ReFaWirt gemacht - hat nix gebracht?!?

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Renate Gregor
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#1

26.10.2015, 09:41

Ein Phänomen, das mir immer wieder begegnet: ReFas wollen sich weiterbilden und durchlaufen die Fortbildung zum Rechtsfachwirt. Ob bei einer lokalen Kammer mit Präsenzveranstaltungen oder an den bekannten Einrichtungen im Fernlehrgang. Es wird gepaukt, gelernt, Freizeit aufgegeben.

Doch was kommt nach erfolgreich bestandener Prüfung?

Mehr als einmal habe ich gehört "(Chef) Von mir aus brauchen Sie das nicht zu machen, dafür haben wir hier keine Verwendung und mehr Gehalt gibt's dafür auch nicht"...

Wer hat den ReFaWirt gemacht und darf deshalb qualifizierter arbeiten, vielleicht wirklich als Büroleiter/in?

Und wer hat die Fortbildung nur für sich selbst gemacht, ohne daraus beruflichen Nutzen ziehen zu dürfen?
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Tigerle
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#2

26.10.2015, 09:48

Ich selbst hatte es mir überlegt, zusammen mit meiner Freundin den ReFaWirt zu machen. Aber auch ich habe von meinem damaligen Chef die Aussage gehört: "Das brauchen wir hier nicht.". Ich habe deshalb davon Abstand genommen. Meine Freundin hat es durchgezogen, aber auch ihr hat es nicht wirklich viel gebracht - außer natürlich das Wissen wieder aufgefrischt, was ja nie schadet -.

Auch Kunden kamen schon auf mich zu und haben gefragt, ob ich eine ReFa kenne, die einen Job sucht, es wurde aber zu 90% auch gleich dazu gesagt: "Diese braucht aber keine zusätzliche Ausbildung, das können wir nicht bezahlen und wird auch nicht benötigt."

Inzwischen bin ich selbständig als ReFa und arbeite nebenbei in einer Kanzlei und diese Entscheidung bereuhe ich nicht.
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niva
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#3

26.10.2015, 10:01

Mir hat der Refawi sehr viel gebracht und ich kann das beim Studium erworbene Wissen sehr gut nutzen.
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#4

26.10.2015, 10:17

ich habe auch schon überlegt, den ReFa-Wirt zu machen. Ich habe jetzt aber schon von mehreren Seiten gehört, dass sie auch mit dieser Zusatzausbildung nicht mehr Geld bekommen, da es "nicht gebraucht wird", wie Renate Gregor und Tigerle auch schon geschrieben haben. Ich würde mich super gerne weiterbilden, aber wenn ich mir 1. den Fachwirt selbst zahlen muss und 2. dann nicht mehr Geld bekommen, ist es eigentlich für mich nicht rentabel. Irgendetwas muss für die Lernerei und den Freizeitverlust UND die Kosten für diese Weiterbildung schon rausspringen finde ich.

Was studierst du denn niva?
Das finde ich gut, hinter dem FeFa-Wirt ein Studium anzuhängen. Vorallem ist es eine super Möglichkeit trotzdem zu studieren, auch wenn man kein Abitur hat, sondern gleich mit der Ausbildung begonnen hat.
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Ciara
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#5

26.10.2015, 10:25

niva hat geschrieben:Mir hat der Refawi sehr viel gebracht und ich kann das beim Studium erworbene Wissen sehr gut nutzen.
:zustimm Von meine Chefs wird es anerkannt. Solche Sprüche, dass man es nicht brauche, habe ich bisher noch nicht zu hören gekriegt.
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#6

26.10.2015, 10:48

Ich habe mich gegen den ReFaWirt entschieden, weil er mir seinerzeit zu teuer war. Statt dessen habe ich neben meinem Vollzeitjob an einer Wirtschaftsfachschule den "staatlich geprüften Betriebswirt Schwerpunkt Recht" gemacht. Ein halbes Jahr nach der Prüfung habe ich angefangen, in leitender Position zu arbeiten. Der erfolgreiche Abschluss meiner Fortbildung neben dem Job war mit Sicherheit auch ein Entscheidungskriterium meines jetzigen Arbeitgebers, wenn auch nicht das ausschlagende. Von 2013-2015 habe ich mit Unterstützung meines Arbeitgebers an der FSH Saarland die Rechtsreferentin im Fernstudium gemacht. Seit dem Wintersemester bin ich an der Fernuni eingeschrieben für den Bachelor of Law.

