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RVG-Übungsaufgaben zum Lösen

Verfasst: 20.01.2006, 10:21
von Andreas
So, wie *hier* von Chrissy gewünscht, ein Übungsthread für RVG-Einsteiger / BRAGO-Umsteiger :wink:

Fangen wir mal einfach an :

Mandant beauftragt die Kanzlei mit der außergerichtlichen Geltendmachung einer Forderung von 4.000,00 €.

Nach Schriftverkehr mit der Gegenseite einigt man sich auf 3.000 €, die auch bezahlt werden.

Die Sache ist damit abgeschlossen. Welche Gebühren verdient der Gläubiger-RA ?

Variation der Aufgabe :
Es findet zunächst eine telefonische, dann eine persönliche Besprechung der Angelegenheit mit dem Schuldner in der Kanzlei statt.

Erläutere, ob eine weitere Gebühr entsteht und warum oder warum nicht.

BildViel Spaß :-D[/schild]

Verfasst: 20.01.2006, 11:11
von Chrissy Feldy
So, ich versuch mal die Lösung:

Zu Teil 1:
VV 2400 Geschäftsgebühr 1,3 SW 4.000,00 €
VV 1000 Einigungsgebühr 1,5 SW 4.000,00 €
VV 7002 Postpauschale 20 % (höchstens 20,00 €)

Zu Teil 2:
zusätzlich noch eine VV 3104 Terminsgebühr 1,2 SW 4.000,00 € gem. Teil 3 RVG-VV, Vorb. 3 Abs. 3 (ist somit auch außergerichtlich möglich)

Ich hoffe, ich liege damit richtig :wink:

Verfasst: 20.01.2006, 11:39
von Andreas
Teil 1 ist richtig :respekt

Teil 2 allerdings leider nicht:

Die in Teil 3 erwähnten Gebühren können ausschließlich dann entstehen, wenn ein Gericht angerufen wurde, was aus der Gesetzesbegründung hervorgeht :
In diesem Teil sollen die Gebühren für alle Tätigkeiten des Rechtsanwalts in gerichtlichen Verfahren, die nicht in den Teilen 4 bis 6 VV RVG-E geregelt sind, zusammengefasst werden.

[...]

Die in Abs. 3 der Vorbemerkung bestimmte Terminsgebühr soll sowohl die bisherige Verhandlungs- (§ 31 Abs. 1 Nr. 2 BRAGO) als auch die Erörterungsgebühr (§ 31 Abs. 1 Nr. 4 BRAGO) ersetzen.
Vergleiche insow. auch <a href="http://www.amazon.de/exec/obidos/ASIN/3406574025/ref=nosim/foreno-21" target="_blank">Gerold/Schmidt</a>, RVG, 16. Aufl., VV 2400 - 2403, Rn. 61, 62 :
61.
Das RVG hat die Besprechungsgebühr des § 118 Abs. 1 Nr. 2 BRAGO durch VV 2400 beseitigt. Hat eine Besprechung mit einem Gegner oder einem Dritten stattgefunden, ist dies bei dem Rahmen von 0,5 bis 2,5 zu berücksichtigen. Die früher heftig umstrittene Frage, wer ist Dritter im Sinne von § 118 Abs. 1 Nr. 2 BRAGO ist nunmehr unwichtig.

62.
Hat eine Besprechung stattgefunden, kann die Regelgebühr von 1,3 überschritten werden, die Mittelgebühr mit 1,4 angemessen sein, auch wenn die Tätigkeit weder umfangreich noch schwierig war.
Letztere Begründung finde ich zwar etwas wackelig, aber es wird sich sicherlich irgendwann noch durch die Rechtsprechung klären.

Lust auf einen weiteren fiktiven Fall ?

Verfasst: 20.01.2006, 11:43
von happykitcat
Hi Chrissy,

zu Teil 2:

Die Terminsgebühr kann nur entstehen, wenn du bereits den Auftrag zur gerichtlichen Durchsetzung der Forderung hast, es aber vorher erst noch einmal mit einer außergerichtlichen "Zahlungsaufforderung" versuchst.

Ansonsten sieht deine Abrechnung durchaus richtig aus. Davon mal abgesehen, dass noch geklärt werden müsste, wie umfangreich und welchen Schwierigkeitsgrad der Auftrag hatte. Denn wenn der Auftrag sehr umfangreich und vielleicht auch schwieriger, dann kann der RA auch einen höheren Gebührensatz als 1,3 fordern.

Liebe Grüße aus Berlin

Katja :katze3

Verfasst: 20.01.2006, 11:56
von Chrissy Feldy
@Andreas und Katja:
Ok, daß mit der Terminsgebühr sehe ich ein. Da ich die "Schwere" des Falles ja nicht kannte, bin ich von der Mittelgebühr ausgegangen.

Somit weiß ich also, daß man zukünftig bei solchen Abrechnungen im Hinblick auf "Besprechungen mit GS" die Geschäftsgebühr anheben könnte.

Also her mit dem nächsten Fall. :wink:

Verfasst: 20.01.2006, 13:05
von Andreas
Prima :D

Dann gehen wir mal ins zivilgerichtliche Verfahren über.

