Erhöhungsgebühr nach Nr. 1008 VV RVG bei "GbR"

...für das vom 01.07.2004 bis 31.07.2013 geltende Gebührenrecht
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Puschel
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#1

21.02.2008, 14:47

Heute habe ich mal eine tolle Frage (hoffentlich keine dumme :oops: :
Haben einen KAA von Gegenseite erhalten mit folgender Berechnung (Gegner vertritt eine GbR):
I. Instanz
2,5 Verfahrensgebühr (inkl. Erhöhung)
1.2 Terminsgebühr
.
II. Instanz
2,5 Verfahrensgebühr (inkl. Erhöhung)
1,2 Terminsgebühr
.
Nun meine Frage. Kann man die Erhöhung in einem Verfahren nicht nur einmal geltend machen (egal wo)? Bin der Meinung, dass ich das mal gelesen bzw. hier bei uns im Büro einen Fall hatte, wo dies moniert wurde. Da hatten wir in beiden Verfahren (außergerichtlich, gerichtlich und ZV) jeweils die Erhöhung berechnet, was dann von Vers. moniert wurde. Mein Chef ist auch der Meinung, wenn man insgesamt eine Gesellschaft (z. B. eine Gemeinschaft mit mehreren Gesellschaftern) vertritt, dann gilt dies als "eine Mandantin" (stimmt das?). Vielen Dank für Eure Antworten
Kimmy

#2

21.02.2008, 14:48

Dein Chef hat da Recht. Die GbR kann als "eine Person" klagen und verklagt werden. Ausnahme: Wenn ein Gesellschafter gegen die anderen Gesellschafter vorgeht.
Dementsprechend würde ich sagen, gibt es gar keine Erhöhung.
Puschel
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#4

21.02.2008, 14:53

Bin auch der Meinung. Hättet Ihr vielleicht mal "gesetzestechnisch" (Wort = Marke Eigenbau :lol: ) eine Information für mich, wo ich das mal genau nachlesen kann (und auch für mein Chef, damit ich ihm etwas vorlegen kann)? Bin noch nicht so richtig fündig geworden. Vielen Dank!!!
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#5

21.02.2008, 15:01

Gut erklärt ist das in folgender Entscheidung:

LS
Im Passivprozess entsteht die Erhöhungsgebühr, wenn anstatt der GbR die Gesellschafter verklagt werden.

OLG Köln, Beschl. v. 22.12.2005 – 17 W 283/05 = JurBüro 2006, 248 = juris (KORE 724692006)

Aus den Gründen:

Aufgrund der Entscheidung des BGH vom 18.02.2002 – II ZR 331/00 = NJW 2002, 1207, wonach die GbR parteifähig ist, kann es inzwischen wohl als allgemein anerkannt bezeichnet werden, dass eine Mehrvertretungs- bzw. Erhöhungsgebühr nicht anfällt, wenn ihre Mitglieder als solche einen Aktivprozess führen (KG Berlin, Beschl. v. 07.12.2004 – 1 W 427/04; OLG Stuttgart, MDR 2002, 1457; OLG Köln, Beschl. v. 08.10.2003 – 17 W 222/03; Beschl. v. 16.02.2005 – 17 W 27/05; Beschl. v. 24.10. 2005, 17 W 217/05; ständige Rspr.; <a href="http://www.amazon.de/exec/obidos/ASIN/3406574025/ref=nosim/foreno-21" target="_blank">Gerold/Schmidt</a>/v. Eicken/Madert/Müller-Rabe, RVG, 16. A. Nr. 1008 VV RVG Rn. 41 ff.).

Anders ist es jedoch dann, wenn nur die Gesellschafter oder diese neben der Gesellschaft verklagt werden, also im Passivprozess (OLG Koblenz, MDR 2002, 721; OLG Nürnberg, JB 2001, 527 f.; OLG Köln, Beschl. v. 09.12.2004 – 17 W 314/04; Hansens, RVGreport 2005, 154). Dann ist die bei Vertretung der Beklagten angefallene Gebührenerhöhung nach Nr. 1008 VV RVG erstattungsfähig. Geht der Kläger gegen die Gesellschafter als solche vor – oder möglicherweise zusätzlich gegen die Gesellschaft –, dann rechtfertigt sich die Gebührenerhöhung schon daraus, dass es nicht nur um das gesamtschuldnerisch gebundene Vermögen als Einheit geht, sondern sich dem Kläger ggf. die Möglichkeit eröffnet, auf das Privatvermögen der einzelnen Gesellschafter Zugriff zu nehmen. Des Weiteren steigt mit der Anzahl der vertretenen Personen für den RA selbst sowohl die Arbeitsbelastung als auch das Haftungsrisiko an. Aufgrund einer Gesamtbetrachtung ist dem RA deshalb im Passivprozess eine Erhöhungsgebühr zuzubilligen.

Die Klägerin kann damit kein Gehör finden, dass es ausreiche, dass einer der verklagten Gesellschafter den Prozessanwalt für alle Gesellschafter mandatiere, so dass nur ein Auftrag vorliegt. Denn dabei verkennt die Klägerin, dass es allein in ihrer Hand lag, die Zahl der als Partei auftretenden Personen auf Beklagtenseite zu bestimmen. Anders als beim Aktivprozess haben die Gesellschafter einer GbR hierauf bei einem Passivprozess keinerlei Einfluss. Ob es sich bei einer Sozietät von Rechtsanwälten um eine GbR i.S.d. Rechtsprechung handelt (s. hierzu: <a href="http://www.amazon.de/exec/obidos/ASIN/3406574025/ref=nosim/foreno-21" target="_blank">Gerold/Schmidt</a> o.a. Rn. 51), die als solche verklagt werden kann, muss ein Kläger anhand der ihm zur Verfügung stehenden Tatsachen selbständig überprüfen.

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#6

21.02.2008, 15:11

Also... bin völlig sprachlos. Das ist super, was für Antworten ich hier erhalten habe. Mein Chef ist total begeistert davon. Also viiiiiiieeeelen lieben Dank noch einmal für Eure tollen und hilfreichen Antworten und bis zum nächsten Mal.

:thx
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#7

21.02.2008, 17:02

Puschel hat geschrieben:Also... bin völlig sprachlos. Das ist super, was für Antworten ich hier erhalten habe. Mein Chef ist total begeistert davon.
:thx
So soll es sein! :wink:
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