Wertermittlung Erbbaurecht

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M.B.
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#1

19.02.2010, 13:48

Hallo zusammen...

ich stelle heut mal eine Frage und bin gespannt, wie ihr die Sache lösen würdet.

Es geht darum, den Wert eines Erbbaurechts zu ermitteln. Dieses soll zwischen geschiedenen Eheleuten zurück übertragen werden.

Besonderheit (für mich zumindest) hieran:

Das Erbbaurecht wurde vor 10 Jahren bestellt. Eine Bebbauung ist nicht erfolgt.

Wie errechnet sich eurer Meinung nach hierfür nun der Geschäftswert?

DANKE schon mal für eure Antworten!

PS: Habe mir schon Gedanken gemacht und ne "halbe" Lösung gefunden. Will aber mal hören, was ihr so meint!

LG!

:wink:
Martin Filzek
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#2

19.02.2010, 15:33

Ich glaube, es gibt nicht viele Leute, die sich für solche Fragen begeistern und Meinungen dazu beisteuern, aber ich hoffe, durch eigenen Tipp niemand davon abzuhalten, Dich mit weiteren Vorschlägen zu der Frage zu beglücken.

Vielleicht einfach § 21 Abs. 1 anwenden wie für Begründung Erbbaurecht (also 80 % vom geschätzten Verkehrswert Grundstück vergleichen mit jährl. Erbbauzins x 25 + evtl. 10 % für Wertsicherungsklkausel, davon höherer Wert - natürlich nur, sofern Laufzeit auch nach Ablauf der 10 Jahre noch mindestens 25 Jahre, was bei den üblichen Vertragszeiten wohl wahrscheinlich ist)?
Weiter ist, soweit ein Vorkaufsrecht für Eigentümer am Erbbaurecht vereinbart war, dieses als gegenstandsversch. besonders zu bewerten (sofern es auch mit aufgehoben bzw. zur Löschung bewilligt wird), siehe hierzu Kommentarliteratur zu § 21 KostO oder bei nach Stichworten soritierten kostenrechtl. Werken unter Stichwort "Erbbaurecht", z. B. Notarkasyse München, Streifzug durch die Kostenordnung, 8. Aufl. 2010, Rn. 473 ff., zur Wertermittlung von Erbbaurecht und belastetem Erbbaurechtsgrundstück auch bei Rn. 517 ff., speziell zur Aufhebung eines Erbbaurechts bei Rn. 526 ff. mit Beispiel in Rn. 531.

In Rn. 526 a.a.O. hießt es zunächst auch: "Zur Löschng des Erbbaurechts genügt Bewilligung nach § 19 GBO, ...".

Gerade unter Eheleuten wird man dann wohl keinen teureren Rückübertragungsvertrag brauchen?

Aber bitte nur als Frage / Diskussionsbeitrag verstehen; da Erbbaurechte und deren nachträgl. Änderungen / Aufhebungen sowohl in der Praxis als auch im Kostenrecht eher selten als häufigere Geschäfte vorkommen, und zudem materiellrechtlich und kostenrechtlich viele Zweifelsfragen bestehen, kann nach den wenigen Angaben im Sachverhalt m. E. kein "sicheres" Urteil hier im Forum erwartet werden. Auch ich bin gespannt auf weitere Bewertungsvorschläge und evtl. Ergänzungen dazu, was genau beurkundet wurde bzw. dazu vorgesehen ist.

Man hätte die Frage auch besser im Kostenrechts-Thread KostO statt "Fachbereich Notariat" stellen sollen.
M.B.
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#3

19.02.2010, 16:00

Besten Dank erstmal für diese erste Stellungnahme!

Ich glaube auch, dass es besser gewesen wäre, diese Frage in den Kostenrechts-Thread zu "verbannen". Ich denke aber auch, dass nicht so viele Antworten geben wird ;-)

Hier aber trotzdem noch einmal ein paar Info´s zu dem Fall:

Exfrau = Grundstückseigentümerin
Exmann = Erbbauberechtigter

Im Rahmen der Trennung soll das Erbbaurecht auf die Frau übergehen. Man spricht auch von einem Heimfallanspruch!

