Sind wir dumm, weil wir arbeiten gehen?

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Claudi130874
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#11

28.01.2009, 08:40

Ich könnte genauso gut zuhause bleiben und Hartz IV kassieren, dann hätte ich fast genausoviel wie jetzt. Aber ich fühl mich echt besser, für mein Geld Arbeiten zu gehen, ich weiss, dass ich es mir selbst verdient habe und ich keinen auf der Tasche liegen muss. Kann jedoch auch die Leute verstehen, die nicht einsehen, für weniger oder das gleiche Geld arbeiten zu gehen.
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Jara
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#12

28.01.2009, 08:41

Guten Morgen,

also zum Teil werden hier aber wieder Äpfel mit Birnen verglichen...

Zu der Fragestellerin:

Du schreibst, du verdienst in etwa das gleiche was eine Bekannte an Hartz IV erhält. Verstehe ich richtig, dass sie alleinerziehend ist und du einen Partner hast?

Dann bist du doch trotzdem klar im Vorteil.... Denn du gehst ja aus freien STücken Teilzeit arbeiten, um dich um das Kind zu kümmern (korrigiere mich, wenn ich etwas falsch verstehe!) und dein Mann verdient auch!

Vielleicht habe ich auch etwas überlesen!

Und:

ich bin nach wie vor froh, in einem Land zu leben, in dem auch Leute die nicht in der Lage sind zu arbeiten und vor allem deren Kinder nicht ganz fallen gelassen werden!

Ich denke nicht, dass es - jedenfalls für die Mehrheit der MEnschen - schön ist von Hartz VI zu leben!

Warum geht mensch arbeiten?

Also ich gehe arbeiten, damit ich eben mein Geld selbst verdiene, damit ich Anerkennung bekomme, damit ich rauskomme, eine Aufgabe habe..... etc. pp.

und ich würde niemals wollen, dass mir jemand das Geld "einfach so" gibt!
Ich möchte so weit es eben geht, wirtschaftlich unabhängig und selbständig sein!

Deshalb gehe ich arbeiten!

Also:

Nein, keiner ist - in meinen Augen - blöd, weil er arbeiten geht!
Genausowenig wie ein arbeitsloser Mensch und/oder Hartz IV Empfänger faul ist!

KLar gibt es diese, aber es gibt auch genügend, die auf Arbeit kommen und dort faul sind.... Wer kennt sie nicht? Die werden durchgeschleppt..... beeinträchtigen die anderen......... verdienen dasselbe für die Hälfte und und und

Außerdem finde ich, dass wir nicht diejenigen, die von Anfang an schlechte Chancen hatten, immer weiter verdammen sollten!!! Nicht jeder Mensch hat (emotional, intellektuell) die Möglichkeiten für sich zu sorgen! Und für diese sollte in einem Land wie unserem gesorgt werden!
susannen aus s.

#13

28.01.2009, 08:44

So, der Morgen fängt ja gut an. Ein Thema, das mich ständig begleitet. Ich bin aber in meiner Meinung sehr zwiegespalten. Hartz-IV für Kinder muss angehoben werden, denn die bekommen nicht die reinen 211,00 €, sondern das Kindergeld wird noch abgezogen! Wir bekommen als arbeitende Eltern ja wenigstens das Kindergeld oben drauf! Trotzdem finde ich, dass gerade arbeitende Mütter, die sich wirklich quer legen und ihren Kindern vorleben, wie es geht, eine besondere Belohnung erhalten müssten. Und immer diese Diskussion um die Steuerklasse V! Ja, ich habe die auch und es ist ein wirklich dämliches Gefühl, wenn von gut bezahlten 1.200,00 € nur 600,00 € übrig bleiben. Toll, ich zahle in die Rente ein, aber wer weiß schon, was da mal bei rumkommt. Na klar hat mein Mann die Steuerklasse III. Wenn wir wechseln würden in IV, dann hätten wir netto monatlich 100,00 € weniger! Muss ich dazu noch was sagen?
Offenbar kommt es bei den Hartz-IV-Leistungen aber auch immer auf die jeweiligen Sachbearbeiter an. Ich habe eine Freundin, die ist alleinerziehend mit 2 Jungs im Alter von 13 und 15 Jahren. Beide gehen voll in die Pubertät und sind kaum zu ertragen. Das Amt verlangt derzeit von ihr, die Aufnahme einer 40-Stunden-Tätigkeit mit der Androhung, ihr die Gelder zu kürzen. Sie hat sich gefügt und ein entsprechendes Job-Angebot angenommen. Folge: Beide Jungs mussten das Gymnasium verlassen, weil keine Hausaufgaben mehr gemacht wurden und die Leistungen vollkommen abgesackt sind. Wenn sie nicht persönlich den Daumen drauf hat, dann gehen die Jungs eben nicht gerade aus. Hortbesuch ist ja in dem Alter nicht mehr möglich!!! Bei dem ständigen Stundenausfall an den Schulen, sitzen die Jungs nicht selten völlig unkontrolliert bereits mittags um 12 vor dem Computer oder dem Fernseher!!! Sie war jetzt mit den Jungs beim Psychologen und hat sich attestieren lassen, dass diese unbedingt einer Betreuung bedürfen und diese ist nun einmal in ihrer Lage nur von ihr selbst zu leisten. Sie würde sich gerne um einen 20-Stunden-Job bemühen, aber das Amt verlangt 40-Stunden, weil die Kinder ja alt genug sind!!! Das ist doch ...
Unser OLG in Celle hat jetzt kürzlich entschieden, dass bei einer Frau, die seit 20 Jahren aus dem Beruf heraus ist, weil sie sich um die Kinder gekümmert hat, davon auszugehen ist, dass es ihr möglich sein müsste, bei Vollzeitbeschäftigung als ungelernte Kraft ein monatliches Nettoeinkommen von 1.300,00 € zu erzielen! Ich hab mich weggeschmissen und mich gefragt, welche Jobs das wohl sein mögen? Ich hätte gerne einen davon, ihr nicht auch?
Jara
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#14

