Was kann man von Auszubildenden erwarten?

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JJJ
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#11

27.10.2015, 15:14

Leider muss man sagen, dass sich die Auswahl an wirklich motivierten und qualifizierten Azubis in den letzten Jahren drastisch verringert hat. Ich weiß nicht, ob es nur uns so geht. Vor vielen vielen Jahren hatten wir es echt schwer unter vielen sehr guten Bewerbern jemanden auszuwählen, da die meisten von ihren schulischen Leistungen her, von ihrer Einstellung zum Beruf und ihrer Motivation her, wirklich gut und überzeugend waren. Das hat man auch am Abschluss gemerkt. 6 Jahre später schon hatten wir zu tun unter vielen schlechten Bewerbern, den Besten rauszusuchen. Die Deutschkenntnisse wurden immer schlechter, die Ansprüche immer höher und die Motivation und Eigeninitiative immer geringer. Viele bewerben sich nur noch auf den Beruf, weil sie ihn vom Amt vorgeschlagen bekommen und die Bewerbung nachweisen müssen. Von einem wirklichen Interesse kann man da nicht ausgehen. Jetzt haben sie bereits im 1. Lehrjahr schon Probleme in er Schule mitzubekommen und beschreiben den Stoff als schwer. Vor Jahren noch war das 1. Lehrjahr für unsere Azubis mit 1 - 2 als Note im Durschnitt zu schaffen.

Ist irgend jemanden auch schon so was Ähnliches aufgefallen oder hatten wir einfach nur Pech mit unseren Bewerbern in letzter Zeit? :sad:
:wink1 Unser größter Ruhm liegt nicht darin, niemals zu fallen, sondern jedesmal wieder aufzustehen, wenn wir gescheitert sind. 8)
Maddien
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#12

27.10.2015, 15:19

Das ist überall gang und gäbe.
läuft...
:huch
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Morgenmuffel
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#13

27.10.2015, 15:21

JJJ: Ist hier nicht anders. Du sprichst mir aus der Seele!! :)
Der Vorteil der Klugheit liegt darin, dass man sich dumm stellen kann. Das Gegenteil ist schon schwieriger. (Kurt Tucholsky)
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Geniesserin
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#14

27.10.2015, 15:52

Ist hier auch so. Motivationslos, teilweise sogar unhöflich und fehlendes mitdenken. Beendigung des Ausbildungsverhältnisses hatten wir schon öfters mal nach ein paar Arbeitstagen. Und ab August ist die Suche noch schwieriger.
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Jupp03/11

#15

27.10.2015, 20:21

likema31 hat geschrieben:Ich weiß jetzt gar nicht so recht, wie ich unser Problem beschreiben soll. Es geht darum, was ich von einem Azubi erwarten darf und was nicht.

Wir sind eine kleine Kanzlei, haben derzeit 2 Azubis (im ersten und zweiten Lehrjahr) und eine ReFa, die aber überwiegend Betreuungsakten bearbeitet. Das heißt, die Ausbildung übernehmen die Anwälte. Bei uns dürfen die Azubis von Anfang an sehr viel machen, weil wir als kleine Kanzlei einfach darauf angewiesen sind, dass die Zuständigkeiten nicht begrenzt sind.

Soll heißen, auch Azubis im ersten Jahr dürfen Kenntnisnahmeschreiben verfassen und rausschicken, natürlich nur dann, wenn keine Belehrung des Mandanten erforderlich ist etc und nur auf Anweisung.

Jetzt habe ich schon öfter bemerkt, dass von den Azubis gar nicht gelesen wird, was wir Anwälte rausschicken wollen. Ich hatte gestern ein Schreiben an eine Mandantin verfasst, sie noch über die Rechtslage belehrt und ein Schreiben des Gegners angefügt. Der Azubine habe ich die Akte hingelegt, genau aufgeschrieben, dass sie beides kopieren und dann rausschicken soll.

Wie lautete die konkrete Anweisung? Wurde das Schreiben an die Mdt. mit vorgelegt zum Verschicken?

Stattdessen macht sie selbständig ein Kenntnisnahmeschreiben und vergisst auch noch, mein Anschreiben zu kopieren. DAs ist nicht weiter schlimm, denn die Mandantin hat jetzt 1 überflüssiges Schreiben, aber es wirkt unprofessionell.

Ich nehme an, so etwas passiert, weil weder mitgedacht noch mitgelesen wird. Letzteres fiel mir schon öfters auf. Letzte Woche habe ich ein Fax erwartet. 1 Seite von einem Fax, das bereits angekommen war, fehlte und ich sagte, dass die fehlende Seite bald noch kommen müsste. Dazwischen kam ein Fax, das damit gar nichts zu tun hatte. Azubine legt es mir hin mit der Bemerkung das sei nun die fehlende Seite zu dem ersten Fax. Auch das kann doch nur sein, wenn sie es nicht gelesen hat.

Erwarten wir zu viel?

