Nachwuchsmangel im Notariat

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Renate Gregor
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#1

23.10.2015, 16:31

Ist es außerhalb der Großstädte auch so, dass es keine Notarfachangestellten bzw. Rechtanwalts- und Notarfachangestellte mit Schwerpunkt Notariat mehr gibt? Gehen die Ausbildungszahlen überall so deutlich zurück wie in Frankfurt am Main? Ich habe immer Vakanzen für's Notariat und immer häufiger fehlen auch gute ReFas, nicht nur ReNos.

Dabei ist gerade das Notariat so ein toller Bereich, wenn man wirklich selbstständig arbeiten darf, wenn man die gesamte Vorbereitung machen darf und nicht nur die Abwicklung!

Wie ist Eure Erfahrung auf dem Land wie in den Großstädten? Findet Ihr neue Kollegen leicht oder muss lange gesucht werden und wenn Ihr Euch selbst bewerbt, geht das "ruckzuck" oder dauert es?

:thx
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Sonne0412
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#2

23.10.2015, 16:38

Hallo Renate,

ich selbst bin nicht im Notariat, nur RA-Bereich.

Fachkräftemangel - ja total; allerdings muss mein Chef sich auch regelmäßig anhören, dass er es schlicht versäumt (hat) auszubilden. Ich habe in meiner ReNo-Ausbildung lediglich Urkunden heraussuchen/nähen dürfen.

Viele Grüße
:katze1 Humor ist der Knopf der verhindert, dass uns der Kragen platzt.
Für Schreibfehler haftet die Tastatur. :notier
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Renate Gregor
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#3

23.10.2015, 16:48

Hallo Sonne0412,

danke für Deine Rückmeldung. Das mit dem Ausbilden ist vielleicht so eine Sache, weil es nicht mehr genügend qualifizierte Bewerber gibt. Die meisten Schulabsolventen heute wollen lieber studieren, da fällt die duale Ausbildung hinten runter. Nun sind aber die Ausbilder verwöhnt und erwarten immer noch den Abiturienten, der quasi alles im Alleingang lernt. Ein bisschen Mühe muss man sich aber schon machen.
Heute ist wirklich jeder gut beraten, sich rechtzeitig um die Ausbildung und somit den eigenen beruflichen Nachwuchs zu kümmern. Das tun viele aber erst, wenn es richtig weh tut. Und dann kommt das große Jammern und Wehklagen.

Deine Ausbildungserfahrung im Notariat ist leider keine Seltenheit. Ich höre das häufig und so etwas verdirbt natürlich die Freude an dem Bereich. Auch hier muss sich der Ausbilder ein bisschen Mühe geben. Viele glauben leider, nur wenn sie es selbst machen ist es gut gemacht, andere wollen sich die Zeit nicht nehmen. Schade.

Viele Grüße nach Hannover!!
tiko73

#4

23.10.2015, 16:57

Ich bin zwar eine gelernte ReNo, aber in der Ausbildung habe ich (abgesehen von der BS) genau folgende Berufserfahrung im Notariat gesammelt: Urkunden nähen, 1x eine Unterschriftsbeglaubigung und 1x durfte ich in der Beurkundung den Vertrag vorlesen und kleinere Korrekturen an der Datei vornehmen und neu Ausdrucken.
Heute (22 Jahre nach Ende der Ausbildung) würde ich wohl maximal noch eine Urkunde genäht bekommen. Mehr ist nicht hängen geblieben. Für die Prüfung hat mich eine Kollegin damals fit gemacht (mir das Notariat eingetrichtert), bei der es genau umgekehrt war. Sie hat nur Notariat gemacht und nichts im RA-Bereich. Da hab ich ihr dann im Gegenzug das Wissen eingetrichtert :-)
Jupp03/11

#5

23.10.2015, 17:00

Es wird wohl in ganz Deutschland 10 % -wahrscheinlich noch zu viel- der Notare sein, die in diesem Bereich ausbilden. Ausbilden tun in aller Regel die ein Notariat führenden Mitarbeiter.
Hierzu gab es hier vor langer Zeit mal eine Diskussion, deren Ergebnis es war, dass die führenden Mitarbeiter nicht mehr bereit sind, die Lehrlinge und gerade fertige das Fachwissen beizubringen mit der faden Begründung, man habe keine Zeit und das gilt nicht nur für den Notarbereich.
Leider haben diese Leute alle vergessen, wer es ihnen beigebracht hat. Eine typische Einstellung in der heutigen Zeit.
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Renate Gregor
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#6

23.10.2015, 17:01

Hallo tiko73,

danke dafür, dass Du Deine Erfahrung mit mir teilst.

Es ist erschreckend, wie schlecht die Qualität einer Ausbildung sein konnte und - immer noch (!) - sein kann. Und dann kommt das kollektive Weinen, wenn qualifizierte Notariatsfachkräfte gesucht, aber nicht gefunden werden. Dein Chef von damals kann nicht mal sagen, er hätte nicht ausgebildet. Hat er ja. Bloß: wie?!? Eijeijei...
Maddien
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#7

23.10.2015, 17:09

Das betrifft aber nicht nur das Notariat. _Motivierte_ Auszubildende bekommst Du auch beim Anwalt kaum noch. Von "meine Mama hat gesagt: geh da mal hin" bis "Sie machen irgendetwas mit Gerichten, oder?" hab ich in Bewerbungsgesprächen schon alles gehört. Leider wird sich das von der Anwaltschaft aber auch nicht anders "herangezogen"...

