantrage ich Nachlasspfleger, vermutlich beim Nachlassgericht, oder? Kostet das etwas? Was passiert dann? Wird von Amts wegen alles weitere veranlasst?
Wir können viel mehr Infos eben einfach nicht liefern...

Hatte jemand schonmal so einen Fall?

Verfasst: 28.06.2006, 13:52
von Pepsi
Nachlasspfleger hab ich noch nie gehört, ist wohl sowas wie Testamentsvollstrecker?

Verfasst: 28.06.2006, 15:22
von suncat
Hi Jara,
bei uns (in Bayern) läuft es so, daß ich einen kleinen Schriftsatz an das Nachlaßgericht mache, in dem ich den Sachverhalt schildere, incl. Kopien des Titels und anschließend Nachlaßpflegschaft beantrage. Ich habe auch noch nie gehört, daß ein Gläubiger den Erbschein beantragen kann :?:
Allerdings kann es da bei Dir schon wieder ganz anders aussehen, da Du ja in einem anderen Bundesland bist.
Nach 1 oder 2 Wochen rufe ich dann beim Nachlaßgericht an und frage nach ob jetzt ein Nachlaßpfleger bestellt wurde. An diesen wende ich mich dann direkt mit meiner Forderung.

Verfasst: 29.06.2006, 07:48
von Pepsi
und was kostet das?

Verfasst: 29.06.2006, 08:00
von suncat
Bei uns kostet die Beantragung nichts.
Ich würde das an Deiner Stelle mal mit dem zuständigen Rechtspfleger absprechen.

Verfasst: 29.06.2006, 08:03
von Pepsi
hm, aber wer übt dann das amt aus, der muss doch auch was verdienen?

Verfasst: 29.06.2006, 08:43
von Jara
hallo Suncat,

vielen Dank für deine Antwort!

Beantragt ihr die Anordnung des Nachlasspflegers immer dann, wenn die Erben unklar sind? Oder nur, wenn klar ist, dass auch was vererbt wurde, Grundbesitz, Vermögen etc. offensichtlich vorhanden ist?
Das ist nämlich in meinem Fall nicht so! Ich weiß also leider gar nicht, wie gesagt, ob die Schuldnerin überhaupt etwas zu vererben hatte!

Ist dann die Beantragung eines Nachlasspflegers überhaupt sinnvoll? Bekommt man dann auch durch diesen Info, dass eben gar nichts vererbt wurde?

Das würde mich noch brennend interessieren: Was wird vom nachlassgericht "von Amts wegen" getan?

Viele Grüße aus dem Rheinland! :wink2

Verfasst: 29.06.2006, 08:44
von Lena
Ein Nachlasspfleger wird auf Antrag vom Gericht eingesetzt wenn keine Erben vorhanden sind. Ansonsten, sind Erben vorhanden, gilt wohl das Urteil des BayOLG RE WM 93,523 (Text liegt mir aber nicht vor! - sorry!)


Wegen der Vergütung gilt wohl jetzt ein Bruttostundensatz zwischen 80 € und 150 €, vgl. LG München I Rpfleger 2003, 349. DIe Höhe ist aber wohl von Bundesland zu BL sehr unterschiedlich und auch von der Höhe des Nachlasses abhängt!

Für die früher geltende Rechtsprechung, wonach der Stundensatz je nach Schwierigkeit der Pflegergeschäfte durch eine angemessene Erhöhung der Stundensätze des § 1 BVormVG zu ermitteln sei, ist durch die Neuregelung des Vergütungsrechts die Grundlage entfallen (§ 1915 Abs.1 S.2 BGB!).

Und es gibt einen Aufsatz über die Vergütung des Nachlasspflegers seit 1.7.2005 von Prof. Dr. Walter Zimmermann (ZEV 2005, 473 zu finden bei Beck-Online).




Und dann hab ich noch ne kurze Zusammenfassung über die Nachlasspflegschaft gefunden...


"Wissenswertes zur Nachlasspflegschaft


Sind nach dem Tode eines Menschen dessen Erben unbekannt, und ist der Nachlass fürsorgebedürftig, so kann das Nachlassgericht eine Nachlasspflegschaft anordnen. Die Nachlasspflegschaft ist das wichtigste und umfassendste Mittel des Nachlassgerichts zum Schutze eines fürsorgebedürftigen Nachlasses. Das Bürgerliche Gesetzbuch unterscheidet drei Fälle der Nachlasspflegschaft:


1. Sicherungspflegschaft nach § 1960 BGB

(1) Bis zur Annahme der Erbschaft hat das Nachlassgericht für die Sicherung des Nachlasses zu sorgen, soweit ein Bedürfnis besteht. Das gleich gilt, wenn der Erbe unbekannt oder wenn ungewiss ist, ob er die Erbschaft angenommen hat.

(2) Das Nachlassgericht kann insbesondere die Anlegung von Siegeln, die Hinterlegung von Geld, Wertpapieren und Kostbarkeiten sowie die Aufnahme eines Nachlassverzeichnisses anordnen und für denjenigen, welcher Erbe wird, einen Pfleger (Nachlasspfleger) bestellen.

(3) Die Vorschrift des § 1958 findet auf den Nachlasspfleger keine Anwendung.


2. Klagepflegschaft nach § 1961 BGB

Das Nachlassgericht hat in den Fällen des § 1960 Abs. 1 einen Nachlasspfleger zu bestellen, wenn die Bestellung zum Zwecke der gerichtlichen Geltendmachung eines Anspruches, der sich gegen den Nachlass richtet, von dem Berechtigten beantragt wird.


3. Nachlassverwaltung nach § 1975 BGB

Die Haftung des Erben für die Nachlassverbindlichkeiten beschränkt sich auf den Nachlass, wenn eine Nachlasspflegschaft zum Zwecke der Befriedigung der Nachlassgläubiger (Nachlassverwaltung) angeordnet oder das Nachlassinsolvenzverfahren eröffnet ist.


Die Tätigkeit des Nachlasspflegers ist auf die Sicherung, Erhaltung und Verwaltung des Nachlasses zugunsten der Erben gerichtet, die noch festzustellen sind.
In einer Vielzahl von Nachlasspflegschaftsverfahren sind die Nachlässe jedoch überschuldet. Die Nachlasspflegschaft führt dann zu vollständigen Liquidation des Nachlasses, wenn das vorhandene Nachlassvermögen für die Einleitung eines Nachlassinsolvenzverfahrens nicht ausreicht.
"

Verfasst: 29.06.2006, 09:54
von suncat
Die Nachlaßpflegerkosten werden entweder aus dem Nachlaß bezahlt oder wenn dieser überschuldet ist, aus der Staatskasse.
Alles Andere glaub ich ist mit dem vorigen Beitrag schon erklärt.

Verfasst: 29.06.2006, 11:43
von Jara
DANKESCHÖN!

Werde mich mal mit den zahlreichen Infos beschäftigen... Vielleicht sind dann ja alle meine Fragen geklärt...

:-)