Auftrag wie oben -> Forderung 4000 €.

RA fordert auf zur Zahlung, keine Reaktion des Schuldners, daher Klageerhebung zum AG.

Nach streitiger Verhandlung vergleichen sich die Parteien auf eine Zahlung von 3.000 €.

Erstelle die Kostenrechnung des Gläubiger-RA.

Verfasst: 20.01.2006, 13:23
von Chrissy Feldy
VV 3100 Verfahrensgebühr 1,3 SW 4.000,00 €
VV 3104 Terminsgebühr 1,2 SW 4.000,00 €
VV 1003 Einigungsgebühr 1,0 SW 4.000,00 €

Auslagen laß ich mal weg :wink:

Wenn ich das Gesetz richtig verstehe, ist es außergerichtlich VV 1000, gerichtlich VV 1003.

Aber ich war mir nicht ganz sicher, ob es nicht oben die "VV 1006 - über den Gegenstand ist ein gerichtl. Verfahren anhängig; die Gebühr 1005 beträgt 30-350 €" ist.

Mehr Aufgaben her :dafuer

Verfasst: 20.01.2006, 14:02
von Andreas
Alles richtig :respekt

VV 1006 bezieht sich auf Nr. 1005, und, wie daraus zu ersehen, damit ausschließlich auf sozialrechtliche Angelegenheiten. Somit ist 1006 vorliegend nicht einschlägig.

Dann mal ein Bußgeldverfahren (jetzt wird's happig !). Die Lösung (und ausführliche Erklärung) steht *hier*, aber nicht schummeln :wink:

Folgender Fall:

Der Mandant ist zu schnell gefahren - man hat ihn mit 92 km/h in der Tempo-50-Zone geblitzt.

Mit dem Anhörungsbogen der Stadtverwaltung kommt er nun zum RA, der Akteneinsicht beantragt und daraufhin eine Einlassung an die Verwaltungsbehörde abgibt.

Es ergeht dennoch ein Bußgeldbescheid über 125,00 €, 4 Punkte und 1 Monat Fahrverbot. Der RA legt zunächst Einspruch ein und begründet diesen dann auch.

Durch das Amtsgericht wird sodann Termin zur Hauptverhandlung bestimmt. Hieraufhin nimmt der RA den Einspruch zurück, der Termin wird aufgehoben. Die Tätigkeit des RA ist damit erledigt.

Rechne die Gebühren des RA ab.

Verfasst: 20.01.2006, 18:12
von QueenMum
Eine hab ich auch noch:

Verkehrsunfallsache.
Geltend gemacht wird außergerichtlich ein Betrag von 5.000,00
Die Versicherung zahlt 2.500
RA mahnt die Versicherung noch 2x an, auch jetzt erfolgt keine weitere Zahlung.
Mandant kommt zur Besprechung zwecks weiterem Vorgehen und möchte, dass der Rest jetzt klagweise geltend gemacht werden soll. Entsprechende Vollmacht unterzeichnet er auch.

RA telefoniert mit Sachbearbeiter der Versicherung und fordert diesen zur Vermeidung des gerichtlichen Vorgehens nochmals zur Zahlung auf.

Der Sachbearbeiter kündigt Zahlung an, diese geht aber auch 2 Wochen nach dem Telefonat beim RA nicht ein.

RA reicht jetzt klage wegen der restlichen 2.500 Euro ein.

Nach Zustellung der Klage zahlt die Versicherung sofort alles und bittet, bei Tragung aller Kosten, um Klagerücknahme.

RA nimmt daraufhin die Klage zurück.

Welche Gebühren sind angefallen?

Verfasst: 06.02.2006, 10:57
von Chrissy Feldy
QueenMum hat geschrieben:Eine hab ich auch noch:

Verkehrsunfallsache.
Geltend gemacht wird außergerichtlich ein Betrag von 5.000,00
Die Versicherung zahlt 2.500
RA mahnt die Versicherung noch 2x an, auch jetzt erfolgt keine weitere Zahlung.
Mandant kommt zur Besprechung zwecks weiterem Vorgehen und möchte, dass der Rest jetzt klagweise geltend gemacht werden soll. Entsprechende Vollmacht unterzeichnet er auch.

RA telefoniert mit Sachbearbeiter der Versicherung und fordert diesen zur Vermeidung des gerichtlichen Vorgehens nochmals zur Zahlung auf.

Der Sachbearbeiter kündigt Zahlung an, diese geht aber auch 2 Wochen nach dem Telefonat beim RA nicht ein.

RA reicht jetzt klage wegen der restlichen 2.500 Euro ein.

Nach Zustellung der Klage zahlt die Versicherung sofort alles und bittet, bei Tragung aller Kosten, um Klagerücknahme.

RA nimmt daraufhin die Klage zurück.

Welche Gebühren sind angefallen?
Lösung:
VV 2400 1,3 € 5.000,00
+ Auslagen (max. 20)

VV 3100 1,3 € 2.500,00
VV 2403 Abs. 2 0,65 € 2.500,00
VV 3101 0,8 € 2.500,00
+ Auslagen (max. 20)

Ich hoffe, ich liege richtig. Sorry, daß ich erst jetzt antworte. Hatte viel um die Ohren.