In erster Linie mache ich Fortbildungen für mich, um mein Wissen zu erweitern und Erfolgserlebnisse zu haben. Wenn beruflich dabei etwas "herausspringt" ist das schön, wenn nicht, kann ich damit auch gut leben. Irgendwann zahlt sich im Leben alles aus. Das muss für mich nicht unmittelbar passieren.
Für die einen ist es die US-Wahl, für den Rest der Welt ist es 9/11
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#7

26.10.2015, 12:17

Ich habe den Fachwirt-Kurs in erster Linie für mich gemacht. Ich musste den Kurs komplett allein finanzieren, allerdings hat mich mein Chef für die Freitagskurse nachmittags von der Arbeit freigestellt, ohne dass ich die Stunden wieder reinholen musste oder Gehaltseinbußen hatte oder Urlaub hätte nehmen müssen.

Direkt nach meiner Prüfung bin ich zu meinem Chef gegangen und habe mehr Gehalt gefordert. Das habe ich auch ohne Diskussion in der gewünschten Höhe bekommen und inzwischen kommen in der Kanzlei ALLE (Anwälte wie Azubis) mit ihren Fragen zu mir. Ich bin zwar nicht explizit als "Rechtsfachwirtin" eingestellt, aber die Qualifikation wird hier von allen Seiten anerkannt.
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Anahid
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#8

26.10.2015, 12:51

Ich habe die Ausbildung damals gemacht und - wie es wirklich oft ist - wollte natürlich die eigene Kanzlei dann nicht mehr zahlen. Also habe ich mich nach einer anderen Stelle umgesehen (und ja, der Rest stimmte auch nicht, sonst wäre man vielleicht nur wegen des Geldes alleine nicht gegangen).

Nun muss ich aber dazu sagen, dass ich auch kein Präzedenzfall bin, da ich (mit den teilnehmenden Kolleginnen) eine der ersten geprüften Rechtsfachwirtinnen überhaupt bin. Ich kann Euch sagen....das war bei der Prüfung das reinste Chaos, weil die alle noch keine Ahnung hatten, wie das dann jetzt ablaufen soll. :mrgreen:

Aber weiter....ich musste feststellen, dass es unwahrscheinlich schwer ist, als Rechtsfachwirtin eine Stelle zu bekommen, wenn man nicht gerade in der Nähe einer Großstadt (wie z.B. Düsseldorf, München oder wie sie auch alle heißen) wohnt, wo dann doch die etwas größeren Kanzleien angesiedelt sind. In den "normalen" Städten wird man grundsätzlich als "überqualifiziert" (= zu teuer) abgelehnt. Zum damaligen Zeitpunkt kam noch hinzu, dass die meisten Anwälte nicht einmal wussten, was ein geprüfter Rechtsfachwirt überhaupt ist. Ich finde es nur traurig, dass es auch heute noch solche Anwälte gibt.

Mittlerweile arbeite ich in einer Kanzlei, wo ich wirklich als Fachwirt arbeiten kann und dies auch entsprechend anerkannt wird. Ich habe mein eigenes Referat (Verkehrsunfallsachen und Inkasso), das ich selbständig bearbeite und für das mein Chef nur den Kopf hinhält mit seiner Unterschrift. Also komplett selbständiges arbeiten....so hatte ich mir das vorgestellt. Also ich bereue nicht, den Fachwirt gemacht zu haben. Auch wenn es Jahre gedauert hat, bis ich die passende Stelle gefunden habe.
:katze2 Jeder Tag ist ein Geschenk ... aber manche sind einfach grottenschlecht verpackt. :katze1
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Renate Gregor
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#9

26.10.2015, 15:18

Danke für das Teilen doch ganz unterschiedlicher Erfahrungen mit dem ReFaWirt. Und Glückwunsch denjenigen, die den Abschluss erworben haben und deren Wissen auch honoriert wird!!

