ReFaWirt gemacht - hat nix gebracht?!?

In diesem Bereich können Themen rund um Fortbildung und Weiterbildung besprochen werden. Rechtsfachwirte und -interessierte bitte hier lang.
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Renate Gregor
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#11

26.10.2015, 16:17

Hallo ReFaNa,

ich finde auch, vieles kann man durch Erfahrung und Seminare erwerben. Leider sehen viele Arbeitgeber das anders.

Nur, wer ein Stück Papier in der Hand hat, das belegt, was er gelernt hat, dem öffnen sich oftmals die Türen. Das finde ich ausgesprochen schade!

Das führt gerade in den Großstädten dazu, dass ReFaWirte, bei sonst gleicher Qualifikation wie eine ReFa, den Vorzug erhalten. Dass sie das Gelernte dann trotzdem meist nicht anwenden dürfen und dass das Gehalt deshalb auch nicht höher ist als bei einer ReFa, steht dabei auf einem anderen Blatt Papier...
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Anahid
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#12

26.10.2015, 17:28

Ich sehe das auch so, dass man den Fachwirt nicht unbedingt benötigt. Ich habe ihn damals von meinem Chef bezahlt bekommen und überhaupt auch erst auf seinen Vorschlag hin gemacht. Aber das war auch ein Chef, den muss man sich eigentlich erst einmal backen, denn so jemanden gibt es kein zweites Mal auf der Welt. Warum ich dann da weggegangen bin, lag nicht an ihm, sondern an seinen Kollegen und er ging eh ein halbes Jahr später in den Ruhestand.

Aber ansonsten gibt es einige Fachangestellte, die einem Fachwirt in nichts nachstehen und sogar mit Sicherheit den einen oder anderen Fachwirten sogar mit ihrem Wissen in die Tasche stecken. Nur, dass sie halt den Titel nicht haben.

Von dem "Bürovorsteher"-Modell rücken aber auch immer mehr Kanzleien ab, sondern setzen eher darauf (gerade in Großkanzleien), dass jeder Rechtsanwalt eine nur ihm zuarbeitende Fachangestellte (oder einen Fachwirten) hat. Finde ich eigentlich vom Modell her auch besser, da dann gewährleistet ist, dass auch die/der Angestellte die Akten des jeweiligen Anwalts kennt und die Mandanten sich nicht einfach wie "irgendjemand" vorkommen, sondern sich wirklich gut betreut fühlen.
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Ciara
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#13

26.10.2015, 17:31

Anahid hat geschrieben:Ich sehe das auch so, dass man den Fachwirt nicht unbedingt benötigt. Ich habe ihn damals von meinem Chef bezahlt bekommen und überhaupt auch erst auf seinen Vorschlag hin gemacht. Aber das war auch ein Chef, den muss man sich eigentlich erst einmal backen, denn so jemanden gibt es kein zweites Mal auf der Welt. Warum ich dann da weggegangen bin, lag nicht an ihm, sondern an seinen Kollegen und er ging eh ein halbes Jahr später in den Ruhestand.

Aber ansonsten gibt es einige Fachangestellte, die einem Fachwirt in nichts nachstehen und sogar mit Sicherheit den einen oder anderen Fachwirten sogar mit ihrem Wissen in die Tasche stecken. Nur, dass sie halt den Titel nicht haben.

Von dem "Bürovorsteher"-Modell rücken aber auch immer mehr Kanzleien ab, sondern setzen eher darauf (gerade in Großkanzleien), dass jeder Rechtsanwalt eine nur ihm zuarbeitende Fachangestellte (oder einen Fachwirten) hat. Finde ich eigentlich vom Modell her auch besser, da dann gewährleistet ist, dass auch die/der Angestellte die Akten des jeweiligen Anwalts kennt und die Mandanten sich nicht einfach wie "irgendjemand" vorkommen, sondern sich wirklich gut betreut fühlen.
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Renate Gregor
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#14

26.10.2015, 17:43

Hallo Anahin,

bestimmt gibt es ReFas, die mehr Fachwissen haben als ReFaWirte und bestimmt gibt es auch supertoll qualifizierte ReFaWirte. Bürovorsteher ist auch aus meiner Sicht ein Auslaufmodell.

