Gebühr Nr. 3100 oder 3101?

Fragen rund um die neuen Rechtsanwaltsgebühren nach RVG ab 01.08.2013
BlackWoman

#1

12.03.2018, 12:31

Hallo ihr Lieben,

es geht um folgendes: Unser Mandant war vor unser Beauftragung schon bei einem RA, welcher die Gegenseite außergerichtlich zur Zahlung aufgefordert hat. Nach Übergabe der Unterlagen an uns, haben wir den Schuldner ebenfalls nochmals außergerichtlich zur Zahlung aufgefordert, mit dem Hinweis, dass unsere Beauftragung bereits vor dem Hintergrund einer evtl. erforderlich werdenden gerichtlichen Geltendmachung erfolge. Die Gegenseite hat nunmehr auch schon zwei Teilzahlungen geleistet; es steht nunmehr nur noch ein geringer Restbetrag offen.
Unser Mdt. möchte jetzt die bisherigen Kosten wissen. Ich würde daher eine 1,3 VG nehmen, da Klageauftrag ja vorliegt oder doch eine 0,8?
Aber die könnte ich ja nur nehmen, wenn sich die Angelegenheit erledigt hätte oder? Und das ist ja nicht der Fall, da die Forderung bisher nicht vollständig bezahlt wurde.
Was meint ihr?

Vielen Dank u. LG
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mücki
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#2

12.03.2018, 12:38

Hallo,
wie du sagst, es kommt auf den Auftrag an. Da ihr Klageauftrag habt = 1,3 VG, ob sich die Angelegenheit vorzeitig erledigt, kann man - vor Erledigung - nie wissen. Also würde ich dem Mandanten mitteilen, dass er nach derzeitigem Stand die 1,3 zu zahlen hätte, die sich aber ggf. auf 0,8 verringert, wenn GS vollständig zahlt und Angelegenheit damit vorzeitig erledigt ist oder wenn er selbst den Auftrag zurücknimmt. Wie sieht es denn mit einer TG oder EG aus?
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icerose
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#3

12.03.2018, 12:40

Wenn ihr tatsächlich direkten Klageauftrag hattet, ist bisher eine 0,8 VG Nr. 3101 Ziff. 2 entstanden. Dabei bleibt es auch, wenn der Rest noch gezahlt wird.

Erst wenn MB oder Klage eingereicht wird, entstehen neue Gebühren, wobei dann die Anrechnung zu beachten ist.
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#4

12.03.2018, 12:44

icerose hat geschrieben:0,8 VG Nr. 3101 Ziff. 2
Sorry - richtig ist Nr. 3101 Ziff 1 Nr. 1.
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#5

12.03.2018, 13:31

@icerose:

Ich habe mal eine Nachfrage: Mir wurde mal (vor vielen vielen Jahren) erzählt (habe RVG nie wirklich gelernt, zu meinen Zeiten gab's die BRAGO), dass grdst. immer erst "die hohe" Gebühr - je nach Auftrag - entsteht und diese erst im Nachhinein verringert wird (also wie oben 1,3 und wenn tatsächlich vorz. Erledigung = 0,8). Ist das falsch?
Zuletzt geändert von mücki am 13.03.2018, 09:18, insgesamt 1-mal geändert.
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Adora Belle
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#6

12.03.2018, 14:13

Das ist mE Geschmackssache, wie man die Entstehung interpretiert. Der 3101 lautet - "endet der Auftrag... dann beträgt die 3100 nur 0,8". Es entsteht also in jedem Fall mit dem Auftrag bereits die 3100. In welcher Höhe, entscheidet sich danach, ob der Auftrag vorzeitig beendet wird.