28.01.2009, 08:44

@schneeflocke:

Deine Tochter, die, wie du ja hier im Forum lang und breit ausgeführt hast, ist ja im Übrigen auch (wie du sagst unverschuldet) in eine "Notsituation" gekommen mit ihrer frühen Schwangerschaft!

ist das nicht toll zu wissen, dass sie, auch wenn sie mal bei dir auszieht und auch wenn sich ihr Freund von ihr trennt trotzdem eine warme Wohnung behalten können wird, weil sie sei notfalls vom Staat bezahlt bekommt???

Und ich finde im Übrigen, dass man nicht einfach sagen kann, "meine Kinder müssen unterstützt werden, obwohl sie Berufe haben" wenn eines dieser Kinder - deine Tochter - offensichtlich gar nicht arbeiten kann, weil sie ein kleines Baby hat....

Ich habe auch, nach der Ausbildung jahrelang nebenher gejobbt, weil ich auch nicht mehr verdient habe als deine Kinder heute! Das heißt jetzt nicht, dass das besonders toll ist, aber so ist das eben am Anfang eines Berufslebens! jedenfalls in meinen Augen...

Es ist doch gut, dass es euch gut geht!!!
Goldlöckchen

#15

28.01.2009, 09:49

Also ich bin immer wieder geschockt darüber, wie wenig manche verdienen. Mich macht es traurig und vor allem wütend, dass dieser schöne Beruf so wenig Anerkennung findet, vor allem in finanzieller Hinsicht. Von der Verantwortung die man hat, ganz zu schweigen.

Da kann man es der einen oder anderen wirklich nicht verdenken, wenn sie lieber Hartz IV beziehen, als für einen Hungerlohn sich den A... aufzureißen und sich ausnutzen zu lassen.
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leilani
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#16

28.01.2009, 09:59

Ich bin hin und her gerissen bei diesem Thema. Womöglich der Grund, warum ich nun schreibe und mir somit neuen Input erhoffe.

Ich lebe in einem Mietshaus in ein gutbürgerlichen Gegend. Die Mieten sind jetzt nicht so wahnsinnig hoch, da es ein durchaus renovierungsbedürftiger Altbau ist.
Es gibt in unserem Haus einige Menschen, die auch HIlfe vom Staat beziehen.
Letzten Sommer hat mich dabei Folgendes geärgert:
Am lauen Sommerabend kam ich gegen 19.00 Uhr nach Hause und jeden Abend, wirklich jeden Abend, saßen diese Mitmieter im Garten und haben lautstarke Gespräche geführt (so dass man nicht mal das Küchenfenster öffnen konnte :roll ), draußen mit Verlängerungskabel vom Gemeinschaftsstrom im Treppenhaus TV geschaut und diverse alkoholische Getränke "zu sich genommen". Ich war genervt und irgendwie auch sauer.
Dieses Leuten ging es zu diesem Zeitpunkt in meinen Augen einfach "besser" als mir. Sie hatten Freizeit!
Ich arbeitete und arbeite sehr viel und auch hart - wie die meisten Leute hier im Forum - für mein Geld. Es reicht zu Leben. Es reicht auch für einige angenehme Dinge. Es reicht aber nicht, um angemessen viel Geld auf die Seite zu legen oder um soviel für eine private Altersvorsorge aufzuwenden, dass ich unbesorgt in die Zukunft schauen könnte.
Okay, "diese Menschen" sorgen auch nicht für ihre Zukunft. Vermutlich wird es Ihnen - auch wenn man nichts genaues über die Rente weiß - pauschal gesagt, im Alter schlechter gehen als der jetzt sozialversicherungspflichtig arbeitenden Bevölkerung.