In Großkanzleien gibt es allerdings etwas anderes: Büroleiter (häufig Office Manager genannt). "Office Manager" hören Büroleiter nicht gerne, weil das außerhalb der Branche immer eine besonders qualifizierte Sekretärin ist, während Office Manager in Kanzleien für das gesamte Haus zuständig sind, auf einer ganz anderen Ebene: Mit steigender Kanzleigröße liegt der Schwerpunkt auf dem Personalbereich, oft kommen viele organisatorisch-administrative Themen hinzu und oft auch Führungsverantwortung. Das hat nichts mehr mit ReFa- oder ReFaWirt-Aufgaben zu tun. Und deshalb finden (fanden) sich da auch Leute wie ich, die Personal können aber nicht das, was ReFas/ReWaWirte können ;-))
Fräulein Fit

#15

26.10.2015, 18:13

Ich bin der Ansicht, dass ein Arbeitgeber der nur Zettel mit den bestimmten Titeln sehen will, ist dann vllt auch nicht gerade der richtige Arbeitgeber. Wenn man einem nur die Chance gibt zu zeigen was man alles auf dem Kasten hat, braucht man keine 'Zettel' die irgendwelche Kenntnisse beweisen sollen. Ich kann auch ganz viel Zeug aus Büchern auswendig lernen, heißt aber nicht, dass ich sie anwenden kann ;-) das vergessen viele Arbeitgeber
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Renate Gregor
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#16

26.10.2015, 18:47

Die Meinung teile ich absolut. Ich finde auch nicht, dass "Nachweise" großartig was nachweisen.

Dennoch hat es eine ReFa mit einem "ausreichenden" Abschluss viel schwerer als eine mit einem "guten" oder "sehr guten". Dabei sieht man den Unterlagen nicht an, ob ein Prüfling ein Blackout hatte, ob jemand praktisch besser ist als theoretisch, es wird einfach unterstellt. Und gerade bei Anwälten in Großkanzleien sieht man: Wer super Noten hatte, der hat noch lange keine Sozialkompetenz und der kann auch nicht notwendigerweise gut anwenden, was er gelernt hat. Dennoch bleibt es leider so: Gute Noten zählen, mit schwachen Noten hat man es schwerer.
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Andy66
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#17

30.10.2015, 09:03

Ich hatte schon Anfang der 1990er überlegt, den Bürovorsteherkurs zu machen, mein damaliger Chef hatte mich ausdrücklich dazu ermutigt. Dann war mir die Familienplanung aber wichtiger und ich bin erst mal für 13 Jahre ausgestiegen. Als ich mich dann wieder eingearbeitet hatte, hatte ich zum Glück wieder einen Chef, der weiß, dass man gutes Personal fördern und auch angemessen bezahlen muss. Ich habe den Kurs bezahlt bekommen, wurde für die Freitagskurse freigestellt und auch für die Prüfungsvorbereitung. Mein Wissen und Können werden gewürdigt und ich arbeite weitestgehend selbständig. Ich gebe aber zu, dass ich sicher nicht mit allen Chefs kompatibel bin, nicht alle mögen es, wenn die Angestellten resolut auftreten (ich meine damit nicht unhöflich!) und auch mal ihre Meinung sagen. Und noch weniger Anwälte können es zugeben, dass es Gebiete gibt, von denen sie in ihrer Ausbildung nichts gelernt haben und sich halt nicht auskennen; Meinungen neben der eigenen werden oftmals entweder ignoriert oder aktiv unterdrückt.

