Festgesetzter Streitwert

...für das vom 01.07.2004 bis 31.07.2013 geltende Gebührenrecht
Gast

#1

01.01.2008, 20:07

Hallo!

Ich habe einen für mich schwierigen Fall und ich finde nichts darüber. Vielleicht kann mir jemand helfen???

Wir haben für unseren Mandanten eine Klage gemacht auf Freigabe einer Lebensversicherung gegen den Beklagten, der Insolvenzverwalter der Firma (GmbH) ist, bei der unser Mandant (Kläger) Geschäftsführer war. Das Gericht hat den Streitwert vorläufig auf 48.000,00 € festgesetzt. Es fand ein Temrin statt, bei dem das Gericht feststellte, dass der Beklagte bei seiner Klageerwiderung einige Anlagen vergessen hatte und wurde angewiesen, diese binnen einer Frist von 2 Wochen nachzureichen.

Bei diesem Termin übergab der Beklagte dem Gericht eine Widerklage, die aber nicht nich Freigabe der Lebensversicherung betraf, sondern andere Gegenstände, z. B. die Rückzahlung von Gehältern.

Nachdem wir auf die Widerklage erwidert hatten kam es zu einem erneuten Termin, bei dem ein Vergleich über 38.000,00 € geschlossen wurde, die der Beklage und Widerkläger an unseren Mandanten zahlen sollte. Das Gericht setzte in diesem Vergleich den Streitwert auf 63.000,00 € fest und den überschießenden Streitwert auf 70.000,00 €.

Ich habe mich mit der Abrechnung befasst und bin einfach nicht weiter gekommen. Auf jeden Fall würde ich eine 1,3 Verfahrensgebühr nach 3100 VV RVG und eine 1,2 Terminsgebühr nach 3104 VV RVG jeweils aus 63.000,00 € ansetzen; ebenfalls eine 1,0 Einigungsgebühr nach 1003 VV RVG aus 63.000,00 €. Soweit war ich schon, aber dieser überschießende Streitwert ist mir nicht ganz klar. Das Gericht hat nich klargestellt, wie es auf diesen Streitwert kommt. Bin total ratlos und muss die Abrechnung noch diese Woche fertig bekommen!!!

Bitte helft mir!
Dankeschön an alle im Voraus!!!
Karin
Gast

#2

01.01.2008, 20:22

... noch ein kleine Frage: Muss ich den überschießenden Streitwert vom normalen Streitwert abziehen und dann vielleicht eine Differenzverfahrensgebühr ansetzen? (0,8 Verfahrensgebühr nach 3101 Ziff. 2 VV RVG aus 7.000,00 €) Oder muss ich die Tätigkeit wegen der Widerklage gesondert abrechnen und wir bekommen dann nochmal die Verfahrensgebühr (aber beide Sachen wurden ja in einem Termin erledigt?!)

Vielleicht kann mir jemand helfen!?
Karin
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Tina112
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#3

01.01.2008, 22:03

Also, als erstes musst du prüfen, ob mit dem "überschießenden Streitwert" nur der Vergleichswert oder aber der Vergleichsmehrwert (Miterledigung nicht rechtshängiger Ansprüche) gemeint ist. Schau am besten einfach mal, was für Beträge in der Widerklage angegeben wurden und ob das für den Vergleichswert einigermaßen plausibel sein könnte. Bei einem Vergleichsmehrwert müssten ja irgendwo die noch mit verglichenen Ansprüche aufgetaucht sein. Dann halt einfach noch schauen ob es um einen Vergleichswert von 70.000,00 € oder um einen überschießenden Betrag von 70.000,00 € also um insgesamt 133.000,00 € handelt.

Je nach Ergebnis müssten die Abrechnungen wie folgt aussehen:

Variante 1.:
Streitwert 63.000,00 €; Vergleichswert 70.000,00 €

1.3 VG Nr. 3100 aus 63.000,00 €
1,2 TG Nr. 3104 aus 63.000,00 €
1,0 RG Nr. 1003 aus 70.000,00 €
Auslagen
gf. Reisekosten
MwSt

oder bei Variante 2.:
Streitwert 63.000,00 €; Vergleichsmehrwert (ich gehe hier von 7.000,00 Mehrwert aus):

1,3 VG nach 3100 aus 63.000 €
0,8 Differenz-VG nach 3101 II aus 7.000 €
Prüfung nach § 15 III RVG (die einzelnen Gebühren dürfen nicht höher sein als eine 1,3 Gebühr aus 70.000 €

1,2 TG Nr. 3104 aus 63.000,00 €

1,0 EG Nr. 1003 aus 63.000,00 €
1,5 Differenz-EG Nr. 1000 aus 7.000 €
Prüfung nach § 15 III RVG (die einzelnen Gebühren dürfen nicht höher sein als eine 1,5 Gebühr aus 70.000 €

Auslagen
gf. Reisekosten
MwSt

Ich hoffe ich habe dich jetzt nicht vollends verwirrt und du konntest mit dem vorstehenden etwas anfangen. Wenn nicht einfach fragen.

