Zustellung PfüB ohne 840er-Erklärung per Post

Hier können alle Themen rund um die Zwangsvollstreckung besprochen werden. ZV mit Auslandsbezug bitte in die entsprechende Extra-Rubrik posten.
H.Stummeyer
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#1

23.07.2014, 16:42

In letzter Zeit häufen sich die PfÜbs bei denen eine Zustellung nach § 840 ZPO nicht beantragt wird, bzw. sogar eine Zustellung per Post beantragt wird.
Zunächst bin ich davon ausgegangen, dass es am neuen Formular liegt, und das zweite Kreuzchen einfach vergessen wird.
Ein Kollege ist mittlerweile von einigen Anwaltsgehilfinnen darauf aufmerksam gemacht worden, dass das Kreuz beim Formular
bewusst nicht gesetzt wird, weil dies von einigen Referenten in der Fortbildung (hauptsächlich Rechtspfleger) so propagiert wurde.
Nach dem Hinweis sei es einfacher, den Drittschuldner anschließend mit minimalem Portoaufwand zur Drittschuldnererklärung aufzufordern.
Bei der Ausbildung zur Rechtsanwalt-Fachwirtin wird ausführlich erklärt, dass sie so gegen den Schuldner über § 836 III ZPO wesentlich mehr Möglichkeiten über Auskünfte und Vorlage der Urkunden einer erfolgreichen Vollstreckung haben. Die Zustellung durch die Post würde insoweit völlig ausreichen.

Auf die mit minimalem Portoaufwand erfolgende Aufforderung durch den Gläubiger, muss der Drittschuldner aber auch nicht antworten. Die sich daraus ggf. ergebenden Nachteile treffen jedoch den Gläubiger, der den Drittschuldner nicht im Sinne des § 840 Abs. 2 S. 2 ZPO für den ihm evtl. entstehenden Schaden haftbar machen kann. Der Gläubiger kann den Drittschuldner nicht auf Erteilung der Auskunft verklagen. Klagt er auf Zahlung und der Drittschuldner macht daraufhin geltend, dass die behauptete Forderung nicht besteht, hat der Gläubiger die Kosten zu tragen. Nur wissen das die meisten Drittschuldner nicht, weshalb sie die Aufforderungen des Gläubigers auch ohne die Zustellung nach § 840 ZPO beantworten, um Problemen aus dem Weg zu gehen. Dies sollten die Rechtspfleger, die den Anwaltsgehilfinnen Unterricht erteilen, nicht verschweigen.

§ 21 Nr. 4a GVGA lautet wie folgt:

"4. Von der Zustellung durch die Post sind ausgeschlossen:
a) gerichtliche Pfändungsbeschlüsse im Fall des § 840 ZPO,"

Mit der Zustellung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses hat sich Jacobs in DGVZ 1987, S. 1 - 5, ausführlich beschäftigt. Er kommt abschließend zu dem Ergebnis:

"Wählt der Gerichtsvollzieher trotz §§ 21 Nr. 4a, 173 Nr. 2 Satz 3 GVGA den Weg der Postzustellung, so begeht er ein disziplinarrechtlich zu ahndendes Dienstvergehen.

Solchen falls muss der Gerichtsvollzieher bei eintretender Staatshaftung für einen möglichen Gläubigerschaden mit Regressmaßnahmen rechnen."

Diese Folgerungen gelten auch dann, wenn der Gläubiger beantragt, die Zustellung an den Drittschuldner mit der Aufforderung nach § 840 ZPO per Post vorzunehmen, denn die Vorschriften der GVO stehen nicht zur Disposition des Gläubigers.

Um eine schnelle Zustellung, um auch die Rangfolge z. B. bei der Lohn- oder Kontopfändung zu wahren, scheint es diesen Anwälten offensichtlich nicht zu gehen, wenn erst der Beschluss zur Post gebracht werden muss damit er anschließend in den nächsten Tagen irgendwann durch den Postboten zugestellt wird.

Mich würde daher mal die Meinung der hier schreibenden interessieren.
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#2

23.07.2014, 17:20

Ich verfolge dieses Phä­no­men seit einiger Zeit auch im Rechtspflegerforum und der Sinn dieser Vorgehensweise erschließt sich mir nicht so wirklich. Wie ich gelesen habe, kommen auch einige Rechtspfleger mit diesen Anträgen - um es vorsichtig zu sagen - nicht ganz klar, sonst gäbe es nicht so viele Nachfragen, ob das so überhaupt zulässig ist.
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#3

23.07.2014, 17:24

Hallo,

ich mache dort immer ein Kreuzchen. In der Fortbildung, welche ich besucht hatte, wurde uns gesagt, dass wir oben zwei Kreuzchen setzen müssen. Von daher mach ich das brav.

Sprich: Es wird beantragt, den nachfolgenden Entwurf als Beschluss zu erlassen... und dann setze ich da ein Kreuzchen und auch bei dem, was in der Klammer steht.