Es ist halt auch eine Frage der gesamten Unternehmenskultur: Entweder gibt es die Auffassung, dass "das Sekretariat" aus beliebig untereinander austauschbaren, eigentlich völlig unwichtigen Betriebsmitteln besteht. Dann hat es wohl auch wenig Sinn, hier einen Aufstieg aus der Masse zu versuchen. Oder der Anwalt sieht die Mitarbeiter als wichtige Ergänzung mit individuellen Stärken und Kenntnissen, arbeitet quasi mit flacheren Hierarchien. Dann ist eine Weiterbildung als wichtige Bereicherung der Kanzlei sicher gerne gesehen und wird auch anerkannt und gefördert.

Von den Mädels aus dem Kurs treffe ich noch einige regelmäßig, bei denen waren die Erfahrungen wohl überwiegend positiv. Nur eine hat ein Problem damit, dass der Chef sie nach wie vor nicht für voll nimmt (aber das ist eine ganz andere Geschichte). Wir alle arbeiten als Büroleiterinnen und soweit ich weiß, sind alle mit der Bezahlung inzwischen auch zufrieden. Wenns nicht gepasst hat, dann wurde halt gewechselt.

Allerdings muss man dazu sagen, dass vermutlich die Grundvoraussetzungen hier in der Münchner Gegend völlig andere sind als irgendwo anders in Deutschland.
Erfahrung ist das, was man bekommt, wenn man das was man will nicht kriegt
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#18

30.10.2015, 09:26

Anahid hat geschrieben:Von dem "Bürovorsteher"-Modell rücken aber auch immer mehr Kanzleien ab, sondern setzen eher darauf (gerade in Großkanzleien), dass jeder Rechtsanwalt eine nur ihm zuarbeitende Fachangestellte (oder einen Fachwirten) hat. Finde ich eigentlich vom Modell her auch besser, da dann gewährleistet ist, dass auch die/der Angestellte die Akten des jeweiligen Anwalts kennt und die Mandanten sich nicht einfach wie "irgendjemand" vorkommen, sondern sich wirklich gut betreut fühlen.
Weder das eine, noch das andere kann ich bestätigen. Die Großkanzleien, die ich kenne, arbeiten mit BV und gesonderten Abteilungen für Notariat und Vollstreckung und die Mandanten finden das gut.
Für die einen ist es die US-Wahl, für den Rest der Welt ist es 9/11
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#19

31.10.2015, 08:24

Ich habe dieses Jahr die Weiterbildung beendet und vor kurzem in eine große Kanzlei gewechselt, bei der ich das Gehalt bekomme, das ich mir als Fachwirtin erhofft habe (sogar mehr). Liegt sicher auch daran, dass ich in einer Großstadt arbeite.

Für die Fortbildung habe ich mich entschieden weil ich einerseits mehr Geld verdienen wollte, andererseits um meinen Horizont zu erweitern. Allerdings hätte ich es "nur" für mehr Wissen nicht gemacht, dafür waren die Einschränkungen bzw. die Belastung für die Familie zu groß.

Ich bin jetzt auch als Rechtsfachwirtin angestellt, wenn auch ohne Führungs-/Leitungsfunktion, aber für meine Tätigkeit kann ich vieles aus dem Kurs gut gebrauchen, deswegen (und auch mit dem finanziellen Aspekt) bereue ich die Entscheidung überhaupt nicht.
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Lämmchen
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#20

31.10.2015, 09:50

Renate Gregor hat geschrieben: Wer hat den ReFaWirt gemacht und darf deshalb qualifizierter arbeiten, vielleicht wirklich als Büroleiter/in?

Und wer hat die Fortbildung nur für sich selbst gemacht, ohne daraus beruflichen Nutzen ziehen zu dürfen?
Ich habe den ReFaWi gemacht, weil ich es wollte. Die Kanzlei hat mir alles gezahlt, also sämtliche Gebühren, Extra-Kurse, Literatur. Nach dem Abschluss gab es eine Gehaltserhöhung von 200€. Da wir eine große Kanzlei sind, arbeiten wir mit einem OM, der von ReFa-Arbeiten keine Ahnung hat. Er greift aber schon gern auf das Wissen der ReFaWis zurück. Die Anwälte wissen bei uns das erworbene Wissen zu schätzen.
Liebe Grüße

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