Nachtrag Vorsorgevollmacht

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Lulumaus
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#1

03.08.2016, 09:41

Hallo,

wir haben im Jahr 2015 eine wechselseitige Vorsorgevollmacht von Eheleute beurkundet, dort wurde ein Ersatzbevollmächtigter mit aufgenommen. Dieser Ersatzbevollmächtigte ist leider vorverstorben und die Eheleute haben jetzt einen Nachtrag bei uns beurkundet. In der Urkunde werden zwei neue Ersatzbevollmächtigte aufgeführt. Wir haben lediglich auf die Bezugsurkunde aus 2015 verwiesen und das diese die gleichen Rechte und Befugnisse haben wie dies in der Urkunde aus 2015 niedergelegt wurde.

Wie rechne ich den Vorgang ab? Nehme ich hier trotzdem die vollen Werte wie bei einer normalen Vorsorgevollmacht?
Lulumaus
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#2

04.08.2016, 08:22

Weiß niemand eine Antwort? :wink1
larifari
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#3

04.08.2016, 10:47

Handelte es sich denn um eine reine Vorsorgevollmacht? Was wäre denn bei Euch der "volle Wert einer normalen Vorsorgevollmacht"? Wurde seinerzeit nicht der Regelwert von 5.000,00 € (§ 36 III GNotKG) angenommen, weil beispielsweise die Vermögens- und Einkommensverhältnisse recht gut waren? Ich würde dann hier nur einen prozentualen Anteil (beispielsweise 10 % des damaligen zugrunde gelegten Wertes) zugrundelegen.

Für die Beurkundung dürfte ja wohl die Gebühr KV 21200, somit eine Mindest-Beurkundungsgebühr von 60,00 € anfallen. Wenn ihr seinerzeit nicht von dem Regelwert abgewichen seid, spielt der Geschäftswert eine eher untergeordnete Rolle, weil die Mindestgebühr bei einem Geschäftswert von 5.000,00 € auf jeden Fall anzusetzen ist.
Lulumaus
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#4

04.08.2016, 11:46

Sorry da habe ich mich etwas doof ausgedrückt. Also es handelte sich um eine Vorsorgevollmacht mit Patientenverfügung. Der Wert für die Patientenverfügung war der Regelwert von 5.000,00 €, für die Vorsorgevollmacht etwas höher.

Ich würde hier die 21200 wieder ansetzen, bin halt nur nicht sicher ob wieder für beides und in voller Höhe.
Martin Filzek
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#5

04.08.2016, 20:05

Die in 36 Abs. 3 genannten 5.000 Euro sind entgegen weit verbreiteten Irrtums weder Regel- noch Mindestwert, sondern nur ein Auffanghilfswert, der im Fall von fehlenden Anhaltspunkten für eine genauere Schätzung als bloßer Ausgangspunkt für eine von diesem Hilfswert ausgehende Schätzung angenommen werden kann, und der ggf. geringer oder höher (siehe Kriterien für nicht vermögensrechtliche Angelegenheiten im Wortlaut § 36 Abs. 2, unter anderem Vermögens- und Einkommensverhältnisse) angenommen werden kann.

Bei Vorsorgevollmachten, die in der Regel vermögenswerte Dinge betreffen, ist de Hilfsauffangwert so gut wie nie anwendbar, und der Wert richtet sich nach § 98: in der Regel bei "normalen" Vollmachten halbes Aktivvermögen § 38 der Vollmachtgeber, wobei im Fall von Vorsorgevollmachten wegen deren Bedingtheit für die zukünftige Gesundheitsentwicklung Abschläge von ca. 20 - 30 % möglich sind (streitig, zum Teil wird dies nur bei Zurückstellung von Ausfertigungen für die Bevollmächtigten als möglich angesehen, nach anderer Ansicht immer wegen des Vorsorgecharakters und der Bedingung der Vorsorgevollmacht). Gegenüber diesen kontrovers dargestellten Fragen der Kommentarliteratur und Rechtsprechung wird häufig übersehen, dass auszugehen ist vom halben Aktivvermögen (ohne Schuldenabzug) der Vollmachtgeber, so dass höchstwahrscheinlich aus diesem Irrtum heraus viele Angaben zu den Werten und Wertübernahmen durch die Notare tatsächlich zu niedrig sein könnten.

Ich würde für die neuen Ersatzbevollmächtigten nach § 36 I ca. 50 % des Wertes (Halbes Aktivvermögen (§§ 98, 38) ansetzen bei der 1,o-Gebühr 21200 (mind. 60 Euro) und für die mit in der früheren Urkunde enthalten gewesene Patientenverfügung gar nichts, da sich an dieser doch wahrscheinlich nichts ändert bei den Ersatz-Vorsorgebevollmächtigten. Selbst wenn es so wäre, dass die Vorsorgebevollmächtigten neben den vermögensrechtlichen Dingen aus der Vorsorgevollmacht auch die Wünsche der Patientenverfügung realisieren helfen sollen, würde dies nach den Grundsätzen, wonach nicht vermögensrechtliche Verfügungen neben vermögensrechtlichen Verfügungen (z. B. bei Testamenten) nicht besonders bewertet werden, gut vertretbar sein.

Wenn es bei den Angaben heißt, der Wert für die Vollmacht sei damals nur geringfügig über 5.000 Euro angenommen worden, könnte es gut wahrscheinlich sein, dass der Wert wegen Irrtum über die Maßgeblichkeit nur des Reinvermögens vielleicht damals zu niedrig angenommen wurde? Gegebenenfalls wäre man jetzt bei der Neuberechnung für den Nachtrag an die frühere zu beringe Festsetzung natürlich nicht gebunden und könnte auch die damalige Bewertung innerhalb Verjährungsfrist berichtigen.
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