Die Übertragungsurkunde enthält nur die Einigung darüber, dass keine Abfindung zu zahlen sei und man über den Rechtsübergang einig ist (mit Bewilligung und Antrag).

Der KostO-Kommentar sagt (§ 21 Rn. 6, 16. Aufl.), dass bei Veräußerung von bestehenden Erbbaurechten (an bebauten oder unbebauten Grundstücken) für die Wertermittlung § 19 II maßgeblich ist.

Ehrlich gesagt brachte mich das nicht weiter. Bisher habe ich vielmehr angenommen, dass die Bewertung über die Ermittlung des Bodenwertes (auch im Streifzug zu finden) erfolgt. Erbbauzins und Restlaufzeit spielen jedoch m. E. in diesem Fall keine Rolle, da eine Bebbauung nicht erfolgt ist. Dieser Fall ist ja auch sehr untypisch, weil gerade dies ja Sinn und Zweck der Bestellung eines Erbbaurechts ist!

Irgendwie blöd...
Martin Filzek
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#4

19.02.2010, 20:22

Wahrscheinlich wäre es gut, wenn jemand, der von Erbbaurechten mehr Ahnung hat als ich, Dich bzw. Deine/n Chef(s) kritisch nach etwaigen Ungereimtheiten des Sachverhalts u. der bisher skizzierten Urkunde dazu fragt (um wegen der Kostenfrage zu klären, ob ein billigerer Weg bestanden hätte, was u. U. nach § 16 KostO zu berücksichtigen wäre bzw. zu entspr. Schadensersatzforderungen aus Amtshaftung führen könnte).

Der oben genannte Heimfallanspruch geht doch auf Aufhebung des Erbbaurechts, und nicht auf eine Übertragung des Erbbaurechts auf den Eigentümer als Eigentümer-Erbbaurecht, die wohl in den anderen Teilen der obigen Sachverhaltsergänzung (Einigung, dass keine Abfindung zu zahlen sei und man über den Rechtsübergang einig ist mit Bew. und Antrag).

Die Übertragung des Erbbaurechts auf die Eigentümerin würde doch nur Sinn machen, wenn später mal wieder ein Verkauf des Erbbaurechts geplant ist, ansonsten wäre doch die bloße Löschung kostengünstiger und einfacher (?).

Mal vorausgesetzt, dass alles Beurkundete so gewollt war, kann hier für die unentgeltliche Übertragung doch entspr. Notarkasse, letzte Aufl. 2010, Rn. 521 verfahren werden:
"Bei unentgeltlicher Übertagung eines Erbbaurechts ist dessen Wert nach § 19 Abs. 2 zu bestimmen. Hierbei ist zu berücksichtigen der Gebäudewert (Anm. von mir: entfällt hier dann wohl mangels Bebauung) und der Bodenwertanteil des Erbbaurechts, der höchstens mit 80 % des Grundstückswertes angesetzt werden kann. ... Der Bodenwertanteil ist regelmäßig mangels anderer geeigneter Anhaltspunkte nach den derzeit geltenden Wertermittlungsrichtlinien - WertR 06 - unter Heranziehung des Erbbauzinses zu ermitteln. Zur Berechnungsweise s. Rn. 522."

Wahrscheinlich spielt es für die Wertberechnung zum Erbbaurecht (Bodenwertanteil) selbst keine Rolle, dass mangels Bebauung hier - vielleicht nur aufgrund Vereinb. der Ehegatten untereinander - der Erbbauzins bisher nicht gezahlt wurde. Nach dem Erbbaurechtsvertrag war aber doch damals ein Erbbauzins vereinbart? Diesen dann nach § 21 Abs. 1 (25facher Jahreswert) mit 80 % des Verkehrswerts Grundstück vergleichen.

(Vorschläge ohne absolute Richtigkeitsgewähr und vorbehaltlich Belehrung eines Besseren durch eigenes noch schlauer werden oder klügere Hinweise anderer)
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