Die Auszubildendenzahl an der Berufsschule hat sich binnen 5 Jahren halbiert. Neuer Plan: Auch in Hamburg nach dem neuen Rahmenlehrplan nur noch ReNoFa ausbilden, keine "reinen" ReFa mehr. Ob das nun der Weisheit letzter Schluss ist...
läuft...
:huch
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Renate Gregor
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#8

23.10.2015, 17:19

Hallo Jupp03/11,

ganz so pessimistisch sehe ich die Ausbildungsquote nicht. 1998 hatten wir einen Höchststand an Notaren in Deutschland: 10.701. Im Jahr 2013: 7.560 mit steigender Tendenz. Bei den Azubis verhält es sich: 1999 (1998 liegt nicht vor): 3.831 abgeschlossene Ausbildungsverträge sowohl Notar-FA als auch ReNo. 2008: 2034 Ausbildungsverträge abgeschlossen, 2012: 1659 Ausbildungsverträge abgeschlossen.

Bei den ReFas sieht es so aus, dass sich die Anzahl der abgeschlossenen Ausbildungsverträge im Zeitraum von 1999 bis 2012 um ca. 33% reduziert hat.

Man muss allerdings für beide Berufsbilder auch die Wiedervereinigung berücksichtigen. Da gab es mal einen ziemlichen Anstieg an Ausbildungsverträgen.

Die Zahlen habe ich übrigens dem "Statistischen Jahrbuch der Anwaltschaft 2013/2014" entnommen, das im Deutschen Anwaltverlag erschienen ist.

Meint Ihr nicht, dass der Rückgang im Notariat auch damit zu tun hat, dass dieser Bereich bei Schulabgängern unbekannt ist? Unter "Einzelhandels-/Industrie-/Bankkaufmann" usw. kann sich jeder was vorstellen, unter "Rechtsanwalt" auch. Aber was weiß ein Jugenderlicher oder junger Erwachsener vom Notariat?

Mir scheint, es ist ein Problem von beiden Seiten: Schulabgänger wissen nichts vom Notariat, duale Ausbildung ist sowieso weniger sexy als ein Studium. Und die Ausbilder haben dann, wenn sie endlich gute Azubis haben, nicht genügend Interesse daran, sie auch wirklich gut auszubilden. Ich glaube, das kann man ein Dilemma nennen, oder?
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#9

23.10.2015, 17:25

Hallo Maddien,

ich glaube, das gab es wohl immer schon. Nur heute fällt es mehr auf, weil wir so viele Möglichkeiten haben, uns zu erkundigen. Vielleicht zu viele und dann sieht man den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr?

Nicht nur Anwälte und Notare haben das Problem, alle Branchen klagen über einen Mangel an qualifizierten Auszubildenden. Nur, viele Branchen tun halt was, bemühen sich auch ihrerseits darum, trotz allem gute Leute für sich zu gewinnen. Ich habe in den letzten Jahren zahlreiche Initiativen von Handwerkskammern wie Industrie- und Handelskammern gesehen, aber was tun Notarkammern/Anwaltskammern? Bei den Handwerkskammern hat sich das Bemühen um den Azubi-Nachwuchs in den letzten Jahren ausgezahlt, dort steigt die Zahl der Ausbildungsverträge dieses Jahr erstmals wieder. Bei allen anderen Berufen sinken sie weiter.

Was könnte denn aus Eurer Sicht helfen?

Wie seid Ihr auf den Beruf der/des ReNo bzw. NoFa aufmerksam geworden?
Jupp03/11

#10

23.10.2015, 17:28

Renate Gregor hat geschrieben:Hallo Jupp03/11,

ganz so pessimistisch sehe ich die Ausbildungsquote nicht. 1998 hatten wir einen Höchststand an Notaren in Deutschland: 10.701. Im Jahr 2013: 7.560 mit steigender Tendenz. Bei den Azubis verhält es sich: 1999 (1998 liegt nicht vor): 3.831 abgeschlossene Ausbildungsverträge sowohl Notar-FA als auch ReNo. 2008: 2034 Ausbildungsverträge abgeschlossen, 2012: 1659 Ausbildungsverträge abgeschlossen.

Bei den ReFas sieht es so aus, dass sich die Anzahl der abgeschlossenen Ausbildungsverträge im Zeitraum von 1999 bis 2012 um ca. 33% reduziert hat.

Man muss allerdings für beide Berufsbilder auch die Wiedervereinigung berücksichtigen. Da gab es mal einen ziemlichen Anstieg an Ausbildungsverträgen.

Die Zahlen habe ich übrigens dem "Statistischen Jahrbuch der Anwaltschaft 2013/2014" entnommen, das im Deutschen Anwaltverlag erschienen ist.

Meint Ihr nicht, dass der Rückgang im Notariat auch damit zu tun hat, dass dieser Bereich bei Schulabgängern unbekannt ist? Unter "Einzelhandels-/Industrie-/Bankkaufmann" usw. kann sich jeder was vorstellen, unter "Rechtsanwalt" auch. Aber was weiß ein Jugenderlicher oder junger Erwachsener vom Notariat?

Mir scheint, es ist ein Problem von beiden Seiten: Schulabgänger wissen nichts vom Notariat, duale Ausbildung ist sowieso weniger sexy als ein Studium. Und die Ausbilder haben dann, wenn sie endlich gute Azubis haben, nicht genügend Interesse daran, sie auch wirklich gut auszubilden. Ich glaube, das kann man ein Dilemma nennen, oder?
Bei meinem 1. Beitrag geht es um die allgemeine Ausbildung, nicht um eine Quote.
Warum so wenig Auszubildende da sind, wissen wir alle und muss nicht erneut heruntergebetet werden.
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