Dass erst eine 1,3 entsteht, kann aber jedenfalls nicht richtig sein, denn eine einmal entstandene Gebühr fällt nicht wieder weg.
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#7

13.03.2018, 09:23

Adora Belle hat geschrieben:Das ist mE Geschmackssache, wie man die Entstehung interpretiert. Der 3101 lautet - "endet der Auftrag... dann beträgt die 3100 nur 0,8". Es entsteht also in jedem Fall mit dem Auftrag bereits die 3100. In welcher Höhe, entscheidet sich danach, ob der Auftrag vorzeitig beendet wird.

Dass erst eine 1,3 entsteht, kann aber jedenfalls nicht richtig sein, denn eine einmal entstandene Gebühr fällt nicht wieder weg.
Naja, vielleicht habe ich das Wort "entstehen" etwas unglücklich verwendet :oops: . Aber im Grunde weiß man ja bei Auftragserteilung nicht, was noch so kommt, daher wurde das - in den Kanzleien bei denen "sofort" abgerechnet wird - immer so gemacht, dass mit dem ersten Schreiben an die GS die 1,3 ggü. dem Mdt. abgerechnet und dann ggf. eine Gutschrift über 0,5 erteilt wurde bzw. wurde die 1,3 storniert, dann 0,8 abzgl. bereits geleisteter Zahlungen neu abgerechnet. (Ich weiß schon, warum ich es favorisiere erst am Schluss abzurechnen. :pfeif)
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#8

13.03.2018, 11:55

Ich finde es auch richtiger, erst abzurechnen, wenn die Sache abgeschlossen ist. Gegen Vorschuss- oder Zwischenrechnungen ist aber auch nichts einzuwenden. ;)
Man kann so abrechnen, wie die "Sofortabrechner-Kanzleien" das tun, aber für mich bedeutet das unnötigen Mehraufwand, wenn ich hinterher zurückrechnen muss - also rechne ich ab, was just in dem Moment "entstanden" oder verlangbar ist.

Im hiesigen Ausgangsfall kann eine 1,3 Geschäftsgebühr gar nicht mehr anfallen, weil Klageauftrag erteilt war. Allerdings wurde dieser nicht erledigt - was bedeutet, es kann nur eine 0,8 Verfahrensgebühr gem. Nr. 3100, 3101 Ziff. 1 Nr. 1 (so ist es jetzt ganz richtig angegeben) abgerechnet werden.
Wird wegen der Restforderung doch noch Klage erhoben, fällt die 1,3 VG Nr. 3100 an - und dann ist lediglich die Anrechnung zu beachten.
Oder übersehe ich hier etwas?
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BlackWoman

#9

16.03.2018, 08:19

Also dann teile ich dem Mdt. mal mit, dass die 0,8 VG angefallen ist.
Vielen Dank für eure Hilfe. ;)
BlackWoman

#10

19.03.2018, 08:21

Jetzt hat mich mein Chef gefragt, was ich nun abrechnen kann. Dann habe ich geantwortet, dass ich die 0,8 VG abrechne. Er ist nun der Meinung, dass ich dann auch die Anrechnung vornehmen muss? Aber wir waren doch vorgerichtlich gar nicht tätig, denn das hat ja die vormalige Kanzlei gemacht.

Also nochmal zum besseren Verständnis:
Wir haben die Gegenseite nochmals zur Zahlung aufgefordert und haben darin auch die Kosten des vormaligen RA beziffert. Zuletzt haben wir darauf hingewiesen, dass "unsere Beauftragung bereits vor dem Hintergrund einer evtl. erforderlich werdenden gerichtlichen Geltendmachung erfolgt." Das verstehe ich jetzt schon als Klageauftrag oder habe ich jetzt einen Denkfehler? :kopfkratz

Ich bin der Meinung, dass ich jetzt nicht nochmals eine Geschäftsgebühr abrechnen kann, da diese ja nur der vormaligen RA zusteht. Aber wie ist es nun mit der Anrechnung?
Wird dann die 0,8 VG auf die Geschäftsgebühr angerechnet, obwohl die GG bei uns gar nicht entstanden ist.
Mein Chef hat mich nun gänzlich verwirrt. :-?

Vielen Dank für eure Hilfe.
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