Wie handhabt Ihr es mit den Azubis? Was dürfen sie und was nicht? Und vor allem, wie viel kontrolliert Ihr?
Im übrigen sind einige Antworten, die der Ausgangsfrage folgen, unter aller Kanone, gerade im Hinblick auf hier angemeldete Lehrlinge.
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AnjaZ
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#16

27.10.2015, 20:27

Ich stelle die Motivationslosigkeit schon bei den Schülerpraktikanten fest, da kann man nur mit dem Kopf schütteln und sich fragen, wo das alles noch hinführen soll.
Einmal jährlich veranstaltet die örtliche Schule ein Beruferondell. Es werden dort verschiedene Ausbildungsberufe den Schülern der 8. Klassen vorgestellt. Die Schüler können sich je drei Vorträge aussuchen. Ich stelle dort regelmäßig den Beruf der ReNo vor. Das Interesse der Schüler an den Vorträgen scheint aber nicht groß zu sein (oder mein Vortrag ist nicht spannend genug :-? )
Gruß Anja
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likema31
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#17

28.10.2015, 10:39

Danke Euch allen.

Jupp, Deine Frage kann ich mit Ja beantworten. Wir arbeiten mit "Verfügungszetteln", auf denen ankreuzt wird, was zu machen ist bzw. schreiben wir das noch konkret dazu. Selbstverständlich liegen immer alle Schreiben mit bei. Ich trenne sogar mit Post-Its, wenn eine Sache ans Gericht geht und eine an den Mandanten und es sich um die gleiche Akte handelt. Zudem sage ich zusätzlich zu der schriftlichen Anweisung noch, was gemacht werden muss. Allgemein besteht auch die Anweisung, dass gefragt werden soll, wenn etwas nicht verstanden wird (das machen beide auch, so ist das nicht).

Leider fällt mir halt immer wieder auf, dass das Mitdenken fehlt. Ich frage mich wirklich, was heutzutage in den Schulen so gelehrt wird. Zudem sind unsere Azubis schon Anfang 20 und keine 16 mehr. Da müsste doch ein wenig mehr Eigeninitiative vorhanden sein.
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#18

28.10.2015, 10:54

likema31 hat geschrieben: Zudem sind unsere Azubis schon Anfang 20 und keine 16 mehr. Da müsste doch ein wenig mehr Eigeninitiative vorhanden sein.
Wir haben schon manchmal die Erfahrung gemacht, dass die Jüngeren motivierter und aufnahmefähiger sind als die Ü18. Aber auch das hängt stark von der Person ab.
Ich befürchte auch, dass die "alten Hasen" ( ;) ) Gefahr laufen, wegen der Berufserfahrung zu viele Sachen für selbstverständlich und logisch zu nehmen die einem Beruffremden noch gar nicht klar sein können. Das ist eine Gradwanderung.
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pitz
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#19

28.10.2015, 11:00

Wenn ich als Azubi das hier so lese, bekomme ich den Eindruck, dass alle heutigen Azubis unfähig zu sein scheinen. Ich kann natürlich nur von mir (und von mir bekannten Azubis) sprechen, aber da trifft das einfach nicht zu. Ich finde es schade, dass in solchen Threads fast ausschließlich auf Negativbeispiele eingegangen wird und dann á la "früher hat es sowas nicht gegeben" pauschalisiert eine ganze "Azubi-Generation" abgeurteilt wird. :frust
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Roter Panda
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#20

28.10.2015, 18:38

pitz hat geschrieben:Wenn ich als Azubi das hier so lese, bekomme ich den Eindruck, dass alle heutigen Azubis unfähig zu sein scheinen. Ich kann natürlich nur von mir (und von mir bekannten Azubis) sprechen, aber da trifft das einfach nicht zu. Ich finde es schade, dass in solchen Threads fast ausschließlich auf Negativbeispiele eingegangen wird und dann á la "früher hat es sowas nicht gegeben" pauschalisiert eine ganze "Azubi-Generation" abgeurteilt wird. :frust
Ich stimme dir als Azubi zu. Ich war zum Beispiel auch jemand der viel länger gebraucht hat als andere, aber wenn es hart auf hart kam habe ich mich durchaus bewährt. Mein Chef hat am Anfang immer detailgenau erklärt was ich zu machen habe, wen ich einen Kenntnisnahmezettel schicke etc. Dann hat er einfach irgendwann weggelassen und ihm war bewusst, dass ich durchaus mitdenke. Man muss auf die Leute eingehen, weil jeder ein anderes Tempo hat, als der Azubi der vielleicht vorher war. Auch wenn es vielleicht blöde klingt, weil ich auch nur Azubi bin, aber aus jedem hoffnungslosen Fall kann was werden.

War bei mir auch so. Dementsprechend habe ich damals ein riesen Lob bekommen :)
Zuletzt geändert von Roter Panda am 28.10.2015, 19:18, insgesamt 1-mal geändert.
Das Leben ist wie eine Zeichnung nur ohne Radiergummi :huepf
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