Bis jetzt ist auch immer alles durchgegangen
Liebe Grüße

das Pisten-huhn
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#4

24.07.2014, 16:52

Hallo,

zunächst ist zu bemerken, dass die Zustellung des PfüB gem. § 829 Abs. 2 Satz 1 ZPO eine Zustellung im Parteibetrieb ist. Die Vermittlung über die Geschäftsstelle ist eigentlich die Ausnahme.
Da in den amtlichen Formularen beide Möglichkeiten vorgesehen sind, ist in den Seminaren auf beide Möglichkeiten hinzuweisen.
Viele Teilnehmer in den Seminaren ist die Möglichkeit der Zustellung im Parteibetrieb gar nicht bekannt.
Der Vorteil der Zustellung im Parteibetrieb liegt in den geringeren Kosten (Wegekosten des GV fallen weg) und zum Teil geht die Zustellung auch schneller. (Der Gerichtsvollzieher fährt nicht jeden Tag in jeden Ort seines Bezirks).
In den Seminare mache ich an der Stelle gerne einen Erfahrungsaustausch zwischen den Teilnehmern.
Die (wenigen) Teilneher die die Zustellung im Parteibetrieb wählen haben durchaus gute Erfahrungen.
Oftmals kann die Drittschuldnererklärung einfach im Postwege nachgeholt werden, obwohl sie nicht erzwungen werden kann.

An dieser Stelle könnten ja die Forenteilnehmer Erfahrungen einstellen, die sie mit der Zustellung des PfüB im Parteibetrieb gemacht haben.

S. Geiselmann
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#5

24.07.2014, 17:11

Ich kann mich auch täuschen, aber die Zustellung im Parteibetrieb erfolgt doch, so zumindest habe ich das in der Berufsschule gelernt, entweder durch Beauftragung eines GVZ oder aber von Anwalt zu Anwalt? Wo also sollte da die Kostenersparnis liegen, ob ich nun den Gerichtsvollzieher selbst mit der Zustellung beauftrage oder die Vermittlung durch die Geschäftsstelle in Anspruch nehme...
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#6

24.07.2014, 17:16

Der GV kann gem. § 194 ZPO die Post mit der Zustellung beauftragen. Er muss also nicht selbst rausfahren, es entfallen Wegekosten.
Die Wegekosten fallen nur an wenn der GV rausfährt, wenn er gleich die Drittschuldnererklärung gem. § 840 ZPO dem Drittschuldner abnehmen soll. Dann muss er persönlich zustellen.
Bei der Zustellung von Anwalt zu Anwalt fallen auch keine Wegekosten an.

S. Geiselmann
Pitt
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#7

25.07.2014, 07:58

Das Problem bei der Zustellung von Anwalt zu Anwalt ist allerdings, dass der Anwalt die Zustellung auch verweigern muss, wenn der Mdt. ihm dies aufträgt (Anwaltsgericht Düsseldorf, Urteil v. 17.03.2014, Az. 3 EV 546/12). Und mal ehrlich, wer will im Zweifelsfall nachweisen, dass dem nicht so ist? Nach der vorstehenden Entscheidung hat der zustellende RA in solchen Fällen dann die Zustellung per GVZ vorzunehmen.
Kikki
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#8

01.08.2014, 09:45

Hallo,

kann man auch einen Gerichtsvollzieher, der sich nicht im Bezirk des Schuldners befindet, mit einem Zustellungsauftrag beauftragen? Dieser könnte dann wiederum die Post mit der Zustellung beauftragen.
Pitt
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#9

01.08.2014, 10:29

Wenn Du keine Drittschuldnererklärung brauchst und es Dir nur um die reine Zustellung einer Vorpfändung oder eines PfÜBs geht, kannst Du jeden GVZ mit der Zustellung beauftragen, da dieser die Zustellung im Normalfall per Post durchführt. Für die 840er-Erklärung muss der GVZ aber immer persönlich zustellen und da kommt es dann auf den Dienstbezirk an.
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#10

19.08.2014, 13:43

Pitt hat geschrieben:Das Problem bei der Zustellung von Anwalt zu Anwalt ist allerdings, dass der Anwalt die Zustellung auch verweigern muss, wenn der Mdt. ihm dies aufträgt (Anwaltsgericht Düsseldorf, Urteil v. 17.03.2014, Az. 3 EV 546/12). Und mal ehrlich, wer will im Zweifelsfall nachweisen, dass dem nicht so ist? Nach der vorstehenden Entscheidung hat der zustellende RA in solchen Fällen dann die Zustellung per GVZ vorzunehmen.

Wie soll man denn nun Eurer Erfahrung nach vorgehen?

Zustellung von Anwalt zu Anwalt trotzdem vornehmen oder gleich per GVZ zustellen lassen?
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