Ein frohes und erfolgreiches Jahr 2008
Liebe Grüße

Tina

Wer Rechtschreibfehler findet, darf sie gerne behalten. :-)
Kimmy

#4

02.01.2008, 07:11

Die zweite Abrechnung mit dem Mehrwert des Vergleiches ist bis auf die TG richtig. Die TG wird ebenfalls über den höheren SW genommen, also aus 70.000,00 €, da über diesen Betrag verhandelt wurde. Hier gibt es dann auch keine Anrechnung nach § 15 III RVG, einfach eine TG aus 70.000,00 € nehmen. Der Rest, also VG und EG sind richtig.
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Tina112
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#5

02.01.2008, 10:17

Ups, ich habe das bis jetzt immer so abgerechnet. :oops: Kommt zwar letztendlich meist auf das gleiche raus, aber gut zu wissen.

@ Kimmy: Gibt es da eine Entscheidung zu? Wäre vielleicht gut, da doch mal reinzuschauen.
Liebe Grüße

Tina

Wer Rechtschreibfehler findet, darf sie gerne behalten. :-)
Kimmy

#6

02.01.2008, 12:12

also da hab ich jetzt nochmal nachgeschaut:
Enders, RVG für Anfänger, 13. Aufl. Rn. 1022 a.E.
LG Regensburg, Beschluss v. 01.09.2005 - 2 T 504/05 = JurBüro 2005, Heft 12.
Schau einfach mal in die ganzen Beispielabrechnungen bei Enders und <a href="http://www.amazon.de/exec/obidos/ASIN/3406574025/ref=nosim/foreno-21" target="_blank">Gerold/Schmidt</a> rein, da findest Du dann die Abrechnung mit der TG aus dem vollen SW.
Gast

#7

06.01.2008, 18:06

Hallo zusammen!

Ich danke euch vielmals für eure Antworten! Ich habe das mit meinem Chef besprochen und er meinte ich solle die beiden Streitewerte 63.000,00 € und 70.000,00 €) zusammenrechnen und als SW 133.000,00 € nehmen. Ich habe dann so abgerechnet:

Streitwert: 63.667,77 €
Überschießender Streitwert: 70.000,00 €
1,3 Verfahrensgebühr gem. §§ 2, 12 RVG
i. V. m. Nr. 3100 VV RVG, § 45 Abs. 1 GKG aus 133.000,00 €
1,2 Terminsgebühr gem. §§ 2, 13 RVG
i. V. m. Nr. 3104 VV RVG, § 45 Abs. 1 GKG aus 133.000,00 €
1,0 Einigungsgebühr gem. §§ 2, 13 RVG
i. V. m. Nr. 1003 VV RVG, § 45 Abs. 1 GKG aus 133.000,00 €
Auslagenpauschale gem. Nr. 7002 VV RVG
19 % Umsatzsteuer gem. Nr. 7008 VV RVG

Ist das dann falsch? Er meinte, dass der Wert der Widerklage eine eigene Angelegenheit war und nach § 45 Abs. 1 GKG die Streitwerte dann zusammengerechnet werden.

Für eine kurze Rückmeldung wäre ich euch echt dankbar!

Tschüssi :D
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Pepsi
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#8

06.01.2008, 18:10

wenns so ist (also gegenstandsverschieden), dann ists richtig, also Werte zusammenrechnen, allerdings kann ich mit dem überschießenden Wert nichts anfangen.. normalerweise werden ja nur verschiedene Werte festgesetzt, wenn es ein "Mehrvergleich" ist, ist hier aber nicht der Fall.. :hm
StineP

#9

06.01.2008, 18:32

Naja... Grundsätzlich stimmt das schon mit dem zusammenrechnen. Aber du schriebst doch anfangs, dass das Gericht bereits einen Streitwert für den Vergleich festgesetzt hat!?
Das Gericht setzte in diesem Vergleich den Streitwert auf 63.000,00 € fest und den überschießenden Streitwert auf 70.000,00 €.
Kann also nicht stimmen, dass du eine Einigungsgebühr aus 133.000 € nimmst.
Kimmy

#10

06.01.2008, 19:22

kb_bauer, da musst Du uns noch ein bisschen über Deinen Fall erzählen, sonst können wir Dir leider nicht weiterhelfen.
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