Dass Anwälte manchmal auch heute nicht wissen, was ein ReFaWirt eigentlich alles zu lernen hat, teilweise wissen sie das nicht mal bei der ReFa-/ReNo-Ausbildung, ist ein Armutszeugnis. Es gibt übrigens Ähnliches auch in der Ärzteschaft. Da hat es ein Fachwirt für Gesundheitsmanagement oftmals auch nicht leicht.

Was fehlt? Das Ansehen des Berufs als solchem. Der Mandant, dem freundlich ein Kaffee serviert wird, sieht eben nur das. Was noch alles dazu gehört, sieht er nicht. Obwohl er am Telefon natürlich jederzeit kompetente Auskünfte erwartet. Und dass Anwälte anerkennen, welch kompetente Fachkräfte ihnen zuarbeiten und dass es ein Unding ist, ihnen eine Fortbildung zu verwehren, statt sie darin zu unterstützen, das fehlt auch.

Übrigens gibt es ja in größeren Kanzleien, gerade auch in Wirtschaftskanzleien, in aller Regel eine/n Büroleiter/in. Mit ganz unterschiedlichen Qualifikationen und Aufgabenschwerpunkten. Ich kenne die Stelleninhaber einer ganzen Reihe von Wirtschaftskanzleien und war selbst einmal als Büroleiterin in einer Großkanzlei angestellt.

Nicht eine einzige Stelle als Büroleiter/in wurde aber jemals für einen Rechtsfachwirt ausgeschrieben. Dabei gehören doch Büroorganisation und Personalwesen zu den Lerninhalten. Also hat man selbst in vielen Kanzleien als ReFaWirt einen Nachteil gegenüber beispielsweise dem Personalkaufmann oder einem Betriebswirt. Dabei weiß doch ein ReFaWirt, wie eine Kanzlei läuft und worauf es ankommt.

Ich schreibe das als Industriekauffrau und Betriebswirt (VWA), quasi als neutrale Beobachterin, die sich manchmal einfach nur wundert... Weshalb ich übrigens damals die Stelle in einer Großkanzlei bekam? Unter anderem, weil ich fließend Englisch spreche und die US-Kultur beruflich wie privat kannte und kenne, und weil ich meine ersten Sporen in der Kanzleiwelt in einem großen Notariat (auch als Büroleiterin) erworben hatte. Ein bisschen Zufall, ein bisschen zur rechten Zeit am rechten Ort. Genau wie ich hätte auch ein ReFaWirt diese Position ausfüllen können, mit entsprechendem Englisch. Wirklich fließendes Englisch war und ist aber wohl ein Dilemma, das einen eigenen Thread wert wäre.

Auf jeden Fall finde auch ich: Bildung wie Fortbildung hat noch nie geschadet und man weiß nie, wozu das mal gut ist. Allerdings muss man sich das erlauben können, wenn der Chef nicht unterstützen will.
Fräulein Fit

#10

26.10.2015, 16:03

Hallo,

ich habe damals auch kurz daran gedacht den ReFaWirt zu machen. Aber als ich in der Kanzlei war, habe ich selber keinen Sinn darin gesehen und in der jetzigen Rechtsabteilung ist er einfach nicht notwendig. Bzgl. Büroorganisation und Personalwesen, denke ich kann man auch dieses Wissen durch Erfahrung und Seminare erwerben. Dazu bräuchte ich jetzt z.B. nicht die ganzen anderen Fächer zusätzlich zu lernen.
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