Nun kann ich mir auch denken, dass es einem mit dieser Freizeit nicht unbedingt besser geht. Man kann sie auch ja gar nicht genießen, weil man kein Geld hat, um Dinge zu unternehmen, shoppen zu gehen, ins Kino, usw. Eine Freundin von mir bekommt auch unverschuldet (sie hat eine Berufskrankheit bekommen) Hartz IV. Das ist für sie kein schönes Gefühl. Sie will ja arbeiten. Sie will weiter auf ihrem Leben was machen.

Vermutlich - wie gesagt ich bin hin und hergerissen - ist der Knackpunkt für mich da, dass ich denke, dass ich für das, was ich arbeite, einfach zu wenig Geld bekomme. Damit bin ich unglücklich. Wenn ich schon 40 Stunden, die Woche arbeiten gehe...
Sollte ich mich für weniger Stunden entscheiden, was ich über einen bestimmten Zeitraum gern mal täte, um auch mal zu anderen Dingen zu kommen, könnte ich mich momentan nicht mehr finanzieren. Eine freiwillige anderweitige Gestaltung hin zu mehr Freizeit ist für mich also nicht drin.

An guten Tagen sage ich mir dann so Sachen wie:
Du hast einen guten Arbeitsplatz. Die Kollegen und Cheffe sind nett.
Du hast einen kurzen Arbeitsweg. Keine Fahrtkosten.
Usw.
Eben die Dinge, bei denen es anderen noch schlechter geht.

Aber ich vermeide es zu erzählen, wieviel ich verdiene. Mal abgesehen davon, dass es der Schweigepflicht unterliegt.
Ich bin dann einfach selbst so knatschig, dass es nicht mehr ist. Und das macht mich dann wieder ziemlich wütend. Wo man doch den höchsten Schulabschluss hat, eine vernünftige Ausbildung hingelegt hat, etc. ... Man hat doch eigentlich alles richtig gemacht?!?????

Ich denke, ich wünsche mir einfach nur das Gefühl, mal auf einen grünen Zweig zu kommen.

Eine befreundete Refa sucht sich nun noch einen 400€-Job zusätzlich. Aber soll man nur malochen, um wenigstens mal vernünftig in Urlaub fahren zu können?? Denn ich finde auch "dieses mal in den Urlaub fahren können" hat man sich VERDIENT, wenn man die ganze Zeit nur arbeitet!
Zuletzt geändert von leilani am 28.01.2009, 10:02, insgesamt 1-mal geändert.
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gkutes

#18

28.01.2009, 10:17

Ich finde es dumm, sich überhaupt so eine frage zu stellen.

Seid froh, dass ihr eine Arbeitsstelle habt. Freizeit habt ihr bei 40 Stunden arbeiten die Woche auch noch genug.
und: jemand der arbeiten geht hat immer mindestens genausoviel geld in der tasche als ein vergleichbarer Arbeitsloser.
susannen aus s.

#19

28.01.2009, 10:25

Also ich krieg ja immer dann besonderen Frust, wenn ich versuche, gegen unsere Hartz-IV-Empfänger zu vollstrecken. Da wird munter ein Anwalt beauftragt, Beratungshilfe beantragt, aber den Bescheid vorbei zu bringen, ist dann schon wieder zu viel, soll der Anwalt doch sehen, woher er seine Kohle kriegt, zu vollstrecken gibt es ja eh nichts. Unsereins hat immerhin noch so viel, dass er seine Rechnungen auch bezahlen muss (und natürlich auch will!)
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#20

28.01.2009, 10:31

Die Fragestellung ist nicht ganz klug gewählt, das denke ich auch. Aber, wenn man mal richtig brastig ist - was die threaderstellerin wohl war, schließlich bat sie um Verständnis oder Aufmunterung - kann man solch Gedanken schonmal haben. Dafür mein Verständnis!

Das Ding ist m. E. einfach, dass ein paar Dinge in diesem Land einfach völlig verquer gelaufen sind, laufen und immer laufen werden. Ob wir das nun wollen oder nicht.

Und ich glaube nicht an Märchen!
Ich glaube einfach nicht, dass jemand der arbeiten geht, immer mindestens genausoviel Geld in der Tasche hat wie ein vergleichbarer Arbeitsloser. Was ist mit den Berichten der Mütter hier? Die sprechen dagegen!

Und ja, ich bin froh, eine Arbeitsstelle zu haben. Natürlich bin ich froh eine Arbeitsstelle zu haben. Aber nichtsdestotrotz überdenkt man ab und an mal seine Möglichkeiten. Die Möglichkeiten, die sich bieten, wenn man verdient, was man nunmal in unserem Job verdient.
Wir kennen das Lohngefüge unseres Berufes. Ich sehe da nach wie vor nicht viele Möglichkeiten auf einem Level zu leben, dass ich als gesund und freudig bezeichnen würde. Auch wenn ich meinen Beruf gern mache, meine Lebensfreude hole ich mir durch andere Dinge.

Es ist erwiesen, dass ein gutes Feesback - nicht zuletzt auch durch angemessene Vergütung - einen Arbeitnehmer leistungsfhiger macht.

Naja, möchte nicht wieder weiter in die Gehaltsdiskussion abdriften!
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